Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Vorbereitung auf den Triathlon: Zwischen Zweifeln und Kaffeetrinken
> Für einen Triathlon wollte unsere Kolumnistin kraulen lernen. Bislang
> schluckt sie vor allem Wasser und fragt sich: Muss man wirklich alles
> können?
Bild: Kraulen bis zum Ziel
Wenn ich versuche zu kraulen, sehe ich aus, als würde ich das Wasser zum
ersten Mal in meinem Leben berühren. Meine Arme klatschen auf die
Oberfläche, die Füße wühlen unregelmäßig durcheinander. Nach 30 Metern bin
ich aus der Puste und kralle mich am Beckenrand fest. Eine Frau in den
Sechzigern gleitet elegant an mir vorbei. „Alles okay?“, fragt sie. „Ich
lerne kraulen“, schnaufe ich zurück und hoffe, dass sich das Becken unter
mir auftut.
Das war mein Vorsatz für 2025. Es begann mit der Idee im Freundeskreis,
[1][einen Triathlon zu absolvieren]. Eine Sprintdistanz: 750 Meter
schwimmen, 20 Kilometer radeln, 5 Kilometer laufen. Es würde Spaß machen,
sich gemeinsam einer Herausforderung zu stellen, ein Ziel zu haben, auf das
wir hintrainieren könnten – so malten wir es uns aus, irgendwann zwischen
den Jahren und [2][inmitten der Quaterlifecrisis].
Seitdem stehe ich dienstagmorgens in einem zitronengelben Badeanzug am
Beckenrand (ein Geschenk meiner Freundinnen, um meine Motivation
hochzuhalten) und ringe mich dazu durch, ins kalte Wasser zu springen. Ich
habe mir so viele Videos mit Kraultipps angeschaut, dass mein
Social-Media-Feed mittlerweile nichts anderes als Muskeltraining für
Schwimmerinnen und Unterwasseraufnahmen zu bieten hat.
Mit einem Schaumstoffbrettchen übe ich im Becken die richtige Armrotation.
Links, atmen, rechts, atmen, links, atmen. Dann schlucke ich Wasser und
muss husten. (Wie schaffen es andere, drei, vier, sogar fünf Armschläge zu
machen, ohne Luft zu holen?)
## „Es hätt noch emmer joot jejange“
Inzwischen ist über ein halbes Jahr vergangen und die Fortschritte bleiben
aus. Dabei habe ich erfahren, dass [3][Kinder in vielen anderen Ländern
zuerst Kraulen lernen] und dann Brustschwimmen. Das gerade Kicken mit den
Beinen soll einfacher sein als der froschige Beinschlag. Außerdem sei die
Kraultechnik dem Bewegungsablauf beim Gehen ähnlich, und daher
grundsätzlich gar nicht so schwierig. Nur spüre ich davon leider nichts.
Was mache ich falsch? Liegt es an der Koordination? Gleichzeitig mit den
Beinen paddeln, die Arme rotieren, sie im richtigen Moment abknicken und
mit Druck unter Wasser nach hinten ziehen, mich dabei wie eine Schraube
drehen, nicht vergessen auszuatmen, damit ich im richtigen Moment zwischen
Achsel und Wasseroberfläche kurz Luft holen kann.
Damals im Musikunterricht sollten wir eine Koordinationsübung machen: Mit
der einen Hand leicht auf den Kopf klopfen und mit der anderen Hand in
Kreisen über den Bauch fahren. Das war auch so ein Ding der Unmöglichkeit
für mich. Ist das beim Kraulen die gleiche Problematik? Mit jeder Woche
werde ich unzufriedener, wenn ich mich aus dem Becken stemme und wieder
keine Bahn am Stück geschafft habe.
Nach dem Training trinken wir traditionell noch einen Kaffee. Bei meiner
Freundin laufen die Vorbereitungen auf den Wettkampf auch eher mäßig. „Es
hätt noch emmer joot jejange“, sagt sie und verlässt sich wie in vielen
Lebenslagen auf das Kölner Grundgesetz. Artikel 1 lautet: „Et es wie et
es.“ Stimmt. Zwei Wochen vor dem Triathlon kann ich noch immer nicht
kraulen. Man muss nicht alles können, oder?
Ich werde an den Start gehen, all die Kraulerinnen davongleiten sehen und
mich beim Brustschwimmen darüber freuen, dass ich immerhin eine Art
beherrsche, mich durch den menschenfeindlichen Lebensraum Wasser zu
bewegen.
31 Jul 2025
## LINKS
[1] /Extremsport/!6030815
[2] /Vier-junge-Menschen-ueber-2025/!6056268
[3] /Verteidigung-des-Brustschwimmens/!5871960
## AUTOREN
Sophie Fichtner
## TAGS
Kolumne Vorschlaghammer
Zukunft
wochentaz
Triathlon
Schwimmen lernen
Vorsätze
Freundschaft
Social-Auswahl
Freiwasserschwimmen
Kolumne Vorschlaghammer
wochentaz
Schwimmen
## ARTIKEL ZUM THEMA
DLRG-Präsidentin Ute Vogt: „Schwimmen ist zu einer sozialen Frage geworden“
Ute Vogt ist Präsidentin der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft. Sie
kritisiert: Viele Bäder sind marode und Kinder lernen nicht mehr schwimmen.
Social Freezing: Sollte ich meine Fruchtbarkeit kennen?
Fruchtbarkeit bei Frauen hat ein Ablaufdatum. Aber lohnt es sich, sie
deshalb zu testen oder löst das nur Panik aus?
Extremsport: Immer heiter, immer weiter
Jonas Deichmann will einen neuen Rekord aufstellen: in 120 Tagen 120
Triathlon-Langdistanzen absolvieren. Er ist kurz vorm Ziel. Warum macht er
das?
Eine Typologie der Schwimmstile: Bahnen ziehen mit Grandezza
Die Freibadbecken sind voll. Doch was sagen Wahl und Ausführung einer
Schwimmtechnik über ihre Benutzer aus?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.