| # taz.de -- Experimentelle georgische Musik: Kann sich ein Saxophon erinnern? | |
| > In Georgien leiden auch die Künste unter Repression. Bei TSA: in | |
| > transmission fand die experimentelle Musikszene für einen Abend lang ein | |
| > neues Zuhause. | |
| Bild: Die Painistin Tamriko Kordzaia mit Alexandre Kordzaia bei einem Auftritt … | |
| Reso Kiknadze steht im silent green, legt seine Lippen ans Saxophon. Eine | |
| schmerzhafte Tonfolge, durchwoben von inneren Rissen, dringt bis in die | |
| Kuppel der Aussegnungshalle des früheren Weddinger Krematoriums. Kurze | |
| Toninseln erinnern an [1][Jazz.] Das Ohr möchte sich daran festhalten, aber | |
| Kiknadze bricht das Spiel immer wieder abrupt ab. | |
| Und erneut ist man der dystopischen Klangwelt, die Mess_Montage auf dem | |
| Synthesizer komponiert, komplett ausgeliefert. Der international bekannte | |
| Tilfliser Saxophonist und der in Georgien geborene, in Berlin lebende | |
| Klangkünstler sind das Auftakt-Duo des ersten Abends von „TSA – in | |
| transmission“, einer neue Reihe mit experimenteller georgischer Live-Musik. | |
| TSA, eine 2019 ins Leben gerufene georgische Musik-Community-Plattform, hat | |
| sich in wenigen Jahren zum digitalen Archiv der georgischen Musikszene | |
| entwickelt. Eigentlich wollte TSA 2024 mit den ersten Live-Acts in Georgien | |
| beginnen, um so an einem neuen georgischen Sound zu basteln. Fakt ist, dass | |
| inzwischen [2][die repressiven politischen Verhältnisse vor Ort auch den | |
| Spielraum von MusikerInnen empfindlich einschränken]. | |
| Das manifestiert sich konkret im Wegfallen von Orten, um physisch vor | |
| Publikum aufzutreten. TSA hat sich so entschlossen, georgische Musik | |
| unzensiert im Ausland weiterzuentwickeln, um auf diese Weise die kulturelle | |
| Widerstandsfähigkeit zu stärken. | |
| Temporäre Duos finden sich | |
| Der Startpunkt dafür ist Berlin. Sechs KünstlerInnen haben sich im silent | |
| green zu drei temporären Duos zusammengefunden. Synthesizer trifft auf | |
| Saxophon, trifft auf Drums, trifft auf Klavier. Mit der Pianistin Tamriko | |
| Kordzaia und der Elektronikkünstlerin Natalie Beridze haben sich zwei | |
| georgische Musikgrößen zusammengetan. | |
| Kordzaia nutzt den Flügel als Tast-, Schlag- und Streichinstrument. Sie | |
| entlockt den in den Flügel gespannten Audiokassetten-Bändern sphärische | |
| Töne, traktiert die tiefsten Molltasten mit einem extrem beunruhigenden | |
| Tremolo und erklopft sich mit Sticks und Klangschalen ihr Instrument. | |
| Beridze umrahmt das furiose Spiel mit einem Klangteppich, der Kordzaias | |
| musikalische Ausflüge wie ein symbiotisches Netz auffängt. Wenn Beridze a | |
| cappella ins Mikrofon haucht, scheinen sich die Töne in der plötzlich | |
| eingetretenen Stille in den Raum zu hängen. Eine extrem spannende | |
| Komposition, in der zwei herausragende Künstlerinnen Können und Neugier | |
| potenziert haben. Demnächst erscheint der Act bei [3][TSA Records] auf | |
| Vinyl. | |
| 11 Aug 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Jazz/!t5010652 | |
| [2] /Georgische-Kuenstlerin-ueber-Protest/!6070634 | |
| [3] https://tsarecords.bandcamp.com/ | |
| ## AUTOREN | |
| Katja Kollmann | |
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