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# taz.de -- Kampf gegen Lehrkräftemangel im Norden: Ihr Lehrerlein kommet
> Schleswig-Holstein stellt das vierte Maßnahmenpaket gegen
> Lehrkräftemangel vor. Der Quereinstieg soll leichter werden, das
> kritisiert die Gewerkschaft.
Bild: Um Lehrer:innen zu gewinnen, muss man sich was einfallen lassen, zum Beis…
Kiel taz | Bundesweit fehlen Lehrkräfte – wie viele und welche, ist
regional sehr unterschiedlich, ebenso wie die Maßnahmen der Länder dagegen.
In Schleswig-Holstein spitzt sich die Lage zu, weil 2026 die Zeit bis zum
Abitur um ein Jahr verlängert wird. Doch auch in Grund- und
Gemeinschaftsschulen auf dem Land herrscht Mangel. Das Bildungsministerium
will unter anderem [1][Studierende, die ursprünglich nicht in die Schulen
wollten, fürs Unterrichten gewinnen.] Die Opposition hält wenig von den
Plänen.
Kunst, Musik, Mathe und Informatik heißen die Problemfächer in
Schleswig-Holstein. Doch Bildungsministerin Dorit Stenke (CDU) sieht eine
Lösung: Ab dem kommenden Wintersemester bietet die Kieler Uni den
Quereinstiegsmaster an.
Damit können Studierende mit Bachelor-Abschluss in Mathe oder Informatik
ihr Fach in Kombination mit Pädagogik fortsetzen, auch wenn sie anfangs
nicht Lehramt studiert haben. Ähnliches gilt für Absolvent:innen der
Muthesius-Kunsthochschule. „Kunsterzieher brauchen wir sehr, und für die
Kinder ist es attraktiv, wenn da jemand mit künstlerischer Vorbildung
kommt“, sagte Stenke in Kiel.
Für ausländische Lehrkräfte solle der Einstieg einfacher werden. Gute
Erfahrungen gebe es bereits mit ukrainischen Lehrer:innen. Und wer ein Fach
studiere, das in der Grund- oder Gemeinschaftsschule gebraucht werde, dürfe
direkt in den Schuldienst einsteigen und sich parallel in Pädagogik
weiterbilden.
Bereits zum vierten Mal stellte die schwarz-grüne Landesregierung Ideen
gegen den [2][Lehrkräftemangel] vor. „Es gibt nicht die eine Maßnahme, mit
der wir den Bedarf decken können“, sagte Stenke, die das Amt von ihrer
Parteifreundin und heutigen Bundesbildungsministerin [3][Karin Prien] (CDU)
übernahm.
Stenke hatte als Staatssekretärin bereits an den früheren Initiativen
mitgearbeitet. Deren Erfolge seien gut, sagte sie: So seien die
Studierendenzahlen gestiegen, und über 90 Prozent der Absolvent:innen
würden in Schleswig-Holstein bleiben. „Das zeigt, dass wir an den Schulen
gute Arbeit machen und junge Leute begeistern“, freute sich Stenke.
Dennoch bleiben Stellen offen, besonders im Speckgürtel rund um Hamburg und
im strukturschwachen Kreis Dithmarschen. Das Land kann Lücken per Abordnung
stopfen, setzt aber auf Freiwilligkeit: Nachwuchslehrkräfte dürfen an ihren
Wunschort wechseln, wenn sie zuvor drei Jahre in einer Problemregion
gearbeitet haben. Wie viele Stellen insgesamt unbesetzt sind, konnte Stenke
nicht genau beziffern. Zu Beginn des laufenden Schuljahres sei es eine
„niedrige dreistellige Zahl“ gewesen.
Diese Unwissenheit sei „irritierend“, sagt Anne Riecke, Bildungsexpertin
der FDP-Landtagsfraktion. Insgesamt sei das vierte Paket zur
Lehrkräftegewinnung „enttäuschend“, denn es löse die strukturellen
Grundprobleme nicht, sondern setze auf „Kleinstmaßnahmen“.
## Gewerkschaft warnt vor gesenkten Anforderungen
Die Gewerkschaft GEW warnt davor, die Anforderungen zu senken: „Lehrkräfte
brauchen eine fundierte Ausbildung. Mit einer Lehrkraft-light ist niemandem
geholfen“, sagt die Co-Landesvorsitzende Kerstin Quellmann. Sie kritisiert
vor allem die Idee des Direkteinstiegs ohne pädagogische Vorkenntnisse.
„Inzwischen sind zwölf Prozent der Lehrer:innen an unseren Schulen gar
keine richtigen Lehrer, an den Grundschulen 17,3 Prozent“, sagt Martin
Habersaat (SPD) – das sei viel zu viel. Und obwohl die Regierung Unterricht
gestrichen und Gruppen vergrößert hat, würden viele Stunden ausfallen, in
denen die Jugendlichen frei arbeiten sollen, also sich selbst überlassen
blieben.
„Kosmetische Änderungen werden nichts verbessern, solange der
grundsätzliche Kurs der falsche bleibt“, sagt Habersaat. „Der Titanic hilft
kein neuer Anstrich, solange sie auf den Eisberg zusteuert.“
29 Jun 2025
## LINKS
[1] /Lehrkraeftemangel-an-deutschen-Schulen/!6028429
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[3] /Karin-Prien/!t6095097
## AUTOREN
Esther Geißlinger
## TAGS
Schleswig-Holstein
Schule
Lehrkräfte
Lehrkräftemangel
Bildung
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Arbeitsbedingungen
Brandenburg
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