# taz.de -- Streit um Parteivorsitz: SPD auf dem Weg zum großen Finale | |
> Der Kreuzberger SPD-Vorsitzende Jan Stöß gilt zunehmend als | |
> chancenreicher Gegenkandidat von Landeschef Michael Müller beim | |
> SPD-Parteitag. | |
Bild: Er kommt ganz gut mit dem Regierenden klar: Noch SPD-Parteichef (und Sena… | |
War es das endlich? Machte Jan Stöß, der SPD-Chef von | |
Friedrichshain-Kreuzberg, nun seine Kandidatur für den Landesvorsitz | |
offiziell? Nein, auch seine jüngste Mail vom Dienstag enthielt keine | |
Kampfansage gegen den aktuellen Berliner SPD-Chef Michael Müller – sondern | |
eine Warnung vor Privatisierungen bei der Polizei. Dennoch ist der | |
Machtkampf bei den Sozialdemokraten in vollem Gange und steuert auf einen | |
großen Show-Down beim Parteitag am 9. Juni zu. Müller, langjähriger | |
Fraktionschef und seit November Stadtentwicklungssenator, hat längst klar | |
gemacht, dass er wieder antreten will. Nicht nur SPD-Linke plädieren aber | |
für eine Trennung von Regierungsamt und Parteivorsitz. | |
„Da gibt es noch nichts Neues“, sagte Stöß auf taz-Anfrage. Dabei haben | |
sich in den vergangenen Tagen gleich zwei Dinge zu seinen Gunsten bewegt: | |
Zum einen wurde er mit überwältigender Mehrheit von 93,2 Prozent als | |
SPD-Kreischef wieder gewählt. Stöß kann das als klare Unterstützung für | |
seine kritische Haltung gegenüber Müller und seine seit Monaten diskutierte | |
mögliche Kandidatur verbuchen: Vor zwei Jahren stimmten nur rund 70 Prozent | |
für ihn. | |
Zum anderen hat Vize-Landeschef Mark Rackles, Stöß‘ Vorgänger als Sprecher | |
der Linken in der Berliner SPD, Müller den Rückzug als Parteivorsitzender | |
nahe gelegt. Das kam überraschend: Rackles schien als Staatssekretär in der | |
Bildungsverwaltung in die Regierungsmannschaft eingebunden. Es hielt ihn | |
dennoch nicht ab, seinen Regierungskollegen zu kritisieren. | |
## Kein Zugzwang | |
Stöß sieht sich trotz dieser Unterstützung nicht unter Zugzwang. „Wenn ich | |
als Kreisvorsitzender abgewählt worden wäre, hätte das nicht sicher nicht | |
die Chancen erhöht, als Landesvorsitzender gewählt zu werden. Die | |
umgekehrte Kausalität gibt es nicht“, sagte Stöß, der von 2010 bis 2011 | |
Stadtrat war und Richter ist. | |
Drei Dinge sind es vor allem, bei denen die Meinungen in Senat, Fraktion | |
und Partei auseinander gehen: Die S-Bahn und ihre geplante Ausschreibung, | |
die Debatte um den Mindestlohn bei Beschäftigungsmaßnahmen und seit kurzem | |
das Thema Privatisierung bei der Polizei – Innensenator Frank Henkel (CDU) | |
denkt daran, Objektschutz privaten Firmen zu übertragen. | |
So müssen sich der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und sein | |
langjähriger Vertrauter Müller gleich an zwei Fronten mit Parteifreunden | |
auseinandersetzen: Mit Stöß in der Partei und mit Müllers Nachfolger als | |
Fraktionschef, Raed Saleh. Eines der meistgenannten Argumente für Stöß | |
lautet: Er wäre als Parteichef unabhängiger und würde nicht vieles sofort | |
durch die Regierungsbrille betrachten. Das lässt sich für Müller zumindest | |
formal nicht sagen: Seit seiner ersten Wahl zum Parteichef 2004 saß Müller | |
als Fraktionschef oder Regierungsmitglied mit am Senatstisch. | |
Wie Stöß wurde auch Fraktionschef Saleh am Wochenende als Kreisvorsitzender | |
wieder gewählt. Der Parteitag seiner mehrheitlich links einzuordnenden | |
Spandauer SPD bastelte sich dabei in interessanter Weise einen neuen | |
Landesvorstand zurecht: Er nominierte nicht nur eigene Leute für die engere | |
Parteispitze, sondern auch führende Vertreter der Parteirechten. So soll | |
nicht nur die Spandauerin Ulrike Sommer in die neue SPD-Führung, sondern | |
auch der Neuköllner Kreischef Fritz Felgentreu, führender Kopf der | |
Parteirechten, und die amtierende Vize-Landesvorsitzende Iris Spranger aus | |
Marzahn-Hellersdorf. | |
27 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
Stefan Alberti | |
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SPD Berlin | |
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