# taz.de -- Krise der Industrie: Deutschland stellt viel weniger Stahl her | |
> Die Produktion des Werkstoffs ist im ersten Halbjahr 2025 im Vergleich | |
> zum Vorjahr eingebrochen. Die Branche fordert Hilfe der Politik. | |
Bild: Heißer Scheiß: Herkömmlich produzierter Stahl ist sehr klimaschädlich… | |
Berlin taz | Die Stahlindustrie schlägt Alarm: Die Produktion lag im ersten | |
Halbjahr 2025 fast 12 Prozent unter dem Niveau vom Vorjahreszeitraum, | |
klagte die Wirtschaftsvereinigung Stahl am Freitag. Um den | |
Industriestandort Deutschland stehe es dramatisch, verkündete | |
Verbandschefin Kerstin Maria Rippe. | |
Sie sieht den Rückgang der Rohstahlproduktion auf das Niveau der | |
Finanzkrise 2009 vor allem in zu hohen Energiekosten begründet, außerdem in | |
der schwachen Inlandsnachfrage und handelspolitischen Schwächen. | |
Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) hatte kürzlich bereits einen Stahlgipfel | |
mit der Branche gefordert, um deren Zukunft zu sichern – Stichwort grüner | |
Stahl. | |
Denn herkömmlicher Stahl ist klimaschädlich. CO2-Emissionen entstehen durch | |
den hohen und vor allem fossilen Energieverbrauch, aber auch im chemischen | |
Prozess. Das soll sich ändern durch eine [1][Umstellung auf | |
wasserstoffbasierte Verfahren]. | |
Doch damit läuft es schleppend. [2][Das Unternehmen ArcelorMittal hat dem | |
sogar kürzlich eine Absage erteilt.] Gleichzeitig gab der Stahlproduzent | |
bekannt, dass er das Erreichen der CO2-Reduktionsziele bis 2030 in der | |
Branche zunehmend unrealistisch finde. Auch hier die Klage: Zu hohe Kosten | |
für neue Anlagen, für Energie und für den raren Wasserstoff bei zu billiger | |
Konkurrenz, die nicht auf Grün umstellt. | |
## Schienenverkehr als Stahl-Rettung | |
Zustimmen kann da auch die IG Metall: „Wegen der Billigkonkurrenz aus dem | |
Ausland und der schwächelnden Automobilbranche als wichtigem Abnehmer steht | |
die Stahlindustrie seit Jahren unter Druck“, sagt Gewerkschaftssprecher | |
Artur Siemens. | |
Deshalb fordere auch Gewerkschaft, dass der angekündigte | |
Industriestrompreis nicht auf die lange Bank geschoben werde. Ausdrücklich | |
begrüße die IG Metall die auch von der Wirtschaftsvereinigung Stahl | |
geforderte Nachfolgeregelung für die sogenannten Safeguard-Maßnahmen der | |
Europäischen Union. | |
Die EU hatte diese im Februar 2019 eingeführt, um die Wirtschaft vor | |
Importüberschüssen zu schützen. Bei Überschreitung festgelegter Kontingente | |
greifen Zölle. Bis Mitte 2026 gilt diese Regelung noch. | |
Nicht nur für Autos braucht man Stahl, sondern auch für klimafreundliche | |
Mobilität: Neue Schienen erfordern große Mengen des Werkstoffs. Die | |
Eisenbahn-Lobby wirbt dafür, dass die Politik das Ausnutzen solle, um den | |
grünen Stahl voranzubringen. | |
„Die Schiene ist prädestiniert, grünem Stahl in Deutschland zum Durchbruch | |
zu verhelfen“, heißt es bei der Allianz pro Schiene auf Anfrage der taz. Um | |
den Wirtschaftsstandort zu sichern, müsse der Bund als Eigentümer der Bahn | |
dieser erlauben, teureren grünen Stahl für Bauprojekte auszuschreiben. | |
Leider, so der Verein, komme der [3][Schienenbau] in den Haushaltsplänen | |
der Bundesregierung noch zu kurz. | |
Zudem gibt die IG Metall zu bedenken, dass das Investitionspaket für | |
Infrastruktur zwar das richtige Signal sende. Nun brauche es aber „kluge | |
Regelungen“, sagt Sprecher Siemens, „damit die heimische Stahlindustrie zum | |
Beispiel beim Schienenausbau fair berücksichtigt wird.“ Er stellt sich | |
darunter sogenannte Local-Content-Vorgaben vor, also die Bevorzugung | |
regionaler Anbieter. | |
18 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
Eva Kaiser | |
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