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# taz.de -- Mobilität im Jahr 2125: Mit Fluxpods und Hoverlins zum Supermarkt
> Wenn der Bus mal wieder nicht kommt, hilft träumen von der Zukunft. Da
> gibt's zwar keine Flugtaxis, aber alle sind mobil.
Bild: Kann lange dauern: Warten auf Godot oder auf den Bus
An einem regnerischen Sonntag sitzen Felix und ich an einer Bushaltestelle
im Nirgendwo. Ein falsch gelesener Fahrplan, Schienenersatzverkehr und
Sonntag in der Provinz führen dazu, [1][dass sich dieses Wartehäuschen
anfühlt, wie das Ende der Welt.] Ich halte mein Handy vorsichtig bis kurz
vor den Regenvorhang, der vom löchrigen Dach herunterströmt, aber mehr als
einen Strich Empfang kriege ich nicht. „Hier gibt's auch kein Uber“, seufze
ich.
Felix stört die Warterei nicht. Für ihn als Zeitreisenden aus dem Jahr 2125
ist jeder Besuch bei uns ein Abenteuer.
„Bei dir zu Hause könnten wir sicher ein Flugtaxi bestellen, oder?“, frage
ich hoffnungsvoll.
„Natürlich nicht! Flugtaxis sind total ineffizient. Aber Fluxpods würden
schon kommen. Das sind elektrische Fahrplattformen, die sich zu mehreren
Einheiten zusammenschließen lassen und autonom fahren. Du kannst sie zu Fuß
benutzen, aber auch deinen Roller einpacken, Einkäufe mitnehmen oder dein
emotional support Pony.“
„Hm, aber keine Flugtaxis –schade.“
„Es gibt aber Hoverlins!“, versucht Felix mich aufzumuntern. „Die musst du
dir wie Ein-Personen-Zeppeline vorstellen, die wie ein Liegefahrrad mit
Pedalen oder wie ein Boot mit schwingenförmigen Luftrudern angetrieben
werden.“
„Klingt schon besser“, sage ich, „aber sind die nicht total langsam?“
„Die urbane Mobilität ist sowieso U30 km/h, [2][also auf Fuß- und
Radverkehr optimiert]. Das heißt, die Quartiere sind so geplant, dass alles
fußläufig erreichbar ist: Wohnen, Einkaufen, Bildung, Sport, Kultur.
Überall kommst du in fünf Minuten zu Fuß hin. Und wenn der Platz fehlt,
bauen wir in die Höhe. Vertikale Stadtzentren sind sehr beliebt. Da kannst
du entweder mit Zero-Grav-Aufzügen ultraschnell zwischen den Ebenen
wechseln oder zu Fuß laufen und Strom erzeugen.“
„Wie das?“
„In den Böden sind Trittplatten verbaut, die aus der kinetischen Energie
deiner Schritte Strom erzeugen. Am effizientesten ist das, wenn du eine
Treppe hinuntergehst. Aber auch wenn du nicht gut zu Fuß bist, ist das kein
Problem. Was ihr heute Barrierefreiheit nennt, ist bei uns ganz normal. Wir
haben auch ein taktiles Leitsystem im Boden, Audiounterstützung bei
Kreuzungen und leicht lesbare Verkehrszeichen. Außerdem gehören Service
Bots zum Angebot der Stadt – du hast vielleicht gedacht, in 100 Jahren
hätte jede Wohnung einen eigenen Haushaltsroboter – aber [3][das ist viel
zu energieintensiv.] Dafür hält unsere Stadt etwa ein Dutzend dieser
Service Bots bereit, die zur Stelle sind, wenn jemand Hilfe braucht. So
können die Menschen bis ins hohe Alter selbstbestimmt und mobil bleiben.“
„Würde der mich nach Hause tragen, wenn ich keine Lust mehr hätte an der
Bushaltestelle zu warten?“
„Das auch. Ich glaube aber, es wäre besser, dich gleich zum Furypoint zu
bringen.“
„Wohin?“
„Es läuft halt nicht immer alles super. Auch bei uns nicht. Deshalb kannst
du beim städtischen Furypoint deine Aggressionen rauslassen: an
Schaumstoffpuppen, VR-Avataren oder masochistischen Freiwilligen. Du kannst
deine Beschwerde auch bei besonders geschulten Wutmanagement-Beamten
loswerden, bei denen du nicht konstruktiv, noch nicht einmal freundlich
sein musst. Du kannst komplett eskalieren und alles anprangern, was du
scheiße findest. Fluchen ausdrücklich erlaubt! Wenn du fertig bist, stellen
die dir eine Beschwerdequittung aus, übertragen dein Anliegen in
kompliziertes Beamtendeutsch und leiten es an die zuständige Behörde
weiter.“
„Großartig. Kannst mich gleich anmelden! Der nächste Bus kommt nämlich erst
morgen früh!“
23 Jun 2025
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## AUTOREN
Theresa Hannig
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