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# taz.de -- Bewässerung in Spanien: Die Wasserflüsterer
> In Andalusien hilft ein tausend Jahre altes Bewässerungssystem gegen die
> Dürre. Wer kümmert sich um dessen Erhalt, wenn immer mehr Menschen
> wegziehen?
Bild: Die Wege des Wassers sind unergründlich. Aber man kann sie lenken, wenn …
Poqueira-Tal taz | Mit der breiten Seite seiner Feldhacke pfeffert Antonio
Álvarez Felsbrocken aus dem Bewässerungsgraben ins Tal. Aus Erfahrung
vertraut er darauf, dass sie in den Hundsrosen und Weidenbüschen unterhalb
hängenbleiben. Und dass 20 oder 30 Meter unter ihm im Flussbett des Río
Naute niemand geht. Die Sierra Nevada im spanischen Andalusien ist
menschenleer, statistisch leben je nach Gemeinde mal 2, mal 20 Menschen pro
Quadratkilometer. Am Naute lebt nur einer und der hat mit den Kühen auf den
Almen der anderen Uferseite zu tun.
Immer wieder klaubt Álvarez bei seinem Gang auf der Mauer entlang des
Grabens, mehr Bach als Rinne, Laptop-große Steine aus dem Bett. Grad vor
einer Woche war er hier gewesen und hatte Äste und Geröll aus dem Wasser
geholt und mira, schau mal, was da in den paar Tagen alles reinfällt.
Álvarez ist Vorsitzender der Bewässerungsgemeinschaft der drei Dörfer im
Poqueira-Tal in Andalusien. Mit Agustín Sánchez, auch er ein Wasserwärter
der Gemeinschaft, ist er heute aber nicht zum Saubermachen gekommen. Die
beiden wollen den Wasserfluss neu einstellen. Dafür folgen sie dem Graben
auf einem zwei Fuß breiten Pfad bis zum Oberlauf des Naute. Der entspringt
in der 3500 Meter hohen Gebirgskette der Sierra Nevada im Süden Spaniens.
Durch Felsen und über hüfthohe rundgeschliffene Steine strudelt das
Schmelzwasser aus den Schneefeldern im Rio Naute herab.
Damit das kostbare Wasser nicht in Gebirgsbacheile davonrauscht, sondern
Land und Menschen erhalten bleibt, haben Álvarez, Sánchez und Generationen
vor ihnen den Naute mit Steinen geteilt. Wie in zwei Flussarmen fließt ein
Teil in einen Bewässerungsgraben, der andere sprudelt weiterhin das
natürliche Flussbett hinab. Mit unzähligen Händen haben Menschen hier eine
Bach-ähnliche Rinne entlang der Bergflanke gegraben und in den Felsen
geschlagen. Mit dem Wasser aus der Rinne, der Acequia, haben sie vor 1000
Jahren eine blühende Zivilisation, Natur und Landschaft in einer der
trockensten Regionen der iberischen Halbinsel geschaffen.
## Spanien so heiß, wie nie zuvor
„Ein sehr komplexes System“, sagt Agustín Sánchez, der mit 30 Jahren nicht
nur ehrenamtlicher Wasserwärter ist, sondern auch studierter Historiker und
Archäologe. An diesem Morgen im Juni ist er schon mehrfach in
Wanderstiefeln und langer Hose in die Acequia gesprungen, um eiserne Wehre
zu verschieben und den Wasserfluss in der Acequia und den abzweigenden
Gräben und Rinnen zu regeln.
„Seitdem weniger Bauern in der Gegend arbeiten, verarmt das
Bewässerungssystem“, sagt er. „Übrig ist der Stamm, aber seine Wurzeln
vertrocknen seit 60 Jahren“, sagt Sánchez. Auch in diesem Frühjahr entfernt
er zusammen mit Freiwilligen Brombeergestrüpp, Schilf und haufenweise
Kastanienlaub und belebt so die Wege des Wassers. Dörfer, Landschaft und
auch die üppiggrüne Natur hängen seit 1.000 Jahren von den
Bewässerungsrinnen ab.
Der Juni 2025 war der [1][heißeste Monat, den der spanische Wetterdienst je
gemessen hat]. Tagelang schickte er Hitzewarnungen für die Städte und
Dörfer Andalusiens: Sevilla 40 Grad, Granada 39 Grad, Jérez de la Frontera
41 Grad. Unerträgliche Temperaturen auch für die an Hitze gewohnten
Menschen im spanischen Südwesten. An 33 Grad, an 35 Grad haben sie ihre
Häuser und ihren Tagesablauf angepasst. 40 Grad Celsius sind auch in
Andalusien tödlich.
Immerhin müssen die Menschen in diesem Sommer nicht mit dem Wasser sparen,
so wie in anderen Jahren. Wochenlang hat der Regen im Winter und Frühjahr
die natürlichen und künstlichen Wasserspeicher sowie Hunderte Talsperren
gefüllt. Für zwei Jahre reicht das gestaute Wasser der Flüsse, sagen die
Gewässerkundler. Ein Großteil wird verdunsten, vielleicht wieder über dem
Land abregnen. Viel Beton und Hoffnung hat Spanien in der Wasserversorgung
des Landes verbaut, das die meisten Talsperren pro Einwohner in Europa hat.
Unklar ist, ob das gestaute Wasser in den heißeren Zeiten der Klimakrise
trägt.
## Günstig, biodivers – sicheres Trinkwasser
Das frühmittelalterlichen Bewässerungssystem der Acequias in der Sierra
Nevada gilt Wissenschaftlern als „eine naturbasierte Lösung für die
Anpassung an Erwärmung und Klimakrise“, sagt Thomas Zakaluk, deutscher
Hydrologe am Spanischen Institut für Geologie und Bergbau Granada. „Ein
kosteneffizienter, von der Natur inspirierter menschlicher Eingriff, der
dazu gedacht ist, soziale Herausforderungen zu lösen und gleichzeitig jede
Menge andere Nutzen mit sich bringt wie eine größere Biodiversität“,
schreibt Zakaluk.
Die Acequias erdacht und gebaut haben Menschen, die ab dem 8. Jahrhundert
mit den Berber- und Araber-Heeren aus Nordafrika auf die iberische
Halbinsel kamen. Und lange vor der spanischen Kolonisation haben Menschen
im heutigen Peru dasselbe Bewässerungssystem gebaut. In der Klimakrise
haben die heutigen Wasserversorger das System wieder entdeckt und setzen
die Bewässerungskanäle für die Versorgung der peruanischen Hauptstadt Lima
seit einigen Jahren wieder in Stand.
Mit Kollegen von der Universität Granada hat Zakaluk die Wasserverteilung
aus dem Mecina untersucht, ein Fluss, der ein paar Täler weiter östlich vom
Naute, an dem Antonio Álvarez und Agustín Sánchez den Durchfluss regeln,
fließt. Das Bewässerungssystem am Mecina stammt ebenfalls aus der Zeit der
frühen nordafrikanischen Siedler, die ab dem 9. Jahrhundert die Hänge der
Sierra Nevada besiedelten.
Laut Zakaluks Messungen hat es das Wasser in den Jahren [2][extremer Dürre]
zwischen 2021 und 2023 gleichbleibend zwischen Fluss und den Rinnen und
Kanälen verteilt. Das geringere Schmelzwasser von damals haben die
Wasserwärter von Mecina so geschickt in die unterirdischen natürlichen
Wasserleiter eingespeist, dass in den Dörfern beständig Wasser aus den
Brunnen und Trinkwasserleitungen sprudelte.
## Gärtnern belebt die Wasseradern
Agustín Sánchez gehört zu den wenigen jungen Menschen, die nach einem
Studium zurück ins Dorf gekommen sind. 2020 hat er nach seiner Zeit an der
Universität Granada ein Jahr lang die Obst- und Gemüsegärten seines
Großvaters in Bubión bestellt, hat gelernt, wie er das Wasser lenkt und wie
er die Trockenmauern baut, die aus den steilen Hängen der Sierra Nevada
erst die fruchtbaren Felder und Gärten auf den Terrassen schaffen. Sein
Geld verdient er als Archäologe, aber auch damit, dass er für ökologisch
denkende Gartenbesitzer Natursteine zu Trockenmauern schichtet.
Den Missmut seiner Familie über seine Arbeit mit Hacke und Erde musste er
damals aushalten. Wo er doch studiert habe, könne er was Besseres aus
seinem Leben machen, sagten sie. Feldarbeit, überhaupt die Arbeit mit den
Händen, gilt in den bürgerlichen Familien der Alpujarras und anderen
ländlichen Regionen Andalusiens als minderwertig. Doch wenn die Töchter und
Söhne nach London, San Sebastián und München ziehen, um dort zu arbeiten,
betrauern die Eltern, dass sie Familie und Dorf verlassen haben.
Seit den 1960er Jahren ziehen die Männer und Frauen aus Bubión und den
anderen Dörfern der Alpujarras fort. Damals arbeiten sie als Maurer in
Barcelona, verdienen in einer Glasfabrik in Essen oder als Erntehelferin in
Frankreich ihr Geld. Manche kommen zurück, eröffnen einen Laden oder ein
Restaurant, kaufen einen kleinen Lkw oder ein Auto als Taxi. Manche bleiben
im Norden, vor allem in Barcelona, und verleben nur die Sommerferien in
ihrer Heimat. Wenn sie dann in Rente sind, kommen viele schon im Frühjahr,
um ihre Gärten in und um das Dorf herum zu bestellen. Sie erhalten damit
auch das für Mensch und Natur lebensnotwendige Bewässerungssystem.
Die Dörfer der Alpujarras und alle ländlichen Regionen jenseits der
Mittelmeerküste und der Großstädte wie Sevilla und Granada stehen
mittlerweile auf der Liste der v[3][on Entvölkerung bedrohten Gegenden
Spaniens]. Hunderten Dörfern droht laut spanischer Regierung 2025 das
Schicksal der despoblación, eine Art gesellschaftliche Krätze, die man
schwer wieder loswird.
## Spanien leert sich
Was despoblación bedeutet, zeigen die Landesteile im Norden Spaniens wie in
Kastilien-León oder Asturien. Vereinzelt leben noch Menschen in den
schweigenden Dörfern, aber so wenige, dass der staatliche Gesundheitsdienst
seine öffentliche Praxen schließt, die Post nicht mehr zugestellt wird,
Straßen und Stromleitungen verfallen. Schulen wurden lange vor der Diagnose
despoblado geschlossen. Mit Glück kommt zwei Mal in der Woche in die leeren
Dörfer ein Lebensmittelladen im Transporter, vielleicht drei Mal in der
Woche die Bäckerin mit frischem Brot und Kuchen aus einer entfernten
Kleinstadt.
„España vacía – das leere Spanien“ nennen die Einwohner dieses Phänome…
das mit dem demografischen Wandel wächst. Spanien gehört zu den am
stärksten überalterten Ländern. Auf jedes Kind kommen inzwischen mehr als
ein Rentnerpaar. Damit wieder mehr Junge aufs Land kommen, verspricht die
spanische Regierung ab 2025 jungen Familien Steuernachlässe von 400 Euro
für jedes Kind, wenn sie in die bedrohten andalusischen Dörfer wie Bubión
ziehen.
Bevor Sánchez zurückgekehrt ist, hat er noch einmal an einem europaweit
angelegten Forschungsprojekt an der Universität Genua in Italien
teilgenommen, das Menschen und Kulturen in verschiedenen Berglandschaften
am Mittelmeer erforscht. Eineinhalb Jahre lang hat er von dort aus die
Landwirtschaft seiner Heimat in den Alpujarras untersucht. Doch dann hat
er, mitten im Projekt, seine wissenschaftliche Karriere beendet. „Der Sinn
meines Lebens ist es, hier zu sein“, sagt Sánchez.
Er wohnt seitdem im Haus seines verstorbenen Großvaters am Kirchplatz von
Bubión. „Wo hat man als Historiker sonst schon die Chance, die Geschichte
selbst zu erhalten“, fragt Sánchez, der mittlerweile Besuchergruppen durch
die Terrassenlandwirtschaft führt. In Dokumenten aus dem 15. Jahrhundert
werde die Bewässerungsrinne am Rio Naute erwähnt, erzählt Sánchez. Mit
leichtem Gefälle haben die mittelalterlichen Siedler die Acequia durch das
halbtrockene hochalpine Gebirge gebaut, gerade ausreichend abfallend, dass
das Wasser noch heute bis in die kilometerweit entfernten Gräben, Rinnen,
Furchen rauscht und gelenkt von Menschenhand bis in die Ritzen der
Grundwasserleiter vordringt.
## Natürlicher Filter
Das ist die eigentliche Meisterleistung der Wasserlenker im 9., 10., 11.
Jahrhundert, die offensichtlich hervorragende mathematische und technische
Kenntnisse hatten und gleichermaßen mit der Natur gearbeitet haben. Sie
haben das Schmelzwasser aus dem Hochgebirge oberhalb der Flüsse durch die
Berge gelenkt und damit die natürlichen Trinkwasservorräte der Dörfer
ergänzt.
Denn die Dörfer liegen zu hoch über dem Fluss, als dass das darin
rauschende Wasser die Grundwasserkavernen auf Höhe der Siedlungen füllen
könnten. Dabei haben sie natürliche Lücken im Gestein genutzt, in die sie
das Wasser weit oberhalb der Flüsse und Dörfer gelenkt haben. Dort, mehrere
hundert Meter unterhalb, konnten sie es dann in Gehöften und Siedlungen
nutzen. Und noch einen Vorteil haben die natürlichen Trinkwasserleiter im
Gestein: Das Wasser bleibt keimfrei, sauber und kalt.
Einer der alten Gartenbauern aus Bubión im Poqueira-Tal hat Sánchez die
Erdlöcher oberhalb des Dorfes gezeigt, in die sie früher das Wasser
geleitet haben. Als wäre es von Natur aus in die Grundwasserleiter
geflossen, sprudelte das Wasser auf der Placeta del Sol, auf dem Kirchplatz
und aus dem Brunnen neben dem unteren Waschhaus aus den Messinghähnen.
Einige Dorfbewohner haben sogar einen eigenen Brunnen im Haus.
Auf der Placeta des Sol sprudelt seit der Corona-Pandemie nichts mehr, es
tropft nur noch aus einer Ritze neben dem Brunnen. Ein schmieriger
Algenteppich hat sich in dem dünnen Wasserfluss auf dem Dorfplatz gebildet.
Da niemand den Kirschgarten rund 150 Höhenmeter oberhalb des Dorfes
bewirtschaftet, fließt dort oben auch kein Wasser in das Loch neben dem
Walnussbaum. Der frühere Besitzer lebt nicht mehr, seine Erben wohnen nicht
im Dorf. Im Frühjahr hat Sánchez probiert, eine der Acequia-Abzweigungen
zum Kirschgarten wiederzubeleben, er hat Wasser zum Walnussbaum gelenkt und
im Erdloch versenkt. Drei Tage später lief das Wasser wieder aus den
Messingrohren.
## Schattiges Grünzeug und knatternde Libellen
Natur und Landschaft leben davon, dass das Wasser durch den sandig
steinigen Boden und die Erdwälle der Bewässerungskanäle versickert.
Laubfrösche quaken entlang der Acequias, türkisfarbene Libellen knattern
durch die Luft und finden offensichtlich ausreichend Wasser für die
Eiablage. Weiden, Eschen, Erlen und Buschrosen wachsen hier entlang der
Acequias, Pyrenäen-Eichen und hüttenbreite Esskastanien bilden Haine,
unzählige Kräuter und Blütenpflanzen schaffen artenreiche Wiesen. Die
Bäume, Büsche und das andere Grünzeug kühlen die Landschaft und beschatten
Häuser, Weiher, Wasserreservoire, was in der heißen Gegend schon immer
notwendig war.
In der Klimakrise sichern die Kastanienbäume, die Weiden und anderen
Laubbäume das Leben in einer von Natur aus trockenen Region. An den Hängen
der Sierra Nevada wachsen an die Trockenheit angepasste Steineichen,
Thymianbüsche, Wolfsmilch und das matorral, ein dornendurchsetztes Gewirr
aus brusthohen Disteln, Ginster, Wachholder, Espartogräsern.
Die Acequias mit dem Kilometerweit durch die Landschaft laufenden, immer
kalten Schmelzwasser aus der Sierra Nevada geben Antworten in der
Klimakrise, die bislang vor allem junge Leute wie Agustín Sánchez und die
letzten Alten in den Dörfern hören. Sie haben schon als Kinder gelernt, an
welchen Tagen das Wasser durch die Bewässerungsrinnen an den Feldern ihrer
Familie vorbeiläuft. Dann mussten sie Wehre öffnen und Furchen auf den
Feldern und in den Gärten ziehen, damit das Wasser zu Bohnen, Kartoffeln,
Kirschbäumen läuft.
Die mittlere Generation, die jetzt im Rathaus und im gesellschaftlichen
Gefüge zwischen Kirche und Kneipe das Sagen hat, hat Gummistiefel und
Schnürsandalen der Bauern mit den Sohlen aus Autoreifen gegen modernes
Schuhwerk getauscht. „Sie leben fern der Natur“, sagt Sánchez. Er ist einer
der wenigen jungen Männer, der in der Bewässerungsgemeinschaft der Dörfer
mitarbeitet. Ehrenamtlich, wie alle anderen. Aber immerhin kommen die
Männer und auch einige Frauen seiner Generation, wenn die Gemeinschaft
ruft. Alle Landbesitzer im Poqueira-Tal sind Mitglieder der
Bewässerungsgemeinschaft. Sie haben einerseits Anspruch auf Wasser aus den
Acequias, müssen sie aber auch pflegen, selbst wenn sie die Gärten nicht
mehr bestellen.
## Nach Gefühl und aus Erfahrung
„Ich bin durch und durch Optimist“, sagt Sánchez. Er glaubt, dass sie die
Bewässerung rund um die Dörfer erhalten können, auch wenn immer weniger
Menschen in den Alpujarras leben. Er und die anderen Wasserwärter müssen
regelmäßig die Acequias und die davon abzweigenden Rinnen freihalten,
Erdrutsche aus den Gräben schaufeln und die Seitenwände nachbessern. Bisher
hatten sie genug Schmelzwasser und konnten auch in trockenen Jahren das
Wasser aus der Sierra in die Dörfer lenken.
„A ojo“ sagt Agustín Sánchez, bis zu den Knien im Wasser der Acequia hoch
oben in der Sierra stehend. „Das machen wir mit Augenmaß“, sagt er und
hievt eine Eisenplatte an Seilen und Knüppeln höher, damit mehr Wasser
darunter durchfließen kann. Die Wassermenge nach Litern pro Sekunde zu
messen bringe nichts, sagt Sánchez, es komme nicht darauf an, wie viel
Liter hier und dort fließen, wichtig sei, dass das Wasser sich in der
Landschaft verteilt.
„Jueves“ brüllt Juan Peña heiser auf die Frage, wann das Wasser durch die
Rinne zu seinem Garten am unteren Ende von Bubión kommt. Donnerstags. Mit
gebeugtem Oberkörper und der Hacke in Händen steht Peña inmitten seiner
kniehohen Tomatensträucher und häufelt Erde so, dass das Wasser zu allen
Pflanzen gelangt, nachdem er das Wehr geöffnet hat.
Er ist über 80 Jahre alt und reist jedes Jahr Ende April von Barcelona an,
seine zwei kleinen braunen Hunde immer dabei, um seinen Garten unterhalb
des Sportplatzes von Bubión zu bestellen. Bis nach der Ernte im September
bleibt er, verschenkt manchmal Zucchini, Tomaten, Auberginen, Paprika an
die Frauen im Dorf, die er seit seiner Jugend kennt.
## Angepasste Samen
Als Bauer arbeitet niemand mehr, die Terrassen außerhalb der Dörfer sind
verfallen, die Felder verwildern und die Kirschbäume in den kleinen
Plantagen vertrocknen. Aber wer kann, bestellt einen Garten, schnürt Drähte
für die dicken Bohnen, setzt Kartoffeln, zieht Tomatensetzlinge aus den im
Vorjahr gewonnen Tomatensamen. „Die von hier, die haben Geschmack“, sagt
Pepe Montero, auch schon 80, der in seinem Garten mitten in Bubión von
Zwiebeln bis Wein alles anbaut. „Die halten das Klima aus“, sagt Montero.
Die seit ewigen Zeiten an die Berge angepassten Pflanzensamen gingen am
besten. Mit seinem Cousin Jesús oder mit Juan tauscht er gehütete
Pflanzensamen, wenn mal welche fehlen. „Die Gekauften“, sagt Montero und
verzieht das Gesicht, winkt ab, anstatt den Satz zu beenden. In den 1970ern
hat er mal drei Jahre in Deutschland gearbeitet, aber das war nichts für
ihn.
Heute ernährt er sich und seinen Bruder von den Gemüsen aus dem Garten.
Hühner haben sie noch, die Ziegen hat er verkauft. Die Kirsch- und
Walnussbäume auf den Terrassen am steilen Hang hat er aufgegeben. Doch die
Wälle der von Hand gegrabenen Bewässerungsrinnen sind noch immer zu
erkennen.
16 Jul 2025
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Ulrike Fokken
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