# taz.de -- SPD-Vorsitz: Hinter dem Rücken des Chefs | |
> Farbeier, nächtlicher Klingelterror, geklaute Notebooks: Michael Müller, | |
> Landesvorsitzender der SPD, hat mit dem Liebesentzug seiner Partei zu | |
> kämpfen. | |
Bild: Vor dem Einbruch: Michael Müller in seinem Arbeitszimmer. | |
In der Berliner SPD wächst die Sorge vor einer innerparteilichen | |
Eskalation. Am Dienstag bestätigte der SPD-Landeschef und | |
Stadtentwicklungssenator Michael Müller einen Zeitungsbericht, demzufolge | |
er seit zwei Wochen im privaten Umfeld attackiert werde. „Es gab Farbeier | |
und nächtliche Klingelstreiche“, sagte Müllers Sprecherin Daniela | |
Augenstein der taz. | |
Darüber hinaus wurden in der Nacht zum Donnerstag in der Chefetage der | |
Senatsverwaltung – im 14. Stock in der Württembergischen Straße 6 – die | |
Notebooks der Sprecherin und von Müllers Büroleiter Andreas Schwager | |
gestohlen. „Die zeitliche Nähe kann kein Zufall sein“, heißt es aus der | |
Partei. | |
Die Polizei hat bislang noch keine Hinweise auf mögliche Täter beim | |
nächtlichen Einbruch. Sie verwies aber darauf, dass es weder | |
Einbruchsspuren noch Vandalismusschäden gegeben habe. Kamen der oder die | |
Täter also aus der SPD-geführten Verwaltung? Unter der Hand ist zu hören, | |
dass es die Täter weniger auf Interna aus der Behörde als vielmehr auf | |
Strategiepapiere Müllers abgesehen haben könnten. Denn der SPD-Landeschef | |
muss auf dem Parteitag am 9. Juni um seine Wiederwahl bangen. | |
Eigentlich kennt man Farbeier eher aus der linksradikalen Szene. Doch es | |
ist der erbitterte Kampf um den Landesvorsitz, der viele Sozialdemokraten | |
daran zweifeln lässt, dass Müller ins Visier von Autonomen geraten sein | |
könnte. „Die Flügel der Partei bekämpfen sich wie lange nicht mehr“, sagt | |
ein Sozialdemokrat und fügt hinzu: „Ich mache mir ernsthafte Sorgen um die | |
Existenz der SPD.“ Wie berichtet trägt sich der Kreischef aus | |
Friedrichshain-Kreuzberg, Jan Stöß, mit dem Gedanken, im Juni gegen Müller | |
anzutreten. Öffentlich erklärt hat sich Stöß, der auch Sprecher der Linken | |
in der Berliner SPD ist, dazu noch nicht. | |
Brisanz gewinnt die Personalfrage durch eine neue Allianz zwischen der | |
Parteilinken und den im „Aufbruch“ organisierten SPD-Rechten. Ein solches | |
Bündnis hat bereits dem Linken Raed Saleh zur Nachfolge Müllers als | |
SPD-Fraktionschef verholfen. Nun könnten Linke und Rechte gemeinsam am | |
Stuhl von Müller als Landeschef sägen. „Da geht es nicht mehr um das Wohl | |
der Partei, sondern nur noch um persönliche Karrieren“, moniert eine | |
Sozialdemokratin. | |
So ist es in der SPD ein offenes Geheimnis, dass der langjährige Sprecher | |
der Rechten, Fritz Felgentreu, in den Bundestag möchte. Offenbar hat die | |
Linke bereits Unterstützung zugesichert, wenn die Rechte ihrerseits einen | |
Gegenkandidaten von Müller als Landeschef unterstützt. | |
Bislang hat sich lediglich der Kreisverband Charlottenburg-Wilmersdorf | |
eindeutig auf die Seite Müllers gestellt. Wenn die neuen Kreisvorstände | |
gewählt sind, werden auch in Steglitz-Zehlendorf und Treptow-Köpenick | |
Mehrheiten für den Landeschef erwartet. Umkämpft sind dagegen Pankow und | |
Tempelhof-Schöneberg. Die linken Verbände Spandau und | |
Friedrichshain-Kreuzberg werden gegen Müller stimmen – wenn sich denn Jan | |
Stöß zur Gegenkandidatur entschließt. | |
Bis es so weit ist, wird Ende April noch einmal der alte Landesvorstand | |
zusammenkommen. Sollte es bis dahin eng für Müller werden, könnte der alte | |
einen Mitgliederentscheid einleiten, heißt es. | |
10 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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