# taz.de -- Karriere eines SPDlers: Stöß ist jetzt fast ganz oben | |
> Der frühere SPD-Landesvorsitzende Jan Stöß wird Staatssekretär in der | |
> Bundesregierung. 2014 wollte er Regierender Bürgermeister werden. | |
Bild: Beim SPD-Triell 2014 gegen Müller und Saleh scheiterte Jan Stöß (l.) n… | |
Berlin taz | Der eine Konkurrent gewann zwar damals, ist jetzt aber | |
ungewollt in Politik-Rente. Der andere ist immer noch Fraktionschef im | |
Abgeordnetenhaus und ringt mit jenen, die ihn nicht weiter kommen lassen | |
wollen. Und der Dritte von denen, [1][die sich 2014 SPD-intern darum | |
bewarben, Regierender Bürgermeister zu werden]? Der hat seit seiner | |
damaligen Niederlage einen vielfältigen Gang durch die Institutionen | |
unternommen und ist nun in der erweiterten Bundesregierung angekommen: Jan | |
Stöß, der frühere SPD-Landesvorsitzende, [2][wird Staatssekretär im | |
Verteidigungsministerium]. | |
Der Name des heute 51-Jährigen ist in der Berliner Landespolitik mit einem | |
in den vergangenen Jahrzehnten einmaligen abrupten Führungswechsel | |
verbunden: Stöß [3][löste 2012 den damaligen Landesvorsitzenden Michael | |
Müller ab,] nicht etwa, wie oftmals beschrieben, in einem „Putsch“, sondern | |
ganz regulär mit einer Mehrheit bei einem Landesparteitag. Zu groß war in | |
der SPD der Wunsch geworden nach mehr Abstand zwischen Parteispitze und dem | |
damals schon seit elf Jahren amtierenden und überregional zur Berliner | |
Ikone gewordenen Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit. | |
Nach diesem Erfolg schien Stöß auf dem Weg zu sein, auch Amtsnachfolger von | |
Wowereit zu werden. Dieser kündigte 2015 an, sein Amt mitten in der | |
Wahlperiode aufzugeben. Doch bei dem folgenden SPD-Mitgliederentscheid | |
sprach sich eine absolute Mehrheit schon im ersten Wahlgang für den wieder | |
erstarkten Müller aus. Eineinhalb Jahre später holte der sich auch den | |
Parteivorsitz zurück. | |
Stöß' Politikerkarriere schien damit beendet, nachdem auch eine Kandidatur | |
für das Abgeordnetenhaus scheiterte. Noch früher war er auch bei dem | |
Versuch unterlegen, Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg zu | |
werden, wo er SPD-Kreischef und kurzzeitig Stadtrat war. | |
## Zwei Jahre am Bundesverfassungsgericht | |
Wie in einem politischen Abklingbecken arbeitete Stöß, nach seinem Studium | |
gut zehn Jahre Verwaltungsrichter, bis 2019 einige Zeit auf allerhöchster | |
Ebene juristisch, als wissenschaftlicher Mitarbeiter am | |
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. | |
Es folgten Führungspositionen im Regierungsapparat von Berlin und Bremen, | |
bevor Stöß auf die Bundesebene zurückkehrte – wo er als Mitglied des | |
SPD-Parteivorstands schon einmal war: 2022 wurde er Abteilungsleiter im | |
Verteidigungsministerium. Dort lernte ihn offenbar [4][Boris Pistorius zu | |
schätzen, der wenig später dort Minister wurde]. Der beförderte ihn nun auf | |
eine neu eingerichtete dritte Stelle als Staatssekretär in seinem | |
Ministerium. | |
Michael Müller hingegen, der Mann, dem Stöß 2014 in der Wowereit-Nachfolge | |
unterlag, ist derzeit mit nur 60 Jahren unfreiwillig in Politik-Rente: Die | |
Berliner SPD sprach sich für jüngere und linker orientierte Köpfe aus, als | |
es vor der Bundestagswahl im Februar darum ging, wer über die Landesliste | |
der Partei sicher ins Parlament kommen würde. Müllers 2021 begonnene Zeit | |
im Bundestag endete somit schon nach dreieinhalb Jahren, weil er im Zuge | |
des SPD-Niedergangs knapp auch in seinem Wahlkreis | |
Charlottenburg-Wilmersdorf nicht erneut gewinnen konnte. | |
Und Raed Saleh, der 2014 mit nur 37 Jahren erstmals versuchte, Berlins | |
Regierungschef zu werden? Der ist, auch wenn er nicht mehr | |
Landesvorsitzender, mächtiger und einflussreicher denn je im | |
SPD-Landesverband. Für die Abgeordnetenhauswahl 2026 deutet viel darauf | |
hin, dass Saleh der SPD-Spitzenkandidat und Herausforderer von | |
CDU-Regierungschef Kai Wegner sein wird – wodurch die Sache zu einem Duell | |
zweier Spandauer würde. | |
## Parallele zu Saleh: Immer wieder aufgestanden | |
Das wollen nicht alle, weshalb bei den Sozialdemokraten auch schon mal vage | |
von einer „Lösung von außen“ zu hören ist. Die aber gilt zunehmend als | |
unwahrscheinlich. Denn die Berliner SPD könnte sich bei der | |
Kandidatensuche, wenn überhaupt, nur in der Resterampe jener Parteifreunde | |
bedienen, die es jüngst trotz überraschend vieler SPD-Ministerposten nicht | |
in die schwarz-rote Bundesregierung schafften. | |
Saleh hingegen hat nach dem Rückschlag des verlorenen Parteivorsitzes jene | |
Beständigkeit und Boxerqualitäten gezeigt, die sich auch im Werdegang | |
seines 2014er-Konkurrenten Stöß zeigen: Niederlage annehmen, wieder | |
aufstehen, sich schütteln – und dann weiter machen. Den einen hat das nun | |
immerhin in die zweite Reihe der Bundesregierung geführt. | |
5 Jun 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Der-neue-Berliner-Buergermeister/!5031383 | |
[2] https://www.bmvg.de/de/presse/personalveraenderungen-im-leitungsbereich-595… | |
[3] /SPD-waehlt-Landeschef/!5091947 | |
[4] /Pistorius-neuer-Verteidigungsminister/!5909666 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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