# taz.de -- Kompromisse in der Politik: Aufeinander zugehen heißt zu oft Recht… | |
> Es braucht parteiübergreifenden Antifaschismus und Kompromisse, um „die | |
> AfD zu verhindern“. Dafür müsste auch die CDU sich bewegen. | |
Bild: Kanzler Merz: Eine Mehrheit teilt das dringende Bedürfnis, nicht in eine… | |
Wir brauchen ein starkes, breites Bündnis gegen rechts. Wir brauchen einen | |
strömungs- und parteiübergreifenden Antifaschismus. Klar! Dafür müssen wir | |
aufeinander zugehen, Differenz aushalten, unterschiedliche Positionen | |
akzeptieren und auch bereit sein für Kompromisse. Oft müssen wir vom ein | |
oder anderen Standpunkt ein Stück abrücken und Befindlichkeiten hintan | |
stellen. | |
In Anbetracht der derzeitigen Lage halte ich es für angemessen, so | |
aufeinander zuzugehen. Aber wenn wir aufeinander zugehen, warum bewegt | |
sich dann alles nur in eine Richtung – nämlich in Richtung der CDU? | |
Aus Kompromissen, die es mal offensichtlich, mal auch nur angeblich | |
braucht, um „die [1][AfD] zu verhindern“, ist bisher nichts Progressives | |
entstanden. Das müsste es aber, wenn man „aufeinander zugeht“. Wenn sich | |
dabei allerdings alles nur einseitig verschiebt, dann nennt man das | |
Rechtsruck. | |
Eine Mehrheit teilt das dringende Bedürfnis, nicht in einem faschistischen | |
Staat leben zu wollen. Ich bin bereit, dafür einiges zu tun! Trotzdem muss | |
ich mich selbst dauernd fragen, wann ich kompromissbereit bin und wann | |
einfach nur inkonsequent. Wann schließe ich schweren Herzens einen | |
notwendigen Kompromiss? [2][Und wann werfe ich nicht nur meine Ideale über | |
Bord, sondern buchstäblich Menschen, indem ich Gelder für zivile | |
Seenotrettung streiche]? | |
„Ein breites Bündnis aufstellen“, das bedeutet seltsamerweise immer wieder, | |
dass Menschen sich misgendern lassen sollen und dass ich auf einer | |
Veranstaltung „gegen rechts“ sitze, auf der Leute freundlich lächelnd die | |
Farbe meiner Haut mit dem Milchgehalt ihres Kaffees abgleichen. Es bedeutet | |
nie, dass der schwarz-rote Berliner Senat „zähneknirschend und mit | |
Bauchschmerzen“ die Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen mit Tempo | |
vorantreibt. Immerhin haben sich die Berliner*innen in einem | |
Volksentscheid klar dafür ausgesprochen. Würde der Senat die Umsetzung | |
jetzt verschleppen, kann das zu Frustration und Politikverdrossenheit | |
führen. Und das nutzt der AfD. | |
Auf wessen Kosten gehen also diese Bündnisse? Welche Inhalte müssen dafür | |
weichen? Von wem wird Offenheit erwartet – und wer kann einfach so | |
weitermachen wie bisher? Mehr Menschen abholen und Bündnisse tatsächlich | |
stärken und erweitern, das kann man mit sozialer Politik und indem man | |
Protest inklusiv und barrierearm gestaltet. Indem man besonders diejenigen | |
schützt und verteidigt, die zuallererst unter rechter Hetze leiden. | |
Stattdessen wird der Familiennachzug ausgesetzt, und danach ist auch | |
noch das Internet voll mit Sozialdemokrat*innen, die uns von ihrem | |
„schweren Herzen“ erzählen und auf den Koalitionsvertrag verweisen. Wie | |
viele Menschen, die Schutz brauchen, werden geopfert, um diese Groko zu | |
schützen? | |
Warum heißt „Kompromisse finden“ und „Räume öffnen“: Ich muss neben | |
irgendeiner Ute sitzen, die mich mit Fragen zu „meiner Herkunft“ bedrängt? | |
Warum denkt Ute nicht: „Wir brauchen breite Bündnisse! Ich muss mich jetzt | |
mal mit Rassismus beschäftigen, um einladender gegenüber PoC zu sein“? | |
Wer von Mitte-links-Bündnis redet, muss sich auch aus der Mitte nach links | |
bewegen. Eigene Interessen in den Hintergrund stellen für das große Ganze | |
ist nichts, das nur von progressiv nach konservativ funktioniert. Wer sich | |
nicht nach links bewegt, spaltet. | |
11 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-AfD/!t5495296 | |
[2] /Einsparungen-im-Haushalt/!6096677 | |
## AUTOREN | |
Simone Dede Ayivi | |
## TAGS | |
Kolumne Diskurspogo | |
Schwerpunkt AfD | |
Schwarz-rote Koalition | |
Rechtsruck | |
Social-Auswahl | |
Kulturförderung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kürzungen im Kulturbetrieb: Kunst ist für alle da, und alle brauchen Kunst | |
Berlins Bürgermeister behauptet, Kassiererinnen würden nicht in die Oper | |
gehen. Er baut damit eine mentale Barriere aus, an der auch Linke arbeiten. |