| # taz.de -- Studie zu Schwangerschaftsabbrüchen: Wann ist die Veröffentlichun… | |
| > Seit 2024 liegen dem Gesundheitsministerium Ergebnisse einer Studie zu | |
| > Abtreibungen vor, veröffentlicht sind sie nicht. Weil sie politisch nicht | |
| > genehm sind? | |
| Bild: Gesundheits-ministerin Nina Warken bei einem Pressetermin in einem Kranke… | |
| Berlin taz | Schon vor mehr als einem halben Jahr lagen die Ergebnisse | |
| einer bahnbrechenden Studie in Deutschland vor: Die sogenannte | |
| [1][Elsa-Studie] hatte zum ersten Mal hierzulande Erfahrungen und | |
| Lebenslagen ungewollt Schwangerer untersucht. Im Dezember 2024 schickte das | |
| Team um Daphne Hahn von der Hochschule Fulda per Abschlussbericht ans | |
| Bundesgesundheitsministerium, was es [2][herausgefunden hatte]. | |
| [3][Klar wurde damals zum Beispiel]: Fast die Hälfte der Betroffenen wollte | |
| oder musste den Abbruch der Schwangerschaft geheim halten. Fast ein Drittel | |
| konnte den Abbruch nicht mit der Methode vornehmen lassen, die die | |
| ungewollt Schwangere bevorzugt hätte. Und in 85 von 400 untersuchten | |
| Landkreisen konnten Schwangere nicht innerhalb einer angemessenen Zeit von | |
| 40 Minuten eine Einrichtung erreichen, die einen Abbruch vornimmt. | |
| In Auftrag gegeben und finanziert hatte die Studie das | |
| Bundesgesundheitsministerium (BMG). Doch nun lässt sich das Ministerium | |
| unter Ministerin Nina Warken (CDU) auffällig viel Zeit zur Veröffentlichung | |
| der Ergebnisse. Mitte Juni schon hieß es auf eine schriftliche Anfrage der | |
| frauenpolitischen Sprecherin der Grünen, Ulle Schauws: die Veröffentlichung | |
| sei „in den nächsten Wochen“ vorgesehen. Auf dieselbe aktuelle Anfrage | |
| antwortet das BMG nun gleichlautend, veröffentlicht werden solle die Studie | |
| „in den nächsten Wochen“. Ein genaueres Datum mochte das Ministerium nicht | |
| preisgeben. | |
| ## Teuerste Studie seit Jahren | |
| Mehr noch: Obwohl die Studie laut eines [4][früheren Berichts] des Spiegel | |
| mit einem Etat von knapp fünf Millionen Euro der teuerste Forschungsauftrag | |
| des BMG der vergangenen zehn Jahre ist, soll es, geht es nach dem | |
| Ministerium, erstaunlich ruhig um die Veröffentlichung bleiben. Die Studie | |
| werde „auf der Website“ veröffentlicht, so eine Sprecherin auf Anfrage der | |
| taz. Auf die Frage, ob damit eine Pressemitteilung, eine Präsentation des | |
| Ministeriums oder ähnliches einhergehen soll, antwortetet die Sprecherin | |
| nicht. | |
| „Ich sehe mit Sorge, dass das Gesundheitsministerium die Veröffentlichung | |
| des Elsa-Abschlussberichts zurückhält“, sagte Ulle Schauws der taz. Gerade | |
| in der momentan aufgeheizten Diskussion um Paragraf 218 seien die | |
| Erkenntnisse dieser Studie enorm hilfreich. „Ich erwarte von Frau Warken, | |
| dass Sie den Bericht umgehend veröffentlicht und nicht versucht, politisch | |
| ungewollte Erkenntnisse zu vertuschen.“ | |
| Politisch ungewollt allerdings dürften die Ergebnisse der Studie allemal | |
| sein. Vergangene Legislatur war die Entkriminalisierung von | |
| Schwangerschaftsabbrüchen durch einen moderaten und ausgewogenen | |
| interfraktionellen Gesetzentwurf von Grünen, Linken und SPD an Union und | |
| FDP gescheitert. | |
| Bei der Debatte des Entwurfs im Plenum im Dezember 2024 hatte die damalige | |
| Abgeordnete und heutige Ministerin Nina Warken [5][gesagt]: „Es geht darum, | |
| dass der vorliegende Gesetzentwurf die Perspektive des ungeborenen Menschen | |
| vollkommen negiert“ – was ausdrücklich nicht der Fall ist. | |
| Schwangerschaftsabbrüche, so Warken damals, dürften nicht zu „etwas | |
| Normalem, etwas Alltäglichem“ werden. Denn: „Mit dem | |
| Schwangerschaftsabbruch wird Leben beendet.“ Auf einen Zwischenruf, sie | |
| möge doch bitte die Ergebnisse der Elsa-Studie lesen, ging Warken nicht | |
| ein. | |
| ## Kampagne gegen Brosius-Gersdorf | |
| Bei der Debatte um die Nominierung von Frauke Brosius-Gersdorf als | |
| Verfassungsrichterin lag es nun insbesondere am rechtskatholischen Flügel | |
| der Unionsfraktion, dass Brosius-Gersdorf nicht gewählt wurde. | |
| Brosius-Gersdorf war Mitglied in der von der Ampel-Regierung eingesetzten | |
| Expert*innekommission zur Legalisierung von | |
| Schwangerschaftsabbrüchen gewesen. Mit Falschmeldungen zu ihren Positionen | |
| zum Schwangerschaftsabbruch wurde nun Stimmung gegen sie gemacht. Für die | |
| Union, die die Beibehaltung des Paragrafen 218 ausdrücklich in ihrem | |
| Wahlprogramm festhält, ist das Verbot von Abbrüchen ohnehin noch immer eine | |
| heilige Kuh. | |
| Nichtsdestotrotz ist im Koalitionsvertrag von Union und SPD zumindest | |
| festgehalten, dass die Versorgungslage ungewollt Schwangerer verbessert, | |
| die medizinische Weiterbildung gestärkt sowie die Kostenübernahme | |
| ausgedehnt werden sollen – alles Vorschläge, die die Elsa-Studie | |
| wissenschaftlich fundiert als Handlungsempfehlung gibt. „Ich wundere mich, | |
| dass die Studie noch nicht veröffentlicht wurde“, sagte auch | |
| Studienleiterin Daphne Hahn der taz, „zumal das öffentliche Interesse am | |
| Thema ja groß ist.“ | |
| Interessant ist auch die Rolle, die die Studienautor*innen dem BMG | |
| nahelegen. Bislang sind vor allem die Länder in der Pflicht, die Versorgung | |
| ungewollt Schwangerer zu koordinieren. Elsa empfiehlt eine größere | |
| Verantwortung des Ministeriums. Nina Warken dürfte keine solche wollen. | |
| 1 Aug 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Daphne-Hahn-zum-Stigma-der-Abtreibung/!6000665 | |
| [2] https://elsa-studie.de/ | |
| [3] /Daphne-Hahn-zum-Stigma-der-Abtreibung/!6000665 | |
| [4] /Abtreibungsstudie-wird-richtig-teuer/!5579171 | |
| [5] https://dserver.bundestag.de/btp/20/20203.pdf | |
| ## AUTOREN | |
| Patricia Hecht | |
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