# taz.de -- Entscheidung der Mindestlohnkommission: Fast 15 Euro für alle | |
> Der Mindestlohn steigt schrittweise bis 2027 auf 14,60 Euro. Das hat die | |
> zuständige Kommission beschlossen. Die SPD-Wunschhöhe ist knapp verfehlt. | |
Bild: Das Gremium gibt seinen Beschluss zur Anpassung der Höhe des gesetzliche… | |
Berlin taz | Lang und breit wurde über die Erhöhung des gesetzlichen | |
Mindestlohns diskutiert – besonders die SPD wünschte sich [1][die Erhöhung | |
auf 15 Euro]. Die Mindestlohnkommission blieb nun darunter: Anfang 2026 | |
soll die Lohnuntergrenze auf 13,90 Euro brutto pro Stunde steigen, 2027 | |
dann auf 14,60 Euro. Damit werden schließlich fünf bis sechs Millionen | |
Beschäftigte bis zu 310 Euro monatlich mehr bekommen. | |
Die Lohnuntergrenze, die jetzt bei 12,82 Euro liegt, gilt mit wenigen | |
Ausnahmen für alle Arbeitnehmer:innen in Deutschland. Laut Gesetz wird | |
die Höhe durch die Kommission bestimmt, in der jeweils drei Mitglieder der | |
Gewerkschaften und Arbeitgeber sowie die unabhängige Vorsitzende Christiane | |
Schönefeld verhandeln. Manchmal grätscht aber auch die Politik rein – so | |
findet sich das Ziel [2][von 15 Euro im Koalitionsvertrag von Union und | |
SPD]. | |
Wenn diese Linie erreicht worden wäre, hätte es sich Parteichef und | |
[3][Vizekanzler Lars Klingbeil] beim [4][Parteitag der SPD an diesem | |
Wochenende] als Erfolg anrechnen können. SPD-Politiker Bernd Rützel | |
bezeichnete den Beschluss dennoch als „annehmbares Ergebnis in | |
wirtschaftlich angespannten Zeiten“. | |
„Sehr schwierige Gespräche“ in der Gemengelage räumte die Vorsitzende ein. | |
Nachdem man zwei Tage fast durchverhandelt habe, einigte man sich am | |
Freitagmorgen um 9.10 Uhr, sagte Stefan Körzell, einer der Vorstände des | |
Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Steffen Kampeter, Geschäftsführer der | |
Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA), beklagte „den erheblichen | |
medialen und politischen Druck“. | |
## Die Entscheidung in Zahlen | |
Zum 1. Januar 2026 steigt der Mindestlohn um 8,4 Prozent, Anfang 2027 um | |
weitere fünf Prozent. Insgesamt führt das zu einer Anhebung von knapp 14 | |
Prozent. Laut Stefan Körzell können Vollzeitarbeiter:innen ab | |
kommendem Jahr mit 190 Euro mehr Bruttolohn pro Monat rechnen, im Jahr | |
darauf insgesamt mit 310 Euro. Das Jahresplus summiere sich dann auf rund | |
3.700 Euro, erklärte Körzell. [5][Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas] (SPD) | |
kündigte an, das Ergebnis möglichst bald durch eine Rechtsverordnung | |
verbindlich zu machen. | |
Zusätzliche Ausnahmen vom Mindestlohn für alle beschloss die Kommission | |
nicht. Bauernpräsident Joachim Rukwied hatte verlangt, dass ausländische | |
[6][Saisonarbeiter:innen in der hiesigen Spargel-, Wein- und | |
Obsternte ein Fünftel weniger erhalten sollten.] Eine solche Regelung | |
erlaube das Gesetz aber nicht, argumentierte Kommissionsvorsitzende | |
Schönefeld. | |
Zum guten Teil habe die Kommission nun die „hohen Tarifabschlüsse“ der | |
vergangenen zwei Jahre nachvollzogen, sagte BDA-Geschäftsführer Kampeter. | |
Das Gremium muss sich unter anderem an der allgemeinen Lohnentwicklung | |
orientieren. Allerdings gibt es ein relativ neues, zusätzliches Kriterium, | |
das aus der EU-Gesetzgebung stammt: Demnach soll die Lohnuntergrenze bei 60 | |
Prozent der „mittleren“ Lohnhöhe liegen. Es „ist ein Erfolg für die | |
Gewerkschaften, den Referenzwert als neues Kriterium durchgesetzt“ zu | |
haben, sagte Malte Lübker von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. | |
## Wirtschaft warnt vor Stellenverlust | |
Heikel war die Entscheidung wegen der Stagnation, in der viele Unternehmen | |
momentan feststecken. Deshalb könnten sich nicht alle Firmen höhere | |
Mindestlöhne leisten, betonte Kampeter am Freitag. Er befürchtete, es werde | |
zu „Verlagerungen“ und Stellenverlusten kommen. Das sehen auch einige | |
Wirtschaftsverbände voraus, etwa der Einzelhandel oder das Taxigewerbe. | |
„Die Entwicklung dürfte zu einem schleichenden Verlust von einfachen Jobs | |
führen“, teilte das Institut der Deutschen Wirtschaft mit. | |
Gewerkschaftsvorstand Körzell argumentierte dagegen, Beschäftigte, die ihre | |
Stelle verlören, könnten in produktivere Unternehmen wechseln. Schließlich | |
herrsche ein verbreiteter Arbeitskräftemangel, und zahlreiche Firmen | |
suchten Leute, auch zu höheren Mindestlöhnen. Laut Marcel Fratzscher, dem | |
Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, könnte die | |
Untergrenze ruhig stärker angehoben werden als jetzt beschlossen. | |
27 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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