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# taz.de -- Forderung von Anti-Atom-Verbänden: Merz soll Atomhandel mit Russla…
> Umwelt- und Anti-Atom-Verbände fordern ein Ende der Verarbeitung von
> russischem Uran im emsländischen Lingen. Anlass sind aktuelle
> Atomtransporte.
Bild: Die Zusammenarbeit von russischer und französischer Atomindustrie in Lin…
Hamburg taz | Zwei russische Frachter sind seit einigen Tagen in Ost- und
Nordsee unterwegs. Die „Mikhail Dudin“ ist am Mittwoch im französischen
Dunkerque angekommen. Die „Baltiyskiy 202“ soll ihren Zielhafen Rotterdam
am Pfingstsonntag erreichen. Sie transportieren nicht irgendwas: Die
Frachter bringen Uran aus St. Petersburg nach Westeuropa.
Anlässlich dieser Schiffstransporte haben diverse Umweltverbände und
Anti-Atomkraft-Organisationen in einer gemeinsamen Pressemitteilung am
Mittwoch Bundeskanzler Friedrich Merz dazu aufgefordert, die Atomgeschäfte
mit dem Kreml zu beenden.
Trotz des Ukrainekriegs importiert Deutschland weiterhin Uran aus Russland.
Im vergangenen Jahr waren es fast 70 Tonnen – das entspricht einem Anstieg
um 66 Prozent. Das geht aus Daten des niedersächsischen Umweltministeriums
hervor, die dem Spiegel vorliegen.
„Die EU hat seit Beginn des Ukrainekriegs umfassende Sanktionen
beschlossen und umgesetzt, aber Uran war immer ausgeschlossen“, erklärt
Angelika Claußen. Sie ist Co-Vorsitzende der Internationalen Ärzt*innen
für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW). „Das liegt daran, dass die EU
abhängig von russischen Brennelementen ist, also von dem Uran, das direkt
geliefert wird.“
## Direkte Mitfinanzierung des Kriegs
Mit Abhängigkeit meint Claußen, dass europäische Kernkraftwerke auf die
Verbrennung russischen Urans angewiesen sind. Das müsse man beenden. Auch
zum eigenen Schutz: „Russland sucht verschiedene Wege, die europäische
Wirtschaft zu zerstören, wenn es dafür Möglichkeiten gibt“, sagt Claußen.
Doch nicht nur die europäische Abhängigkeit von Russland ist für die
Verbände problematisch. Auch finanziere Westeuropa durch den Atomhandel mit
Russland den Angriffskrieg auf die Ukraine direkt mit: „Präsident Putin
kann seinen brutalen Krieg gegen die Ukraine auch deshalb fortsetzen, weil
er aus seinen Atomgeschäften mit Westeuropa etliche Millionen Euro
überwiesen bekommt“, sagt Alexander Vent von den
„Atomkraftgegner:innen im Emsland“.
Er hat deshalb hohe Erwartungen an den Bundeskanzler: „[1][Merz hat
schärfere Sanktionen gefordert], und auch, dass man mehr Waffen an die
Ukraine liefern soll“, sagt Vent. „Waffen liefern ist eine Hilfe, aber es
hilft auch, Russland nicht noch mehr Geld zu geben.“
Statt die Abhängigkeit von Russland zu reduzieren, wird in der
Brennelementefabrik im niedersächsischen Lingen gerade eine engere
Zusammenarbeit mit dem Kreml geplant. Das französische Unternehmen
Framatome stellt hier Brennelemente her – bisher vor allem für den
westeuropäischen Markt. Jetzt will es mit Rosatom, dem Atomkonzern des
Kreml, zusammenarbeiten – ein „atomares Joint Venture“, wie es in der
Pressemitteilung der Atomkraftgegner:innen heißt.
„Atomkraftwerke in Osteuropa nutzen russisches Uran“, erklärt Vent. In der
Fabrik in Lingen will Framatome jetzt Brennelemente herstellen, die auch
für Kraftwerke in Osteuropa passen. „So sollen sie sich von Russland lösen,
weil sie deutsch hergestellte Brennelemente nutzen können“, so Vent. Dafür
sind jedoch russische Maschinen und Know-how nötig. Und das will sich
Framatome aus Russland einkaufen.
Ob diese Zusammenarbeit genehmigt wird, ist noch nicht entschieden. „Das
wird gerade diskutiert und zwischen dem niedersächsischen und
Bundesumweltministerium hin- und hergeschoben. Aber die Entscheidung dazu
wird bald erwartet“, so Vent.
## Unklare Route durch die Ostsee
Gegen Framatomes Vorhaben waren 11.000 Einwendungen eingegangen, nachdem
die niedersächsische Landesregierung die Unterlagen zur Planung öffentlich
machte. Diese Bedenken habe auch eine dreitägige Anhörung im November
vergangenen Jahres nicht beseitigen können, sagt Claußen: „Es fehlt an
Sicherheitsvorkehrungen. Framatome will russische Technologie abkaufen und
lässt damit Spionage zu.“
Welche Route die „Baltiyskiy 202“ nach Rotterdam nehmen wird, ist noch
unklar. Online-Services prognostizieren anhand von Daten, die automatische
Identifizierungssysteme von Schiffen in Echtzeit übertragen, eine Route.
Diese ist bei dem [2][russischen Atomfrachter] in den vergangenen Tagen
immer wieder zwischen dem Nord-Ostsee-Kanal (NOK) und der Umfahrung
Dänemarks durch das Skagerrak gewechselt.
Das zuständige Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Nord-Ostsee-Kanal
schreibt auf taz-Anfrage dazu: „Ob ‚Baltiyskiy 202‘ durch den NOK fährt,
ist derzeit noch unklar – eine Anmeldung liegt bisher nicht vor. Am 20. Mai
hat die EU das 17. Sanktionspaket gegen Russland verabschiedet. Das Verbot
für die im Sanktionspaket gelisteten Schiffe, Häfen und Schleusen in der EU
anzulaufen, bezieht sich auch auf die Schleusen des NOK. Für Fahrzeuge, die
nicht gelistet sind, besteht keine rechtliche Grundlage für ein Verbot. Sie
dürfen den NOK passieren.“
Auf beiden Routen fährt die „Baltiyskiy 202“ auf der Ostsee in der Nähe v…
Rostock entlang. Rostock ist dieses Jahr der Ausgangspunkt für die „Baltic
Operations“ (Baltops). Seit einigen Tagen üben vor allem Seestreitkräfte
der Nato in der Ostsee für den Ernstfall.
Auf die Frage, ob von dem Transport selbst auch Gefahren ausgehen,
antwortet Vent: „Über die Sicherheit vom Zustand der Schiffe und dem
Transport des Gefahrenguts kann ich nichts sagen. Aber die Schiffe machen
möglicherweise auch andere Dinge, als nur die Güter zu transportieren.“
Damit spielt er auf einen Vorfall an, den auch die Pressemitteilung der
Umwelt- und Anti-Atom-Verbände thematisiert: Die „Baltiyskiy 202“ ist laut
der Webseite [3][vesselfinder.com] im Oktober 2024 von ihrer Route
abgewichen, über dem Unterseekabel zwischen Lettland und Schweden gekreist
und erst nach der Annäherung eines Nato-Schiffs auf ihren Kurs
zurückgekehrt. Drei Monate später sei dieses Kabel Ziel eines Sabotageakts
geworden, heißt es in der Pressemitteilung.
5 Jun 2025
## LINKS
[1] /Neue-EU-Sanktionen-gegen-Russland/!6085950
[2] /Urantransporte-nach-Lingen-genehmigt/!5960186
[3] https://player.vesselfinder.com/dc033e8d851fda5b238077c279e5fae6
## AUTOREN
Louisa Eck
## TAGS
Brennelementefabrik
Atomtransport
Lingen
Uran
Russland
Lingen
Rosatom
Schwerpunkt Atomkraft
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