# taz.de -- Vor dem SPD-Parteitag: Jusos gegen Pläne von SPD-Verteidigungsmini… | |
> Die Jusos lehnen eine Wehrpflicht durch die Hintertür, wie sie Pistorius | |
> plant, ab. Dazu Mindestlohn, Nahost. Der SPD-Parteitag dürfte hitzig | |
> werden. | |
Bild: Die Jusos, auch der Vorsitzende Philipp Türmer, wollen ihren Antrag zur … | |
Berlin taz | Das Wochenende wird heiß für die SPD, und das ist nicht allein | |
dem Wetter geschuldet. Wenn sich die Sozialdemokraten von Freitag bis | |
Sonntag in Berlin zum Bundesparteitag treffen, dürfte es auch in den | |
Debatten hoch hergehen. Mindestlohn, Migration, Aufrüstung, Nahost – diese | |
Themen liegen ohnehin auf dem Tisch und werden von den bislang eher stillen | |
Genoss:innen wohl nun auch öffentlich kontrovers diskutiert. | |
Pünktlich zum Parteitag haben auch die Jusos Gesprächsbedarf angemeldet: | |
zur Wehrpflicht. Zwar sprechen sich auch die Jungsozialist:innen für | |
eine Stärkung der Bundeswehr aus, aber nicht durch Zwang. Eine | |
Verpflichtung von jungen Menschen zum Wehrdienst lehnen sie ab, genauso wie | |
einen Automatismus im Gesetz, [1][wie von SPD-Bundesverteidigungsminister | |
Boris Pistorius geplant.] In einem Initiativantrag für den Parteitag, der | |
der taz vorliegt, heißt es: „Im geplanten Wehrdienstgesetz muss daher über | |
Freiwilligkeit statt über Zwang gearbeitet werden.“ | |
Im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD darauf geeinigt, „einen | |
neuen attraktiven Wehrdienst“ zu schaffen, „der zunächst auf Freiwilligkeit | |
basiert“. SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte seine Pläne am | |
Sonntag in der ARD konkretisiert. Sein Gesetz solle Regelungen enthalten, | |
die dann greifen würden, wenn zu wenig Freiwillige Wehrdienst leisteten. | |
Das wollen die Jusos verhindern und ihren Antrag den 600 Delegierten zur | |
Abstimmung stellen. Würde der Parteitag mehrheitlich zustimmen, dann wäre | |
das nicht nur eine Schlappe für den SPD-Verteidigungsminister, sondern auch | |
für die Parteispitze. Dass es dazu kommt, ist ungewiss, es hängt wohl auch | |
davon ab, wann der Antrag diskutiert wird. Es ist nicht nur bei den | |
Sozialdemokraten gute Tradition, solche heiklen Tagesordnungspunkte in den | |
frühen Morgen- oder späten Abendstunden aufzusetzen. | |
## Linke Volkspartei? | |
Der Parteitag soll nach dem Willen von Cheforganisator Tim Klüssendorf „ein | |
Wendepunkt nach vorn“ werden. Die SPD, der noch die Bundestagswahl mit | |
einem Ergebnis von 16,4 Prozent in den Knochen steckt, wählt nicht nur die | |
gesamte Parteiführung neu, sondern [2][will sich in den kommenden Jahren | |
auch ein neues Grundsatzprogramm geben]. | |
Klüssendorf, der als designierter Generalsekretär ebenfalls zur Wahl steht, | |
sagte, es sei das Ziel, die SPD „konsequent zur Partei der Arbeit“ und zur | |
„linken Volkspartei“ zu machen. Dabei dürfe man sich nicht damit begnügen, | |
das Erreichte zu verteidigen. | |
Gleichzeitig will man aber auch das „historisch schlechte“ Wahlergebnis | |
aufarbeiten und „Kritik nicht nur abhaken, sondern nach Lösungen suchen“. | |
Wie genau die Partei sich die nötigen Debattenräume für | |
Vergangenheitsbewältigung und Zukunftsperspektiven schaffen will, ist noch | |
unklar. | |
## Wird der Mindestlohn zur Zerreißprobe? | |
Denn die zur Wahl stehende Doppelspitze, Bärbel Bas und Lars Klingbeil, | |
sind als Minister:innen an führender Stelle in der schwarz-roten | |
Koalition eingebunden und damit im ständigen Spagat zwischen | |
Koalitionsdisziplin und Parteiprofilierung. Klingbeil ist Finanzminister | |
und Vizekanzler, Bas leitet das für die SPD so wichtige Ministerium für | |
Arbeit und Soziales. | |
Dieses Spannungsverhältnis dürfte auch auf dem Parteitag sichtbar werden. | |
Nur wenige Stunden vor dessen Beginn will die Mindestlohnkommission am | |
Freitagmittag bekannt geben, wie hoch der Stundenlohn sein soll, den | |
Arbeitnehmer:innen künftig mindestens verdienen. [3][Die SPD hatte im | |
Wahlkampf 15 Euro versprochen.] Sollte die Kommission aus | |
Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen zu einer weit | |
niedrigeren Untergrenze kommen, dürfte das Bas und die SPD vor eine | |
politische Zerreißprobe stellen. | |
Auch die Haltung vieler Genoss:innen zum Stopp des Familiennachzugs kann | |
man bislang nur als knurrendes Schweigen werten. Gerade | |
Politiker:innen mit Fluchtgeschichte sind entsetzt, dass die | |
schwarz-rote Regierung Menschen, die in Deutschland Schutz vor Krieg und | |
Vertreibung gefunden haben, sogenannten [4][subsidiären Schutz nicht mehr | |
gestatten will.] Doch am Freitagmorgen wollen die Koalitionsparteien genau | |
das beschließen, auf Antrag der Linken sogar in namentlicher Abstimmung. | |
Über das von prominenten Ex-Funktionären und vielen älteren Mitgliedern | |
unterstützte Manifest der SPD-Friedenskreise, das einen anderen Umgang mit | |
Russland fordert, wird hingegen auf dem Parteitag nicht abgestimmt. Sowohl | |
die Verfasser um Ex-Fraktionschef Rolf Mützenich als auch die Parteispitze | |
verzichteten auf entsprechende Anträge. Also gilt weiterhin der Beschluss | |
des Parteitags vom Dezember 2023: „Solange sich in Russland nichts | |
fundamental ändert, wird die Sicherheit Europas vor Russland organisiert | |
werden müssen.“ | |
Ob diese Sicherheit mit oder ohne Wehrpflichtige verteidigt wird, dürfte | |
dann am Sonntag feststehen. Immerhin: Breite Zustimmung wird es wohl zum | |
Antrag des Parteivorstands geben, der sich dafür ausspricht, ein | |
AfD-Verbotsverfahren zu prüfen und vorzubereiten. Denn auf Demokratie und | |
Antifaschismus konnte man sich in der SPD immer einigen. | |
27 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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