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# taz.de -- Interreligiöse Kämpfe in Südsyrien: Am Abgrund von Suweida
> Erneut kommt es in Syrien zu massiver Gewalt zwischen religiösen Gruppen,
> Israels Militär mischt sich ein. Warum ist das neue Syrien so instabil?
Bild: An einer Straße Richtung Suweida stehen syrische Staatssicherheitskräft…
Kairo taz | Die Kämpfe, die am Sonntag im Süden rund um die Stadt Suweida
begannen, zeigen erneut: Syrien ist ein komplizierter Fall. Ausgebrochen
waren die Auseinandersetzungen mit zahlreichen Toten zwischen der
religiösen Minderheit der Drusen, deren Zentrum die Stadt Suweida ist, und
sunnitischen beduinischen Stämmen, die in der Umgebung leben. Eigentlich
sollte die Zentralregierung in Damaskus vermitteln. Doch da wird es
kompliziert.
Syrien ist eine große politische Zwiebel mit vielen Schichten. Die äußerste
Schicht besteht aus der Zentralregierung in Damaskus, die von ehemaligen
Dschihadisten angeführt wird, die Ende letzten Jahres [1][den Diktator
Baschar al-Assad gestürzt haben]. Große Teile der offiziellen Armee
bestehen heute aus Ex-Milizionären. Präsident Ahmed al-Scharaa versucht
einen Balanceakt: Er will sein Land und die Internationale Gemeinschaft
davon überzeugen, dass das neue Syrien kein islamistisches Projekt ist,
sondern ein All-inclusive-Staat, in dem sich alle politischen wie
religiösen Gruppen wiederfinden. Gleichzeitig muss er aber auch sein
sunnitisch-dschihadistisches Klientel bedienen, das ihn an die Macht
gebracht hat.
Die zweite Zwiebelschicht sind die politischen, ethnischen und religiösen
Minderheiten im Land, die Scharaa und seine dschihadistischen Gefolgsleute
mit einer gehörigen Portion Misstrauen betrachten. Sie zögern, sich der
Zentralmacht in Damaskus unterzuordnen. Das fängt bei der säkularen
Zivilgesellschaft an, die nach einem möglichst schnellen Übergang zu einer
echten Demokratie und einer Verfassung ruft, in der Staat und Religion
getrennt sein sollen. Und es geht weiter mit den [2][Kurden im Nordosten
des Landes], die zuvor in einer relativ eigenständigen Autonomie mit
eigenen bewaffneten Milizen gelebt haben und diesen Status nicht aufgeben
wollen. Auch die Drusen trauen Scharaa und seinen Gefolgsleuten nicht. Und
sehen sie deshalb nicht als Schlichter des lokalen Konfliktes mit den
Beduinen, sondern als Teil des Problems.
Als in den letzten Tagen Regierungstruppen in die Region Suweida einrückten
– mit dem offiziellen Auftrag für Ruhe zu sorgen und einen Waffenstillstand
durchzusetzen –, wurden diese schnell in Kämpfe mit drusischen Milizen
verwickelt. Ein kurzzeitig ausgehandelter Waffenstillstand hielt weniger
als einen Tag. Und es häufen sich – bislang oft noch unbestätigte –
Berichte aus Suweida: über getötete Zivilisten, ausländische Dschihadisten
unter den Angreifern, Attacken auf den zur Hilfe eilenden Zivilschutz.
## Israels Militär greift das syrische Militär an
Was gerade in Suweida passiert, erinnert [3][an Vorfälle mit Alawaiten im
Frühling]. Sie sind die dritte Zwiebelschicht – eine Minderheit, die an der
Mittelmeerküste und in Teilen der Kapitale Damaskus lebt. Sie waren die
Stütze und Profiteure des alten Regimes. Manche haben schwere
Menschenrechtsverbrechen unter Assad begangen. Zwischen den Gefolgsleuten
Scharaas und den Alawiten gibt es unzählige offene Rechnungen – ein Grund,
warum es an dieser Front immer wieder offene Auseinandersetzungen gibt.
Und als sei das alles noch nicht kompliziert genug kommt noch der Faktor
des benachbarten Israel dazu. Das hält nicht nur seit 1967 die syrischen
Golanhöhen laut internationalem Recht illegal besetzt, sondern hat nach dem
Sturz Assads [4][zusätzlich eine Pufferzone am Fuße des Gebirges auf der
syrischen Seite besetzt.] Seit Dienstag bombardiert Israel nun gepanzerte
Fahrzeuge der syrischen Regierungstruppen rund um Suweida. Nach offiziellen
Angaben aus Damaskus sollen dabei 111 Mitglieder der Sicherheitskräfte
getötet worden sein. Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz
forderte die syrische Regierung am Mittwoch auf, „die Drusen in Ruhe zu
lassen“. Das israelische Militär werde die syrischen Regierungseinheiten so
lange angreifen, bis sie sich zurückziehen, warnte er. Israel präsentiert
sich als Schutzmacht der Drusen und weitet damit auch seine Einflusssphäre
in Syrien aus.
Laut der Nachrichtenplattform Axios soll die syrische Regierung Israel im
Vorfeld über die Truppenbewegung informiert haben – mit der Botschaft, dass
diese nicht gegen Israel gerichtet sei, sondern für Ruhe in der Region
sorgen sollte. Dass die Truppen trotzdem bombardiert wurden, führte laut
dem zitierten US-Beamten dazu, dass die US-Regierung von Israel gefordert
haben soll, die Angriffe einzustellen. Stattdessen wurden die Angriffe
ausgeweitet. Am Mittwoch bombardierten israelische Drohnen – unter anderem
– das Haupteingangstor zum Militärhauptquartier in Damaskus, später auch am
Präsidentenpalast.
16 Jul 2025
## LINKS
[1] /Ende-des-Assad-Regimes/!6051443
[2] /Integration-der-Kurden-in-Syrien/!6080148
[3] /Syrien-nach-dem-Sturz-von-Assad/!6074900
[4] /Israels-Militaer-auf-den-Golanhoehen/!6058207
## AUTOREN
Karim El-Gawhary
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