# taz.de -- Kürzungen im Kulturbetrieb: Kunst ist für alle da, und alle brauc… | |
> Berlins Bürgermeister behauptet, Kassiererinnen würden nicht in die Oper | |
> gehen. Er baut damit eine mentale Barriere aus, an der auch Linke | |
> arbeiten. | |
Bild: „Staatsoper für alle“ am 22.06.2025 auf dem Bebelplatz in Berlin ist… | |
Die Verteidigung von Kunst und Kultur rückt auf meiner politischen | |
Dringlichkeitsliste immer weiter nach oben. Ich bin nicht nur gegen | |
[1][Kürzungen], sondern für einen Ausbau der Kulturlandschaft und | |
Aufstockung der Mittel. | |
Theater und Museen sind Orte, an denen Menschen zusammenkommen. An denen | |
gemeinsam gesehen und gefühlt, analysiert und diskutiert wird. Um Menschen | |
zusammen- und miteinander in Austausch zu bringen, braucht es reale | |
Begegnungsorte in der Stadt: Orte, die keine Shoppingcenter sind. Das | |
Internet verbindet uns wohl doch nicht. | |
Doch kaum geht es darum, dass Kultur-Orte auch finanziert werden müssen, | |
fällt der Vorwurf, die Kunst sei elitär und diese Einrichtungen, obwohl oft | |
mitten in der Stadt, seien gar nicht für alle da. Wenn man diesen | |
Elitarismus-Vorwurf oft genug wiederholt, wird er auch wahr. | |
Wer Theater, Opern und Museen immer wieder als Orte des Bildungsbürgertums | |
framed oder behauptet, Kunst sei nur etwas für Akademiker*innen, | |
signalisiert allen anderen, sie würden dort nicht hingehören. So werden | |
mentale Barrieren geschaffen, die davon abhalten, Kulturangebote | |
wahrzunehmen. | |
[2][Wenn Berlins Bürgermeister behauptet, Kassiererinnen würden eh nicht in | |
die Oper gehen], sagt er eigentlich, dass er sich nicht vorstellen kann, in | |
der Oper neben einer Kassiererin zu sitzen. Und als Ex-Senator Chiallo | |
darauf verwies, die Kultur würde immerhin von ganz normalen Leuten | |
finanziert, implizierte er damit nicht nur, dass Leute, die im | |
Kulturbereich arbeiten, keine normalen Leute sind. Er sagt auch, dass | |
normale Leute nichts von Kultur haben. Wer für die CDU noch als normal | |
gilt, ist schwer zu sagen. Klar ist aber: Kürzungen in der Kultur führen zu | |
einem weniger breiten Angebot und höheren Eintrittspreisen. Dadurch werden | |
Veranstaltungen tatsächlich elitärer. | |
## Viele wissen nichts von Sozialtickets oder den solidarischen | |
Preismodellen | |
Für Konservative ist es taktisch klug, immer wieder das | |
Elfenbeinturm-Argument anzuführen. Denn es ist anschlussfähiger, als zu | |
sagen: „Die Kunst ist uns zu antikapitalistisch, zu feministisch und | |
außerdem zu sinnstiftend und verbindend.“ Der Widerstand gegen die | |
Kürzungen wäre wesentlich breiter. Doch Zeug für reiche Bildungsbürgis zu | |
unterstützen, das finden auch Linke uncool. | |
In der Kultur wird mehr für Zugänglichkeit getan, als in vielen anderen | |
Bereichen. Im direkten Gespräch fällt mir auf, dass viele die | |
Eintrittspreise für Theater nicht nur generell zu hoch schätzen, sondern | |
auch nichts von Sozialtickets oder den solidarischen Preismodellen wissen. | |
Positive Veränderungen kommen nur langsam in der Öffentlichkeit an: Wer | |
lange ausgeschlossen wurde, braucht eine Weile, um eine Institution als Ort | |
wahrzunehmen, die man auch nutzen kann. | |
Es hat mich viel Arbeit gekostet, Menschen aus Schwarzen Communitys ins | |
Theater zu locken, nach den Rassismuserfahrungen, die viele bei früheren | |
Besuchen gemacht haben. Ich erlebe immer wieder, dass behinderte und | |
neurodivergente Personen gar nicht auf die Idee kommen, auf Theaterwebsites | |
nach Access-Informationen zu suchen, weil es sie so lange nicht gab. | |
Als Kulturschaffende sollten wir nicht nur laut widersprechen, wenn es | |
heißt, Kunst sei nicht für alle. Wir dürfen auch nicht auf dieses Narrativ | |
hereinfallen. Und wir müssen weiterhin Kunst für alle machen und auch | |
allen davon erzählen. | |
26 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Kuerzungen-bei-Berlins-Kultur/!6078995 | |
[2] /Kuerzungen-im-Kulturetat-von-Berlin/!6054590 | |
## AUTOREN | |
Simone Dede Ayivi | |
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