# taz.de -- Sichtbarkeit beim Disability Pride Month: Sei laut, sei sichtbar �… | |
> Wer nicht der Norm entspricht, soll sich wieder ducken: queer, fett, | |
> nicht christlich, behindert, migrantisch. Das kommt nicht infrage! | |
Bild: Lasst uns also laut und sichtbar unangepasst sein | |
Lebe so, dass Konservative rufen „Wir wollen das nicht sehen. Zeig dich | |
nicht, sei höchstens heimlich so!“ Widersetze dich der Forderung nach | |
Unauffälligkeit! Das muss zum Ende des [1][Pride Month] und kurz vor Beginn | |
des Disability Pride Month noch mal gesagt werden. | |
Es tut weh zu beobachten, wie offen und [2][aggressiv Menschen] dazu | |
aufgefordert werden, etwas zu verstecken, das ein wichtiger Teil ihrer | |
Identität, Persönlichkeit oder ihres Lebens ist. Forderungen nach | |
Unsichtbarkeit werden lauter, und das Gefährliche ist: auch erfolgreicher. | |
Inklusion und [3][Diversität werden] zurückgedrängt. Firmen stellen ihre | |
Diversitätsprogramme ein, queeren Jungendeinrichtungen und | |
Antidiskriminierungsstellen werden die Gelder gekürzt. | |
Als Norm behauptet werden nicht nur hetero und cis, sondern auch weiß, | |
able-bodied und christlich, und diese Vorgaben werden immer enger und | |
spießiger. Lange ging es in marginalisierten Gruppen und | |
identitätspolitischen Diskursen noch viel um Sichtbarkeit, Unsichtbarkeit | |
und Sichtbarmachung. Queeres Leben sollte sichtbar gemacht werden oder | |
afrodeutsche Geschichte und Gegenwart. | |
Dabei ging und geht es besonders um Repräsentation. Auch wenn | |
Repräsentation allein im Kampf gegen Unterdrückung nicht viel ändert: Es | |
ist gut, sie zu haben. Sie kam nicht einfach so. Sie wurde und wird | |
erkämpft! | |
Eine hart erkämpfte Errungenschaft zu verlieren, bedeutet trotz aller | |
anderen brennenden Themen einen Rückschritt. Und diesen bin ich nicht | |
bereit zu gehen. | |
## Schlagwort #skinnytok | |
Zumal die Bandbreite von dem, was aus der Öffentlichkeit verschwinden soll, | |
immer größer wird. Dazu gehören zum Beispiel dicke_fette Körper. Auch wenn | |
Tiktok das Schlagwort #skinnytok gesperrt hat, bleibt die Glorifizierung | |
von Dünnsein und die Abwertung von Körpern, die diesem Ideal nicht | |
entsprechen. Die Body-Positivity-Bewegung soll ungeschehen gemacht werden. | |
Dicke_fette Menschen sollen sich gefälligst schämen, unter weiten Roben | |
oder noch besser gleich zu Hause verstecken. | |
Mit absurden Behauptungen der Indoktrination sollen queere Personen und | |
Lebensentwürfe unsichtbar gemacht werden. Frauen sollen selbst kleinste | |
Abweichungen von Geschlechternorm und -erwartung nur im Dunkeln leben. Wer | |
als cis Frau offen und positiv über selbstgewählte Kinderfreiheit spricht, | |
bekommt schnell die Rückmeldung, dass diese Entscheidung „privat“ wäre und | |
nicht in die Öffentlichkeit gehört. | |
Wem eine „Mutterrolle“ zugeschrieben wird, darf das kurz anstrengend | |
finden, aber bitte nicht darüber reden. Dabei wurde das Sprechen über die | |
Struggles des Elternseins und besonders „der Mutterrolle an sich“ doch | |
gerade erst enttabuisiert und damit sichtbar gemacht. | |
Wegen der Angriffe auf Veranstaltungen, die für Vielfalt stehen, und | |
Einzelpersonen, die einfach nur in der Öffentlichkeit als jüdisch, | |
muslimisch oder trans zu erkennen sind, ist der Rückzug ins Private oder | |
das Verstecken der eigenen Identität eine nachvollziehbare Schutzreaktion. | |
Doch um es mit Audre Lorde zu sagen: Unser Schweigen hat uns noch nie | |
geschützt. Lasst uns also laut und sichtbar unangepasst sein und dabei auf | |
die vulnerabelsten von uns besonders Acht geben. | |
27 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Simone Dede Ayivi | |
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