| # taz.de -- Klimakonferenz in Bonn: Kein Durchbruch bei den Knackpunkten | |
| > Das Top-Thema bei den Verhandlungen: Geld. Das fehlt armen Ländern für | |
| > Klimaschutz. Derweil hat Deutschland seinen Entwicklungsetat weiter | |
| > gekürzt. | |
| Bild: Der Sitz des UN-Klimasekretariats in Bonn: Draußen 32 Grad, drinnen viel… | |
| Bonn taz | Fortschritte bei Klima-Anpassung und gerechtem Umbau der | |
| Wirtschaft, Stillstand bei Geld und Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen: | |
| Katastrophal ist die Bilanz der diesjährigen Bonner Klimakonferenz nicht, | |
| von nennenswerten Erfolgen will aber auch kaum jemand sprechen. Die fast | |
| zweiwöchigen Verhandlungen sind am Donnerstagabend zu Ende gegangen. | |
| In Bonn treffen sich die Klima-Diplomat*innen der Welt jedes Jahr, um die | |
| große Klimakonferenz des Herbstes vorzubereiten, die [1][dieses Jahr im | |
| brasilianischen Belém stattfindet]. Um konkrete Ergebnisse geht es dabei | |
| noch nicht, stattdessen sollen Konflikte und Möglichkeiten für Kompromisse | |
| deutlich genug werden, um sie innerhalb der zwei Wochen in Belém klären zu | |
| können. | |
| Dass auch die Verhandlungen in Bonn von enormer Tragweite sind, machte die | |
| Verhandlerin Toiata Apelu-Uili deutlich: „Die Erderhitzung unter 1,5 Grad | |
| zu halten ist für uns kein politisches Ziel, sondern eine Frage von Leben | |
| und Tod“, sagte die Samoanerin. Sie vertritt die Allianz kleiner | |
| Inselstaaten, von denen einige vom Meeresspiegelanstieg in ihrer Existenz | |
| bedroht sind. | |
| Die brasilianische Konferenzleitung ist zufrieden mit den Ergebnissen. | |
| Liliam Beatris Chagas de Moura, brasilianische Verhandlungsführerin, | |
| spricht von „sehr guten Ergebnissen“, sie verlasse Bonn „sehr | |
| optimistisch“: „Wir wissen genau, welche Streitfragen wir klären müssen.�… | |
| Vor dem Konferenzzentrum verteilten Tierschützer*innen kostenloses | |
| veganes Essen, gleich daneben verlas eine Gruppe von | |
| Palästina-Aktivist*innen die Namen von Opfern der israelischen Offensiven | |
| im Gazastreifen. „Die weltpolitischen Umstände waren schlecht zu Beginn der | |
| Konferenz und wurden nur schlechter“, sagte Ana Toni, Chef-Organisatorin | |
| der Klimakonferenz in Belém, in Anspielung auf die US-Bombenangriffe auf | |
| den Iran. „Aber das System der Klimadiplomatie hat gehalten“, betonte sie. | |
| ## Konferenz legte Fehlstart hin | |
| Die drückende Hitze tat ihr übriges, die Diplomat*innen an die vielen | |
| Krisen zu erinnern, in deren Schatten sie verhandeln. In den gut gekühlten | |
| Verhandlungssälen herrschte ohnehin Katerstimmung, berichten | |
| Teilnehmer*innen. Die Klimakonferenz im vergangenen Jahr war ohne ein | |
| festes Versprechen der Industrieländer zu Ende gegangen, die Staaten des | |
| Globalen Südens mit mehr Geld für Klimaschutz und -anpassung zu versorgen. | |
| Stattdessen wurde nur eine „Roadmap“ innerhalb des kommenden Jahres | |
| versprochen, [2][wie die vage versprochenen 1,3 Billionen für den Globalen | |
| Süden bis 2035 zusammenkommen sollen]. | |
| Bolivien und [3][andere Staaten des Globalen Südens] verzögerten deshalb | |
| den Start der Konferenz um einen Tag, indem sie kontroverse Vorschläge zu | |
| Finanzierung und Freihandel auf der Tagesordnung machten. „Die Farce von | |
| Baku hat Spuren hinterlassen“, formuliert es Shreeshan Venkatesh vom | |
| Climate Action Network, einem internationalen Dachverband von | |
| Klimaschutzorganisationen. | |
| „Geschäftig und frustrierend“ waren die darauffolgenden Tage, sagt Jan | |
| Kowalzig von der Entwicklungsorganisation Oxfam. Die Umsetzung der „Abkehr | |
| von den fossilen Brennstoffen“, die 2023 in Dubai beschlossen wurde, blieb | |
| offen. | |
| Hier zu einem Ergebnis zu kommen sei schwierig, weil die Industrieländer in | |
| der Vergangenheit viel versäumt hätten beim Klimaschutz, „jetzt wollen sich | |
| die großen Schwellenländer wie Indien, Südafrika und Indonesien nicht in | |
| ihre Entwicklung hineinreden lassen.“ | |
| Die Verhandlungen dazu, wie ein gerechter Umbau der Wirtschaft aussehen | |
| sollte, seien dagegen recht erfolgreich verlaufen, berichtet Anabella | |
| Rosemberg vom Climate Action Network der taz. | |
| Die Rechte von Arbeiter*innen, Indigenen und lokalen Gemeinschaften stehen | |
| im Entwurfstext, „aber es gibt noch Stellen, die für einige Länder rote | |
| Linien darstellen. Für die Verhandlungen in Belém ist das Potenzial aber | |
| groß“, sagte Rosemberg. In Baku sei der nun erzielte Kompromiss noch | |
| unmöglich gewesen. | |
| ## EU erschwerte Verhandlungen | |
| Mit gemischten Gefühlen gingen die Verhandler*innen aus den | |
| Diskussionen um die Klimaanpassung. Zwar konnten sie sich darauf einigen, | |
| was die Kriterien dafür sein sollen, wie der Stand der Anpassung überhaupt | |
| gemessen werden kann. Das ist kompliziert, weil die Erderhitzung so viele | |
| Bereiche des täglichen Lebens, der Wirtschaft und der Gesellschaft | |
| verändert. | |
| Aber auch hier gab es Streit ums Geld: Die ärmsten Länder fordern 120 | |
| Milliarden US-Dollar jährlich von den Industrieländern, um den Globalen | |
| Süden bei der Anpassung zu unterstützen. Ohne „Roadmap“ zu den 1,3 | |
| Billionen US-Dollar dürfte es zu keiner Einigung kommen. | |
| Die Konferenz litt auch unter den vielen fehlenden nationalen Klimazielen, | |
| die trotz Frist im Februar immer noch nicht eingereicht wurden. Offiziell | |
| werden sie auch in Belém nicht Teil der Verhandlungen sein. Aber die zu | |
| erwartende Lücke zwischen den Versprechen der Länder und dem, was für die | |
| 1,5-Grad-Grenze nötig wäre, wird über allen Gespräche hängen. | |
| Darüber hinaus arbeiten einige EU-Staaten mehr oder minder versteckt daran, | |
| den Vorschlag der EU-Kommission von 90 Prozent Emissionsreduktion gegenüber | |
| 1990 zu sabotieren. „Das war nicht hilfreich“, sagt Lorelei Limousin von | |
| Greenpeace. | |
| ## China draußen erfolgreich, drinnen zurückhaltend | |
| Während der Konferenz wurde zudem bekannt, dass die deutsche | |
| Bundesregierung die Entwicklungsgelder um weitere 900 Millionen Euro kürzen | |
| will. Damit wird es zunehmend unmöglich für Deutschland, seine bereits | |
| bestehenden Versprechen zur Finanzierung von Klimaschutz und -anpassung im | |
| Globalen Süden einzuhalten, kritisiert Oxfam-Experte Kowalzig. | |
| Der Platz der größten Wirtschaftsmacht der Welt blieb derweil leer: Die USA | |
| schickten zum ersten Mal seit über 30 Jahren keine Vertreter*innen zur | |
| Bonner Konferenz. Im Vorfeld gab es Hoffnung, der weltgrößte CO2-Emittent | |
| China würde die entstehende Lücke einnehmen. Doch dazu kam es nicht. | |
| „Die konservativen Positionen hier passen nicht zu den tatsächlichen | |
| Entwicklungen da draußen“, sagt Yao Zhe von Greenpeace Ostasien. Im Mai | |
| gingen in China Solaranlagen mit einer Kapazität von 93 Gigawatt ans Netz, | |
| doppelt so viel wie im April und 30 Gigawatt mehr, als in der EU im | |
| gesamten Jahr 2024 installiert wurden. „[4][Der Fortschritt vor Ort] lässt | |
| China auf der diplomatischen Ebene hoffentlich selbstbewusster auftreten“, | |
| wünscht sich Expertin Zhe. | |
| 27 Jun 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Vor-der-Klimakonferenz/!6091627 | |
| [2] /Finanzversprechen-auf-der-Klimakonferenz/!6048285 | |
| [3] https://en.wikipedia.org/wiki/Like-Minded_Developing_Countries | |
| [4] /Sinkende-CO2-Emissionen/!6088986 | |
| ## AUTOREN | |
| Jonas Waack | |
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