Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Rentengesetz der Bundesregierung: Schneller als die IT erlaubt
> Der große Renten-Wurf steht noch aus. Eine Mini-Reform ist aber schon mal
> durchs Kabinett. Bei der Mütterrente bringt sie Bürokratie-Gefahr mit
> sich.
Bild: Für die Reform ist innerhalb der Bundesregierung Arbeits- und Sozialmini…
Berlin taz | Zumindest bei ihrem ersten Rentengesetz macht die schwarz-rote
Koalition Tempo: [1][Wie das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen hat],
soll die Haltelinie für das Rentenniveau bis 2031 in Kraft bleiben. Stimmt
im Herbst auch noch der Bundestag zu, wird der Anstieg der Rente in den
nächsten Jahren also nicht hinter dem Anstieg der Löhne zurückbleiben – wie
es die Rentenformel wegen der Alterung der Gesellschaft eigentlich ergeben
würde. Die Regelung gilt schon seit 2018 und wäre Ende diesen Jahres
ausgelaufen.
Laut einer Beispielrechnung des Arbeits- und Sozialministeriums wird durch
die Haltelinie eine Rentnerin, der im Jahr 2031 eigentlich nur 1.500 Euro
im Monat zustünden, 35 Euro mehr bekommen.
Die Beiträge, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen, sollen dadurch aber
nicht steigen: Die Zusatzkosten werden aus dem Bundeshaushalt gedeckt. Sie
werden laut einer Schätzung der Regierung schrittweise auf über 11
Milliarden Euro pro Jahr steigen.
Auch die Ausweitung der Mütterrente [2][ist Teil des Gesetzesentwurfs.]
Demnach sollen Müttern (oder Vätern) bei der Rente künftig für jedes Kind
drei Kindererziehungsjahre angerechnet werden. Bislang gilt das nur für
Kinder, die nach 1992 geboren wurden. Für einzelne Rentnerinnen macht die
Änderung einen Unterschied von rund 20 Euro pro Kind und Monat, für den
Bundeshaushalt von rund 5 Milliarden Euro im Jahr.
## Warnungen vor Frühstart
Die Ausweitung [3][war auf Druck der CSU in den Koalitionsvertrag gekommen]
und wurde nach einem Beschluss des Koalitionsausschusses aus dem Juli auch
noch um ein Jahr vorgezogen. Ursprünglich sah der Gesetzesentwurf vor, dass
die Ausweitung 2028 in Kraft tritt. Jetzt soll sie aber schon 2027 gelten.
Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) hatte vor dem früheren Start gewarnt.
Sie muss eigenen Angaben zufolge erst mal „umfassende Anpassungen der
IT-Systeme“ vornehmen, erklärte sie im Juli. Mehr als 10 Millionen Renten
müssten umständlich neu berechnet werden. Vor 2028 könne sie die höheren
Mütterrenten nicht auszahlen.
Eine Sprecherin des Arbeitsministeriums kündigte auf Nachfrage am Mittwoch
an, dass dem nun beschlossenen Gesetzesentwurf zufolge die höhere
Mütterrente für das erste Jahr rückwirkend ausgezahlt werden soll – also im
Jahr 2028 für das Jahr 2027. Damit sei die Kritik berücksichtigt.
## Alles noch komplizierter
Die Rentenversicherung hatte vorab aber auch schon vor diesem Modell
gewarnt. „Die Komplexität des Verfahrens wird sich auf jeden Fall weiter
erhöhen“, hieß es von der Rentenversicherung. Mehraufwand würde auch bei
anderen Trägern von Sozialleistungen entstehen. Wer rückwirkend 20 Euro
mehr Rente bekommt, könnte dadurch zum Beispiel auch rückwirkend seinen
Anspruch auf Wohngeld verlieren, sodass dann auch Wohngeldstellen noch mal
rechnen müssten.
In einer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf hatte auch der DGB davon
abgeraten, die Ausweitung vorzuziehen und die Erhöhung nachträglich
auszuzahlen: Der Schritt würde die Umsetzung „zusätzlich verkomplizieren,
Verwaltungsaufwand und -kosten deutlich erhöhen und potenziell den
Auszahlungsbeginn sogar noch weiter verzögern“, hieß es vom
Gewerkschaftsbund.
Während die Regierung diese Warnungen ignoriert und sich bei der
Mütterrente beeilt, sind Schritte zu einer nachhaltigen Reform des
Rentensystems noch nicht in Sicht. Im Koalitionsvertrag hatte Schwarz-Rot
vereinbart, eine Kommission einzusetzen, die über die Zukunft der
Alterssicherung in der alternden Gesellschaft beraten soll. Einen
offiziellen Starttermin gibt es bislang nicht.
6 Aug 2025
## LINKS
[1] /Rentenbeschluss-der-Koalition/!6105408
[2] /Rentenreform-des-Arbeitsministeriums/!6093288
[3] /Diskussion-um-Muetterrente/!6077956
## AUTOREN
Tobias Schulze
## TAGS
Rente
Rentenversicherung
Bundesregierung
Mütterrente
Altersarmut
Bärbel Bas
Mütterrente
Schwerpunkt Armut
Mütterrente
## ARTIKEL ZUM THEMA
Rentenpaket der Bundesregierung: Her mit der Reichensteuer
Das Kabinett hat am Mittwoch ein Rentenpaket beschlossen, aber ohne echte
Reformen. Dabei gibt es genug Ideen, die Rente langfristig abzusichern.
„Boomer-Soli“: Gib die Renten-Kohle her, Boomer!
Das DIW-Institut schlägt vor, einen „Boomer-Soli“ zu erheben, der
wohlhabende Alte zur Kasse bittet. Aber wer ist bereit zu teilen?
Diskussion um Mütterrente: Überflüssig oder überfällig?
Union und SPD wollen die Mütterrente ausweiten – das würde fünf Milliarden
Euro kosten. Ist das eine gute Idee? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.