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# taz.de -- Musikalische Spurensuche in Lübeck: Persische Lieder, ein Zuhause …
> Künstlerin Elisaveta Braslavskaja ist der zweite Gast der neuen Reihe
> „Format O“ in Lübeck. Sie bringt persischen Funk, Pop und einen Klassiker
> mit.
Bild: Eng verwandter Nachfahr des persischen Santur: das europäische Hackbrett
Kunst ist ja meist nur vermeintlich stumm, sondern vom Künstler zur freien
Verfügung und Deutung gelegte Spur. Auch Ausstellungsräume sind längst
keine Heiligen Hallen ehrfürchtigen Schweigens mehr. Aber der Nimbus
bleibt, das Bedürfnis des Publikums nach Gespräch ebenso, und so öffnen
sich seit einigen Jahren so manche Museen für Partizipation und Austausch.
Beispiele wären der „[1][Zwischenraum“] des Hamburger „Museums am
Rothenbaum – Kulturen und Künste der Welt“ (MARKK), das seit sechs Jahren,
ergänzend zu den großen Ausstellungen im übrigen Haus, einen Raum für
kleine aktuelle Ausstellungen, für Diskussions- und Musikveranstaltungen
bietet, dazu das ganz besondere Vinyl-Archiv.
Die „[2][Overbeck Gesellschaft –] Kunstverein Lübeck“ ist zu klein und
beengt, um einen zusätzlichen Raum zu öffnen. Dennoch hat sich Direktorin
Paula Kommoss Anfang Juli entschieden, den Ausstellungsbetrieb durch eine
neue Reihe namens „Format O“ zu beleben Die Reihe lade ein, „gemeinsam zu
hören und zuzuhören“, erklärt Kommoss. Eine Fähigkeit, die – sowohl in
Bezug auf Debatten als auch auf Musik – neu einzuüben wichtig sei. „Wir
bieten einen Rahmen für das gemeinsame Erleben und Reflektieren von
Öffentlichkeit, unserer Gesellschaft und Musik“, sagt sie.
Durch Listening Sessions, Performances, Konzerte und
Gesprächsveranstaltungen solle „ein Raum des Austausches geschaffen werden,
in dem neues Wissen geteilt und generiert wird“. Man wolle in enger
Zusammenarbeit mit Künstler:innen, Musiker:innen, Akteur:innen und
Wissenschaftler:innen partizipative Räume des offenen Austauschs
schaffen – und das jeweils in der ausstellungsfreien Zeit, zwischen Ab- und
Aufbau gewissermaßen.
Erster Gast von „Format O“ war am 3. Juli die feministische Hamburger
Künstlerin und Musikerin [3][Cordula Ditz], die mit der Direktorin über
ihre künstlerische Entwicklung und Erinnerungskultur sprach. Zweite
Eingeladene wird am 10. Juli die an der Mainzer Kunsthochschule lehrende,
in Marburg geborene Elisaveta Braslavskaja sein mit einem sehr persönlichen
Sortiment persischer Musik, mit der sie aufgewachsen ist. Da wäre etwa die
– persische Lyrik mit Jazz und Pop verbindende – iranische Kult-Sängerin
[4][Googoosh], die in den 1960er- und 1970er-Jahren ein emanzipiertes Leben
verkörperte.
Ab 1979 verbot das Mullah-Regime Pop allgemein und speziell öffentliche
Auftritte von Frauen; für Gogoosh faktisch ein Berufsverbot. Seit ihrer
Ausreise 2000 nach Kalifornien tritt sie wieder auf und kämpft auch für die
Freiheit besonders von Frauen im Iran. Braslavskaja lernte Gogoosh durch
eine CD ihres Vaters kennen; Ausschnitte wird sie jetzt in Lübeck zu Gehör
bringen. Außerdem hat sie persischen Funk und Pop dabei – und schließlich
klassische persische Musik des 2020 verstorbenen Sängers Mohammad-Reza
Shajarian.
Mit all dieser Musik ist Braslavskaja aufgewachsen, um alle Stücke ranken
sich familiäre Erinnerungen. „Für mich bedeutet diese Musik Freude, in
gewisser Weise ein Zuhause, und das bis heute“, sagt sie. Auch den Klang
des Santur, eines mit Klöppeln bespielten Hackbretts, das die traditionelle
Musik Persiens und des Iraks prägte, wird sie an diesem Abend vorstellen.
Sie selbst beherrscht das Instrument nicht, „aber bei Familientreffen gab
es immer jemanden, der es dabei hatte und darauf spielte“, erzählt sie.
„Ich war von Anfang an begeistert, wie man mit so viel Leichtigkeit so
schöne Klänge erzeugen kann.“
Ein sehr persönliches musikalisches Erinnerungspanorama, wird sich so
entfalten, in Methode und Zugang analog zu Braslavskajas Kunst: Da bestickt
sie stark vergrößerte biographische Fotos mit Ornamenten, hebt das
Zweidimensionale also in haptisch Dreidimensionales und „aktualisiert“ die
Fotos, hebt sie ins Heute. Das Resultat, wie bei der mitgebrachten Musik:
eine neue, alle Zeitschichten verbindende Erzählung, vielleicht Identität.
7 Jul 2025
## LINKS
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[4] /Dokfilm-ueber-Irans-Musikikone-Googoosh/!6038108
## AUTOREN
Petra Schellen
## TAGS
Lübeck
Ausstellung
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Schwerpunkt Iran
Musik
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Musik
Dokumentarfilm
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