# taz.de -- Juristischer Erfolg für Umweltschützer: Norwegen darf Fjord nicht… | |
> Seit Jahren kämpfen Umweltgruppen dagegen, dass der Bergbau den | |
> Førdefjord vermüllt. Ein Gericht gibt ihnen recht – doch die Vermüllung | |
> geht weiter. | |
Bild: Der Førdefjord, wenn es nach Nordic Mining geht, eine hervorragende Mül… | |
Härnösand taz | Der Müll darf nicht in den Fjord: Norwegische | |
Umweltschutzgruppen sagen das seit Jahren – und sie haben recht. Das | |
bestätigte jetzt ein Berufungsgericht in Oslo. [1][Die staatlichen | |
Genehmigungen für einen Grubenbetrieb und die Versenkung von dessen | |
Abfällen im westnorwegischen Førdefjord] sind ungültig, so lautet das am | |
Dienstag verkündete Urteil. | |
„Total fantastisch“ ist das laut das Sigrid Hoddevik Losnegård, Leiterin | |
der Organisation Natur og Ungdom (Young Friends of the Earth Norway) und | |
„ein großer Sieg für den Fjord, die Fische und die Menschen“. Das Urteil | |
werde auch die Verschmutzung anderer Fjorde und Gewässer verhindern. | |
Truls Gulowsen vom Naturvernforbundet (Friends of the Earth Norway) nannte | |
den Erfolg „zweifelsohne einer der größten Siege der norwegischen | |
Umweltbewegung“. [2][Die Umweltorganisationen waren 2022 zusammen gegen den | |
norwegischen Staat vor Gericht gezogen]. | |
Sie meinten, die Betriebs- und Entsorgungsgenehmigungen, die das | |
Unternehmen Nordic Mining seit 2016 von den zwei zuständigen Ministerien | |
für Umwelt und Wirtschaft bekommen hatte, verstießen gegen die | |
EU-Wasserrahmenrichtlinie. An die ist als Land des Europäischen | |
Wirtschaftsraums (EWR) auch Norwegen gebunden. Der Staat müsse die | |
Genehmigungen nun zurückziehen, forderten die Organisationen. | |
## Ist Rutil wichtiger als sauberes Wasser? | |
Dass die Wasserqualität des Fjordes sich verschlechtern würde, wenn dort | |
mit der Zeit bis zu 170 Millionen Tonnen Grubenabfälle aus dem Abbau des | |
Minerals Rutil verklappt werden würden, stellte auch der Staat nicht | |
infrage. | |
Entscheidender Knackpunkt war, ob die Umweltverschmutzung quasi als | |
Kollateralschaden hinzunehmen sei, übertrumpft von den Vorteilen des | |
Grubenbetriebs am Berg Engebøfjellet. Natürlich nicht, sagten die Gruppen, | |
die sich seit 15 Jahren gegen das Projekt engagieren. | |
In erster Instanz hatten sie vor dem Amtsgericht Oslo verloren, das keine | |
Fehler in den Genehmigungsverfahren sah. Das Berufungsgericht bat dann | |
zunächst den EFTA-Gerichtshof in Luxemburg um eine Einschätzung: Was genau | |
ist in der EU-Wasserrahmenrichtlinie mit dem „übergeordneten öffentlichen | |
Interesse“ gemeint, das eine Ausnahmegenehmigung für schädliche Eingriffe | |
in Gewässer zulässig machen könnte? | |
[3][Die Antwort im März war ein großer Etappensieg für die Umweltschützer]: | |
In Luxemburg teilte man ihre Auffassung, dass ein Zuwachs an Arbeitsplätzen | |
und Steuereinnahmen allein noch nicht als „übergeordnetes öffentliches | |
Interesse“ durchgehe. Das Urteil war nicht bindend – der Gerichtshof gibt | |
Empfehlungen zur Auslegung von EU-Recht für EWR-Länder wie Norwegen. Und | |
das Berufungsgericht folgte dieser Empfehlung nun weitestgehend. | |
Es berücksichtigte auch das erst im Rechtsstreit als entscheidend | |
angeführte Argument des Staates, der Rutil-Abbau in Norwegen sei ein Betrag | |
zur Versorgungssicherheit mit kritischen Rohstoffen. Rutil wird als | |
Titan-Vorprodukt für Farbpigmente, aber auch für Waffenproduktion benötigt. | |
Ob es unzulässig war, nachträglich Gründe hinzuzufügen, um einen | |
Ausnahmefall zu kreieren, sah das Gericht nicht als entscheidend an. Auch | |
unabhängig davon hätten die Argumente nicht die Bedingungen der | |
EU-Wasserdirektive erfüllt. | |
Die konkrete Bedeutung dieser Grube für die Versorgungssicherheit sei nicht | |
nachgewiesen worden, so das Gericht in Oslo. Auch fehle eine ausführliche | |
Abwägung dieses Punktes gegenüber den zu erwartenden Nachteilen. | |
Einen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Begründungen für die | |
Bedeutung der Grube sah das Gericht ebenfalls nicht. Sie könnten also nicht | |
addiert werden und dann insgesamt schwerer wiegen als die Verschlechterung | |
der Wasserqualität im Fjord. | |
Das betroffene Unternehmen Nordic Mining hatte den Betrieb trotz des | |
laufenden Verfahrens im Mai aufgenommen. Nach Bekanntwerden des Urteils | |
hieß es von dort, man sei nicht Teil des Gerichtsverfahrens, das Urteil sei | |
deshalb für das Unternehmen nicht bindend und man halte sich bis auf | |
Weiteres an die vorhandenen Genehmigungen. | |
Der Staat will nun laut dem norwegischen Rundfunk NRK sorgsam abwägen, ob | |
er in Berufung geht vor die dann letzte Instanz, den Obersten Gerichtshof. | |
Bevor das nicht geklärt sei, werde es keinen Betriebsstopp am Fjord geben. | |
13 Aug 2025 | |
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## AUTOREN | |
Anne Diekhoff | |
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