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# taz.de -- Protest gegen Alice Weidel: Was der AfD wirklich nützt
> Das Zentrum für Politische Schönheit stört das ARD-Interview mit Alice
> Weidel. Das helfe der AfD, sagen Kritiker. Und lenken so vom wahren
> Problem ab.
Bild: Guckt gern böse: Alice Weidel (AfD) beim ARD-Sommerinterview, 20. Juli 2…
Es wäre ein weiteres Sommerinterview auf dem Weg zur Normalisierung einer
extrem rechten Partei geworden, aber es kam anders. Wie sonst auch kniff
Alice Weidel die Augen zusammen und haute ihren üblichen Bullshit raus, um
die [1][Paranoia ihrer Anhänger zu befeuern] und bei jedem Problem nach
zwei Sätzen wieder bei den vermeintlich bösen Ausländern zu landen.
Diesmal aber konnte man ihr nicht folgen: Denn im Hintergrund sang
ausdauernd [2][ein weihnachtlich klingender Chor „Scheiß AfD“] – laut,
feierlich und in Dauerschleife. Weidels rechtsextreme Hetze wurde
konterkariert durch den vom Band abgespielten [3][Stör-Chor mit
Ohrwurmpotenzial] – statt Normalisierung gab es antifaschistische
Kommunikationsguerilla. Der Zwischenruf kam vom Zentrum für Politische
Schönheit und ihrem Protestmobil, das von der gegenüberliegenden Spreeseite
das Interview im Regierungsviertel beschallte.
Natürlich handelt es sich dabei um eine legitime Protestaktion – gegen eine
extrem rechte Partei, aber auch öffentlich-rechtliche Sendeanstalten, die
seit Jahren trotz der fortschreitenden Radikalisierung der AfD ihr weiter
eine Plattform bieten, als wäre das normal. Selbst der Verfassungsschutz
hat mittlerweile erkannt, dass die AfD rechtsextrem ist – eine
[4][gesellschaftliche Entnormalisierung der Partei] findet trotzdem nicht
statt.
Zugleich gibt es nach der Aktion empörte Stimmen, die kommentieren, die
Protestaktion helfe der AfD, weil sie sich so mal wieder in ihrer
Opferrolle suhlen kann. Das ist Quatsch – zum einen suhlt sich die AfD
ohnehin in ihrer Opferrolle, weil das zur DNA rechtsextremer Parteien und
Bewegungen weltweit gehört. Zum anderen wählt doch kein Mensch nun die AfD,
weil ein paar Aktivist*innen mit einer „Scheiß AfD“-Kakofonie ein
ARD-Interview gecrasht haben – ebenso wenig, wie Weidel entzaubert worden
wäre, wenn das Gespräch störungsfrei geblieben wäre.
Denn nicht Gegenproteste helfen der AfD, sondern Konservative, [5][die das
Verfassungsgericht beschädigen]. Es sind christsoziale Innenminister, die
in vorauseilendem Autoritarismus [6][mit islamistischen Taliban
verhandeln], um AfD-Positionen und ihren Abschottungswahn [7][umzusetzen].
Die Union hat noch immer nicht begriffen, dass rechter Kulturkampf auf dem
Rücken von Minderheiten willfährig genau die Polarisierung vorantreibt,
[8][von der die AfD träumt]. Und dass die Union mit ihrem Rechtsschwenk der
rechtsextremen Hetze ihr Gütesiegel verleiht.
## Wie soll die wehrhafte Demokratie aussehen?
Der rechtsdrehende Kulturstaatsminister Wolfram Weimer will die „Korridore
des Sagbaren“ noch mehr weiten, sagt er. Bis wohin eigentlich? Hat eine
Gesellschaft, in der Jugendliche edgy „Ausländer raus!“ auf Kirmestechno
grölen, nicht genug verbale Beinfreiheit? Darf eine Oppositionsführerin
Weidel nicht schon genug verzapfen, wenn sie angesichts von Einbürgerungen
im Bundestag von der „Transformation des Staatsvolkes“ spricht und für
diesen völkischen Bullshit nicht mal einen Ordnungsruf bekommt? Was gibt es
da noch zu weiten?
Und warum gilt das dann nicht gleichermaßen für politische Meinungen links
von Julia Klöckner? Was dürfen Linke, ach was, Liberale eigentlich noch
sagen? Dürfen sie nicht mehr über Legalisierung von Abtreibungen sprechen,
ohne dass die Union gleich den Schmutz des milliardärsfinanzierten
Schmierportals Nius übernimmt, um Verfassungsrichterinnen zu
verhindern? Dürfen sie noch über die Prüfung des Verbots einer
rechtsextremen Partei reden? Darf man noch gegen einen Auftritt einer
Rechtsextremistin protestieren? Und wenn jetzt schon harmlose
Protestaktionen gegen die AfD skandalisiert werden, wie soll dann diese
wehrhafte Demokratie aussehen?
Der Erkenntniswert des Interviews wäre auch ohne Störer gering geblieben:
Die proklamierte Mäßigung der Partei ist nicht ernst gemeint ([9][wusste
man vorher]), der rechtsextreme Kampfbegriff und Dogwhistle „Remigration“
ist fester Teil der AfD-DNA ([10][bekannt]), ebenso wie die ewige
Opferrolle (gähn).
Das Einzige, was man noch nicht wusste: Alice Weidel kann keine drei Dinge
benennen, die sie an Deutschland gut findet. Auch das kein Wunder: Sie lebt
in der Schweiz und weiß nicht mal, wie viele Einwohner ihr Wahlkreis hat.
Das wiederum weiß man aus einem [11][gut recherchierten Beitrag im ZDF],
bei dem Weidel nach ein paar Fragen empört das Interview abbrach –
kritischer Journalismus, der dank Kontext und Einordnung [12][viel besser
funktioniert] als jedes seichte Interview im Sommer-Ambiente.
Bleibt am Ende die Frage: Warum ist es eigentlich Teil des
Programmauftrags, einer gesichert rechtsextremen Partei in
Herrschaftskulisse ein Podium zu bieten, als wäre das normal? Nichts daran
ist normal. Und daran hat das Zentrum für Politische Schönheit mal wieder
erinnert. Zu Recht.
21 Jul 2025
## LINKS
[1] https://misik.at/2025/07/rechtsextremismus-als-massenhysterie/
[2] https://www.tiktok.com/@aktuelle.themen/video/7529174980437855510
[3] https://x.com/politicalbeauty/status/1946933749096067348
[4] /AfD-ist-gesichert-rechtsextrem/!6083623
[5] /Richterinnenwahl/!6099888
[6] /Abschiebungen-nach-Afghanistan/!6101372
[7] /Abschiebeflug-nach-Afghanistan/!6099857
[8] /Maessigungsversuch-der-AfD/!6097185
[9] /Maessigungsversuch-der-AfD/!6097185
[10] /Goetz-Kubitschek-gegen-Maximilian-Krah/!6098318
[11] https://www.zdf.de/play/portraits/alice-weidel---ein-portraet-movie-100/25…
[12] https://www.zdf.de/play/portraits/alice-weidel---ein-portraet-movie-100/25…
## AUTOREN
Gareth Joswig
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