# taz.de -- Jeanswerbung mit Sydney Sweeney: White Supremacy Sells | |
> In einer Werbekampagne von American Eagle sind rassistische Codes | |
> versteckt. Der darauf folgende Shitstorm mag laut sein – nützen tut er | |
> allein nichts. | |
Bild: In den sozialen Medien werden Sweeney und American Eagle „faschistische… | |
Zuerst die schlechte Nachricht: Sex sells. Dann die noch Schlechtere: White | |
Supremacy sells better. Und weil aller guten Dinge drei sind, eine noch: | |
Diversity doesn’t sell. | |
Diese bittere Wahrheit offenbart [1][die neue Werbekampagne der | |
US-Jeansmarke American Eagle] mit der Schauspielerin Sydney Sweeney: | |
„Sydney Sweeney Has Great Jeans“ (great jeans = great genes, also Gene, | |
kreatives Wortspiel, haha, verstehste?). | |
Darin wird der 90-60-90-Körper des [2][„Euphoria“]-Stars halbnackt von | |
unten bis oben gefilmt. Aus dem Off erklärt ihre zuckersüße Stimme: „Gene | |
werden von den Eltern an die Nachkommen weitergegeben und bestimmen oft | |
Eigenschaften wie Haarfarbe, Persönlichkeit und Augenfarbe. Meine Jeans | |
sind blau.“ In einem weiteren Clip bleibt die Kamera an ihrem | |
prallgefüllten Dekolleté hängen, bis sie augenzwinkernd und mit | |
Schlafzimmerblick über ihre eigene Sexualisierung schmunzelnd sagt: „Hey! | |
Meine Augen sind hier oben!“. | |
Die Kampagne für Frauenjeans, die sich unverhohlen ausschließlich an den | |
male gaze richtet, steht sinnbildlich dafür, dass die Illusionen des | |
entsexualisierten weiblichen Körpers und der vermeintlichen | |
[3][„Bodypositivity“-Ära beendet] sind. | |
## CEO finanzierte Trumps Wahhlkampf | |
Doch nicht nur Sexismus wird hier verkauft. Indem American Eagle eine weiße | |
Schauspielerin mit blauen Augen, blondem Haar und normschönem Körper zur | |
Verkörperung „guter Gene“ stilisiert, wird ein Schönheitsideal gefeiert, | |
das in rassistischen und [4][eugenischen Erzählungen] wurzelt: Weiße | |
Genetik ist überlegene Genetik. | |
In den sozialen Medien werden Sweeney und American Eagle „faschistische-“ | |
und „Nazi-Propaganda“ vorgeworfen. Die Ästhetik erinnere an Nazi-Ideale vom | |
„gesunden Volkskörper“. Andere Nutzer*innen hingegen halten die Kritik | |
für „übertrieben“ oder „absurd“. Schön wär’s. | |
Doch die Kampagne kommt nicht von ungefähr: American Eagle-CEO Jay | |
Schottenstein finanzierte [5][verschiedenen Medienberichten zufolge] sowohl | |
Donald Trumps als auch Benjamin Netanjahus Wahlkampf. Sweeneys Eltern | |
gelten als Trump-Unterstützer*innen; von Sweeney selbst kursieren im Netz | |
Fotos auf Familienfeiern, wo MAGA-Caps zu sehen sind. [6][In der | |
Vergangenheit hat sie sich vom Vorwurf, ebenfalls Trump-Anhängerin zu sein, | |
distanziert.] | |
Die Codes in der American-Eagle-Kampagne stößt nicht nur auf Kritik: Rechte | |
reposten das Video begeistert auf Tiktok und X mit Kommentaren wie „We are | |
so back!“ | |
## Profit über Integrität | |
Die Abkehr von Diversität ist kein Zufall. Noch vor wenigen Jahren setzte | |
American Eagle auf Vielfalt, warb mit People of Color, „Plus-Size“-Models | |
und Körpern mit Behinderung – und musste dafür am Markt Verluste hinnehmen. | |
Die Aktie von American Eagle verlor seit 2021 zwei Drittel ihres Wertes, | |
zuletzt dümpelte sie lange bei nur noch acht Euro herum. Die Rückkehr zum | |
normschönen, weißen Ideal à la Sweeney hingegen wurde vom Markt prompt | |
belohnt: [7][Die Aktie schoss nachbörslich um 22 Prozent in die Höhe.] | |
Unternehmen, die ihr Profitstreben über Integrität stellen, hat es schon | |
immer gegeben und wird es auch immer geben. Genauso wird es weiterhin | |
Promi-Girls geben, die als Aushängeschild dafür herhalten. Von ihnen muss | |
jedoch Verantwortung eingefordert werden. | |
Dass Stars, wie Sweeney, die mit einem geschätzten Nettovermögen von 40 | |
Millionen US-Dollar bestens abgesichert sind, gerade in einer Zeit, in der | |
rechte Parteien, und mit ihnen Rassismus und Misogynie weltweit erstarken, | |
freiwillig Teil dieser reaktionären Symbolik werden, ist nicht nur | |
fahrlässig, sondern unverantwortlich und gefährlich. | |
Doch dass Stars und Firmen Verantwortung übernehmen, erreicht man nicht | |
durch Shitstorms. Wenn sich eine progressive linke Bubble über diese | |
rassistischen Überlegenheitsfantasien empört, mit der Moralkeule schwingt, | |
Sweeney und American Eagle cancelt, ist nur wenig gewonnen. Vielmehr spielt | |
das den Rechten in die Karten. | |
## Shitstorm reicht nicht | |
Was es braucht, ist eine Debatte, die konstruktiv und nachhaltig geführt | |
wird. Denn das eigentliche Problem ist nicht eine halbnackte Frau in Jeans | |
und ihre eugenischen Werbebotschaften – sondern ein politisches Klima, in | |
dem rechte Ästhetik mit Augenzwinkern verkauft und belohnt wird. | |
Statt den nächsten Empörungshype zu bedienen, braucht es medienkritische | |
Aufklärung darüber, wie sich rassistische und sexistische Codes in unseren | |
Alltag einschleichen, sowie mehr Sichtbarkeit für unterrepräsentierte | |
feministische und intersektionale Perspektiven. | |
Ein Shitstorm kann Aufmerksamkeit für diese Probleme schaffen – aber er | |
bremst keinen Rechtsruck. | |
29 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tiktok.com/@american_gulf/video/7530827376993914126?_r=1&_t… | |
[2] /Nacktheit-in-Serien/!5632978 | |
[3] /Schoenheitsideale-in-der-Modewelt/!6044396 | |
[4] /Eugenik-in-den-USA/!6059737 | |
[5] https://www.haaretz.com/israel-news/business/2016-09-26/ty-article/who-is-j… | |
[6] https://www.buzzfeednews.com/article/leylamohammed/sydney-sweeney-mom-birth… | |
[7] https://www.welt.de/iconist/trends/article688353edc1ef6365168b9dd8/go-woke-… | |
## AUTOREN | |
Lilly Schröder | |
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