# taz.de -- Geplanter Einstieg in Atomfabrik Lingen: Schwere Vorwürfe gegen Ro… | |
> Die russische Firma Rosatom will in die niedersächsische | |
> Brennelementefabrik einsteigen. Doch die Rolle des Konzerns im | |
> Ukrainekrieg ist umstritten. | |
Bild: Da will Russland mitmischen: Blick auf ein Zugangstor vom Werk der Framat… | |
Göttingen taz | Im niedersächsischen [1][Lingen] hat diese Woche der | |
atomrechtliche Erörterungstermin zum umstrittenen Ausbau der örtlichen | |
Brennelemente-Fabrik und zum Einstieg des russischen Staatskonzerns Rosatom | |
stattgefunden. Die Verhandlung in den Lingener Emslandhallen dauerte von | |
Mittwoch bis Freitag. | |
Advanced Nuclear Fuels (ANF), Betreiber der Fabrik und Tochter des | |
französischen Atomkonzerns Framatome, will künftig auch Brennstäbe für | |
Atomreaktoren russischer oder sowjetischer Bauart herstellen und hat dafür | |
eine Zusammenarbeit mit Rosatom vereinbart. Vor allem wegen | |
Sicherheitsbedenken hatten rund 11.000 Menschen Einwände gegen das Vorhaben | |
erhoben, darüber wurde bei dem Erörterungstermin diskutiert. | |
Bei der Verhandlung ging es unter anderem um Sicherheitsaspekte und die | |
Gefahr von Sabotage und Spionage durch Rosatom. Ein Einwender verlangte den | |
Abbruch des Verfahrens, weil Deutschland doch längst den Atomausstieg | |
beschlossen habe, von dem die Lingener Fabrik allerdings ausgenommen ist. | |
Andere fragten, ob es denn stimme, dass bereits russische Experten in | |
Lingen bei Vorbereitungsarbeiten mit Beschäftigten von ANF | |
zusammengearbeitet haben. Der ANF-Vertreter Jürgen Krämer räumte ein, es | |
seien im April bereits russische Experten in Lingen gewesen, um ihre | |
deutschen Kollegen an den neuen Maschinen anzulernen. | |
Der ehemalige technische Leiter des ukrainischen Atomkraftwerks | |
Saporischschja, Oleg Dudar, warnte in einem schriftlichen Statement vor | |
einer Zusammenarbeit mit Rosatom. Er beschrieb, wie sich Rosatom an der | |
militärischen Eroberung und Besetzung des AKW beteiligt hat. Demnach hat | |
Rosatom unter anderem dabei mitgeholfen, das Kraftwerk zu verminen und | |
AKW-Mitarbeiter zu foltern. Das Unternehmen hatte eine frühere Bitte der | |
taz um Stellungnahme zu diesen Vorwürfen unbeantwortet gelassen. | |
## Gefahren durch Sabotage? | |
Dudar unterstrich, dass Rosatom elementare Sicherheitsregeln missachte, in | |
Saporischschja drohe ein Unfall schlimmer als Fukushima: „Durch sein | |
Handeln hat Rosatom Europa und die Welt an den Rand einer nuklearen | |
Katastrophe gebracht.“ Oleg Dudar war bis März 2023 technischer Leiter des | |
AKW Saporischschja. Er lebt aktuell in Deutschland im Exil. | |
Am Freitag legte die Anti-Atom-Organisation.ausgestrahlt in einem Papier | |
nahe, dass Rosatom in Lingen gefertigte Brennelemente unbemerkt mit | |
Sprengstoff präparieren könne. Der Recherche zufolge könnten in einem | |
einzelnen Brennstab beispielsweise bis zu 30 Gramm des Sprengstoffs | |
Nitropenta untergebracht werden. Nitropenta, bekannt durch die | |
Pager-Attacken im Libanon, würde ohne weitere Zündvorrichtung beim Einsatz | |
im AKW explodieren. | |
Framatome-ANF habe bei der Erörterung eingeräumt, dass der Betreiber nicht | |
nur sämtliche für die Fertigung der Brennelemente nötigen nicht-nuklearen | |
Komponenten von Rosatom beziehen wolle, sagte Bettina Ackermann | |
von.ausgestrahlt. Rosatom werde sogar fertig verschweißte und befüllte | |
Brennstäbe zuliefern, die in Lingen dann nur noch montiert würden. Für den | |
Kreml-Konzern sei es „ein Leichtes, diese Stäbe oder andere Komponenten mit | |
Sprengstoff zu präparieren“. Auch bei Eingangskontrollen in den AKW würden | |
solche Manipulationen nicht entdeckt. | |
Das niedersächsische Umweltministerium will zunächst die Ergebnisse des | |
Erörterungstermins auswerten und dann über den Antrag von Framatome-ANF | |
entscheiden. Letztlich hat hier aber der Bund das Sagen, er ist in | |
Atomfragen weisungsberechtigt. | |
22 Nov 2024 | |
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Reimar Paul | |
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