# taz.de -- Halbjahresbilanz der Deutschen Bahn: Nur noch mit Millionen in den … | |
> Mehr Fahrgäste, weniger Verluste: Die Deutsche Bahn präsentiert kleine | |
> Fortschritte. Verkehrsverbände sind dagegen nicht so optimistisch. | |
Bild: Deutsche Bahn: Die Tickets könnten erneut teurer werden | |
Berlin taz | Die Bahnvorstände gaben sich alle Mühe, zu betonen, dass die | |
Bilanzen ihres Unternehmens ein Fortschritt sind. Zwar habe die Deutsche | |
Bahn in der ersten Hälfte dieses Jahres Verluste von 760 Millionen Euro | |
verbucht, nach Ertragsteuern. Im ersten Halbjahr 2024 war die DB AG aber | |
noch 1,6 Milliarden Euro im Minus. | |
„Wir kommen Schritt für Schritt voran“, sagte Richard Lutz, der Vorsitzende | |
des Bahnvorstands. Der bereinigte Konzernumsatz stieg um 3,4 Prozent auf | |
13,3 Milliarden Euro. Lutz [1][präsentierte die Halbjahresbilanz der DB] am | |
Donnerstag vor Journalist:innen zusammen mit Martin Seiler, DB-Vorstand | |
für Personal und Finanzen. | |
Beide feierten vor allem die Entwicklung der Wirtschaftlichkeit. Die sei | |
erstens der „strikten Kostendisziplin“ zu verdanken. Zweitens mache sich | |
der Personalabbau, vor allem in der Konzernverwaltung, bezahlt. | |
Gleichzeitig stelle die Bahn im Betrieb „massiv ein“, unterstrich | |
Personalvorstand Seiler. | |
Einen Teil seiner Schulden tilgte der Konzern mit dem Geld, das der | |
[2][Verkauf der Logistiktochter DB Schenker] einbrachte. Derweil schreibt | |
die Nahverkehrstochter DB Regio schwarze Zahlen, die DB Fernverkehr sei der | |
Gewinnschwelle nahe. Und die Güterverkehrstochter DB Cargo strauchelt zwar | |
gewaltig – habe aber Umsatzverluste bewusst in Kauf genommen, um sich von | |
unwirtschaftlichen Aufträgen zu verabschieden. Die DB Cargo steht unter | |
Druck, weil die EU-Kommission nur dann staatliche Beihilfen erlaubt, wenn | |
das Güterverkehrsunternehmen bis 2026 langfristige Rentabilität vorweisen | |
kann. | |
## Immer noch viele Verspätungen | |
Bei aller Freude gestand Bahnchef Lutz: Die finanzielle Situation bleibe | |
angespannt. Von Januar bis Juni kamen nur 63,4 Prozent aller Züge im | |
Fernverkehr pünktlich. Das sind zwar mehr als im ersten Halbjahr 2024, aber | |
weniger als das, was sich die DB vorgenommen hatte. Schuld an den meisten | |
Verspätungen sei das Schienennetz, das in die Jahre gekommen und | |
störungsanfällig ist. Im vielbefahrenen Teil müsse jede zweite Anlage, die | |
für Betrieb und Pünktlichkeit gebraucht wird, erneuert werden. | |
Doch auch hier bemühten sich die Vorstände um Optimismus. Die Fahrgäste | |
bleiben der Bahn treu: Im ersten Halbjahr 2025 reisten rund 943 Millionen | |
Menschen in Zügen der DB – etwa 24 Millionen mehr als in der ersten Hälfte | |
des vorherigen Jahres. Den Trend wolle die Deutsche Bahn weiterführen und | |
mehr Leute für das klimafreundliche Verkehrsmittel Zug begeistern, sagte | |
Lutz. „Je mehr Menschen Zug fahren, desto besser.“ | |
Allerdings könnten die Tickets, vor allem die sogenannten Flextickets „im | |
Rahmen der Inflation“ noch in diesem Jahr [3][erneut teurer werden], räumte | |
der Bahnchef ein. Und: Wenn die Trassenpreise, eine Art Schienenmaut, | |
weiter steigen, müsse die DB Fernverkehrsverbindungen „in der ganzen | |
Republik“ ausdünnen, mahnte Lutz. Die schwarz-rote Koalition hat sich | |
vorgenommen, das System der Trassenpreise zu reformieren und die | |
Preissteigerungen mit einer Förderung abzufedern. Laut Expert:innen | |
könnte diese Förderung für den Schienengüterverkehr, für die etwa im | |
aktuellen Haushaltsentwurf für 2026 265 Millionen Euro veranschlagt sind, | |
aber knapp werden. | |
Verkehrsverbände schauen deshalb deutlich kritischer auf die Bahnbilanzen. | |
Wenn Züge zuverlässig pünktlich kommen sollen, müssten „auch Nebenstrecken | |
und vor allem die Stellwerke einen besseren Zustand erreichen“, meint | |
Matthias Kurzeck, Bundesvorsitzender des ökologischen Verkehrsclubs VCD. | |
Der Bund müsse die Finanzierung für Bauvorhaben mindestens für die nächsten | |
zehn Jahre sichern. | |
## „Nicht nur ein Verschiebebahnhof“ | |
Mit den [4][Haushalten für 2025 und 2026 sowie dem Sondervermögen für | |
Infrastruktur und Klimaschutz] stellt die Regierung zwar eine Rekordsumme | |
für die Schiene bereit. Dass dabei jedoch laufende Ausgaben für die | |
Bahninfrastruktur aus dem Verkehrsetat in das einmalige, zeitlich begrenzte | |
Sondervermögen geschoben wurden, findet Kurzecks Co-Vorsitzende Kerstin | |
Haarmann schwierig: „Das ist nicht nur ein Verschiebebahnhof, sondern | |
äußerst unseriös.“ Eigentlich sollte das Sondervermögen zusätzliche | |
Maßnahmen finanzieren. | |
Und auch der Verband der Güterbahnen, DB-Konkurrenz im Güterverkehr, | |
[5][findet klare Worte]. Ohne Hilfen des Bundes müsse die DB zum | |
Insolvenzrichter, sagte Geschäftsführer Peter Westenberger. Jetzt sei der | |
Verkehrsminister gefragt, der eine Eigentümerstrategie für den Bahnkonzern | |
vorlegen will. „Diese Strategie muss viele Fragen beantworten“, meint | |
Westenberger. | |
Ähnlich sieht das Isabel Cademartori, verkehrspolitische Sprecherin der SPD | |
im Bundestag. „Die Bahn ist immer noch in der Krise“, sagte sie der taz. Es | |
gebe Anzeichen für eine Kehrtwende, die könnten aber nicht darüber | |
hinwegtäuschen, dass die Züge nur selten pünktlich kommen. Die DB müsse auf | |
mehr und zufriedenere Kund:innen setzen, während der Bund „seine | |
Steuerungsfunktion stärker als bisher wahrnehmen“ müsse. Auch Cademartori | |
erwartet dafür bald schon Vorschläge des Verkehrsministers. | |
31 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.deutschebahn.com/de/presse/pressestart_zentrales_uebersicht/Deu… | |
[2] /Verkauf-von-DB-Schenker-beschlossen/!6037055 | |
[3] /Teurere-Tickets-im-Fernverkehr/!6040771 | |
[4] /Bundeshaushalt-2026-Ab-2027-drohen-tiefe-Loecher/!6099510 | |
[5] https://die-gueterbahnen.com/news/statement-zur-wirtschaftlichen-talfahrt-d… | |
## AUTOREN | |
Nanja Boenisch | |
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