# taz.de -- Reformidee zum Bundeshaushalt: Schade für Banken, gut für die Dem… | |
> Der Bundeshaushalt ist zu kompliziert. Dabei könnte er von Zinsen befreit | |
> und viel einfacher gestaltet werden, meint unser Kolumnist. | |
Bild: Lars Klingbeil (SPD): Braucht der Finanzminister Geld, besorgt er sich da… | |
Rund 35 Milliarden Euro gibt der Bund dieses Jahr für Zinsen aus. Dieses | |
Geld fließt an jene, die deutsche Staatsanleihen halten, also an Banken, | |
Versicherungen, Zentralbanken und einige reiche Privatanleger. Diese 35 | |
Milliarden an Zinsen fehlen an anderer Stelle im Haushalt. Was könnte man | |
nicht alles damit machen: mehr Kindergeld auszahlen, das Elterngeld | |
erhöhen, mehr E-Autos fördern, die Stromsteuer senken, die Mehrwertsteuer | |
auf Grundnahrungsmittel streichen, und, und, und! | |
Aber ginge das wirklich? Könnte man den Bundeshaushalt nicht von Zinskosten | |
befreien, um mehr Geld für andere Dinge zu haben? | |
Bisher läuft es so: Der Finanzminister, zur Zeit Lars Klingbeil von der | |
SPD, hat ein Konto bei der Bundesbank (das ist der deutsche Ableger der | |
Europäischen Zentralbank). Um es aufzufüllen, kann er Steuern einziehen | |
oder Anleihen verkaufen. Sind die Ausgaben höher als sein Guthaben auf dem | |
Konto, darf er es überziehen – aber nur für einen Tag. | |
Verkauft also der Finanzminister Anleihen, dann bietet er sie einer | |
ausgewählten Gruppe von rund 35 Geschäftsbanken an, die in einer Auktion um | |
die neue Anleihe wettbieten. Die höchstbietende Bank gewinnt und bezahlt | |
mit dem Guthaben ihres Kontos bei der Europäischen Zentralbank. Und woher | |
kommt dieses Guthaben? Das erzeugt die Zentralbank einfach auf Knopfdruck | |
am Computer. | |
## Risikolose Gewinne für Geschäftsbanken | |
Kurz gesagt: Braucht der Finanzminister Geld, besorgt er sich das frisch | |
gedruckt von der Zentralbank – über den Umweg der Geschäftsbanken. Warum | |
aber dieser Umweg? Warum darf der Finanzminister die Anleihen nicht direkt | |
an die Zentralbank verkaufen? Oder könnten wir das mit den Anleihen auch | |
einfach sein lassen und direkt ein Konto bei der Zentralbank überziehen, | |
wenn das Geld doch ohnehin auf Knopfdruck erzeugt wird? | |
Hinter dem Umweg steckt die Idee, dass profitorientierte Banken die Staaten | |
kontrollieren sollen. Indem Banken höhere Zinsen auf die Anleihen verlangen | |
oder gar keine Anleihen mehr kaufen, sollen sie den Finanzminister | |
disziplinieren. | |
Zumal profitieren die Banken von den Anleihen, weil sie mit ihnen gutes | |
Geld verdienen, alle anderen Anleger freuen sich über risikoarme | |
Sparanlagen. Für die Zentralbank steckt darin auch ein Steuerungselement, | |
sie kauft und verkauft Anleihen, [1][um damit die Zinsen so zu lenken,] wie | |
sie es für ihre Finanzpolitik braucht. | |
Fraglich, wie demokratisch so ein Modell ist, in dem private Banken eine | |
solche Macht über eine gewählte Regierung haben und das den Banken | |
obendrein noch risikolose Gewinne ermöglicht. Dieser Umweg, der Regierung | |
Geld zu beschaffen, ist derart kompliziert. Ein Großteil der Wähler könnte | |
nicht erklären, woher das Geld wirklich kommt, [2][wenn der Staat neue | |
Schulden macht]. | |
## Je verständlicher, desto demokratischer | |
Aber es gibt eine einfachere und günstigere Alternative: Der Finanzminister | |
müsste einfach sein Konto bei der Zentralbank für immer überziehen dürfen �… | |
nicht nur für einen Tag. Ebenso dürfte er keine Anleihen mehr verkaufen. | |
Hätte man das schon immer so gemacht, stünde das Konto des Finanzministers | |
heute rund 2,5 Billionen Euro im Minus – so hoch, wie gerade der deutsche | |
Staat verschuldet ist. | |
Hätte der Staat dieses Geld ohne Umwege bei der Zentralbank erzeugen | |
lassen, wären das aber 2,5 Billionen Euro, auf die keine Zinsen für Banken | |
oder Versicherungen angefallen wären – und die [3][niemandem zurückgezahlt | |
werden müssten]. Schade für Banken und Anleger, gut für die Demokratie! | |
15 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Maurice Höfgen | |
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