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# taz.de -- Urteil über Stuttgart 21: Bahn muss blechen
> Das gigantische Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 ist viel teurer als geplant.
> Jetzt sagt ein Gericht: Stadt und Land müssen dafür nicht aufkommen.
Bild: Viel teurer als geplant: der neue Durchgangsbahnhof Stuttgart 21
Karlsruhe taz | Es ist ein harter Schlag für die Deutsche Bahn. Nach einer
Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in Mannheim
bleibt der Konzern auf Mehrkosten von rund 7 Milliarden Euro für den Bau
des Stuttgarter Tiefbahnhofs sitzen. Das Gericht lehnte den Antrag der DB
ab, die in Berufung gegen ein entsprechendes Urteil des Verwaltungsgerichts
Stuttgart gehen wollte. Die Bahn habe keine Gründe vorgelegt, die dies
rechtfertigten, so das Mannheimer Gericht.
Damit bliebe der Bahn nur noch der Gang zum Bundesverfassungsgericht.
Inzwischen sind die Kosten für Stuttgart 21 deutlich auf 11,5 Milliarden
Euro angestiegen. Mit dem neuen Urteil kann Baden-Württembergs
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ein Versprechen aus seiner
ersten Amtszeit halten.
Laut einem einstimmigen Kabinettsbeschluss aus dem Jahr 2011 sollte das
Land sich ausdrücklich nicht an Mehrkosten für das Bahnhofsprojekt
beteiligen. Der grüne Landesverkehrsminister Winfried Hermann sagte am
Dienstag in Stuttgart: „Die Bahn ist als Projektträgerin alleine für die
Mehrkosten verantwortlich. Gesprochen haben wir genug, gezahlt auch.“
Die Bahn wollte in den vergangenen Jahren über vertragliche Sprechklauseln
die Baupartner, vor allem das Land Baden-Württemberg und die Stadt
Stuttgart, an Mehrkosten beteiligen. Das Land sprach zwar, blieb aber auch
unter der Regierungsbeteiligung der unverdrossen S21-begeisterten CDU bei
seiner Haltung.
## Deutsche Bahn ist finanziell ohnehin angeschlagen
Der Verwaltungsgerichtshof erkannte nun die ursprünglich festgelegten
Beträge als verbindlich an. Das Land trägt 1,2 Milliarden Euro bei, die
Stadt Stuttgart etwa 440 Millionen Euro. Die Restkosten verbleiben allein
bei der Bahn – das dürfte die [1][angespannte wirtschaftliche Lage des
Konzerns] zusätzlich verschärfen.
Derweil verzögert sich die Eröffnung des Bahnhofs weiter. Ursprünglich war
sie für 2019 geplant, im Frühjahr 2025 wurde bekannt, dass sich die für
Ende des Jahres geplante Einweihung erneut verschiebt. Der Fernverkehr und
ein Teil des Regionalverkehrs sollen ab Dezember 2026 in den neuen
Tiefbahnhof fahren, ein Teil des Regionalverkehrs endet dagegen bis Juli
2027 weiter im alten Kopfbahnhof. Der Grund sind komplexe Bauarbeiten, neue
gesetzliche Anforderungen im Brandschutz, Gerichtsverfahren und
Bauunterbrechungen.
In den späten 1980er Jahren kamen erstmals Überlegungen auf, den
Stuttgarter Kopfbahnhof in eine durchgehende unterirdische Station
umzubauen. Das Ziel: die Stadt besser in das geplante europäische
Hochgeschwindigkeitsnetz einzubinden.
Die Planungen wurden 1994 der Öffentlichkeit vorgestellt. 2010 war der
offizielle Baubeginn – [2][begleitet von breiten Bürgerprotesten]. Am
sogenannten „schwarzen Donnerstag“ 2010 kam es bei Polizeieinsätzen gegen
Demonstranten zu schweren Verletzungen. Trotz aller Widerstände wurde
Stuttgart 21 im Jahr 2011 in einer von der grün-roten Landesregierung
initiierten Volksabstimmung mehrheitlich bestätigt.
Zweifel an der Leistung des Bahnhofs, [3][Verzögerungen beim Bau und
Kostensteigerungen], all das war von den Protestbewegungen detailliert
vorausgesehen worden. Auch Winfried Kretschmann erinnerte im Mai in einer
denkwürdigen Pressekonferenz noch einmal daran: „Ich habe nicht vergessen,
mit welcher Arroganz wir da als Gegner abgebürstet worden sind“, ereiferte
sich der sonst eher bedächtige Ministerpräsident. „Und heute tritt all das
ein, was wir damals gesagt haben. Von A bis Z.“
5 Aug 2025
## LINKS
[1] /Halbjahresbilanz-Deutsche-Bahn-praesentiert-kleine-Fortschritte/!6099715
[2] /Stuttgart21-Kritiker-Dietrich-Wagner-tot/!5944349
[3] /Neubau-der-Strecke-Hamburg-Hannover/!6096924
## AUTOREN
Benno Stieber
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