| # taz.de -- Strafen für spanische Universitäten: Ein Hauch von Trump | |
| > Den Madrider Unis drohen bei Protesten auf dem Campus drakonische | |
| > Strafen. Ein geplantes Gesetz sieht Bußgelder von bis zu einer Million | |
| > Euro vor. | |
| Bild: Proteste am Jahrestag des 7. Oktober auf dem Campus der Autonomen Univers… | |
| Madrid taz | Madrids Regionalpräsidentin Isabel Díaz Ayuso [1][lernt von | |
| US-Präsident Donald Trump]. „Die Hochschulen sind Orte der Wissenschaft und | |
| nicht der Ideologie“, lautet das Motto, das Ayuso immer wieder verkündet. | |
| Die Politikerin der rechten Partido Popular (PP) in der Hauptstadtregion | |
| hat deshalb ein neues regionales Universitätsgesetz ausarbeiten lassen, das | |
| nicht nur Privatunis fördert und den sechs öffentlichen Hochschulen der | |
| Region die Mittel zusammenstreicht, sondern auch die politischen Freiheiten | |
| auf dem Campus sowie die Autonomie der Universitäten erheblich einschränken | |
| soll. Bildung ist in Spanien, ähnlich wie in Deutschland, Regionensache. | |
| Der Entwurf, der Ende Mai auf der Transparenzplattform der | |
| Regionalverwaltung im Internet veröffentlicht wurde, führt auf sechs Seiten | |
| leichte, schwere und sehr schwere Verstöße gegen den ordnungsgemäßen | |
| Universitätsbetrieb sowie die jeweiligen Strafen auf. Es geht dabei vor | |
| allem um Proteste jedweder Form. | |
| So sieht das Gesetz Geldstrafen zwischen 15.000 und 100.000 Euro für | |
| „schwere Verstöße“ vor. Dazu gehören „nicht genehmigte Demonstrationen… | |
| die freie und friedliche Durchführung sehr wohl ordnungsgemäß genehmigter | |
| oder angekündigter Demonstrationen auf dem Campus behindern“, oder „die | |
| Genehmigung der Besetzung von Campusflächen oder der Behinderung des | |
| Zugangs oder der Nutzung von Universitätseinrichtungen“. | |
| Der Gesetzentwurf sieht außerdem Geldstrafen zwischen 300 und 15.000 Euro | |
| für weniger schwere Verstöße vor, etwa das „unerlaubte Anbringen oder | |
| Entfernen von Bannern oder Symbolen“. | |
| ## Ein Dutzend Fälle aufgelistet | |
| Die von Studierenden immer wieder aufgehängten Transparente und Plakate mit | |
| allerlei akademischen oder politischen Forderungen wären damit ebenso | |
| strafbar wie die [2][Protestcamps gegen den israelischen Feldzug in Gaza] | |
| vergangenes Jahr oder Sitzstreiks auf dem Campus. Schuldig machen sich laut | |
| Gesetzesentwurf nicht nur die Teilnehmer der Proteste, sondern vor allem | |
| die Universitätsverwaltung, wenn sie nicht einschreitet. | |
| Die Strafen können in „besonders schweren Fällen“ sogar bis zu eine Milli… | |
| Euro betragen. Der Text listet ein Dutzend Fälle auf, die als schwere | |
| Verstöße gelten. Darunter etwa die „Nichtgewährleistung von Pluralität und | |
| Freiheit auf dem Campus, insbesondere der Meinungs- und akademischen | |
| Freiheit, durch Handeln oder Unterlassen“. | |
| Das gilt etwa, wenn Protestierende Veranstaltungen verhindern. So geschehen | |
| etwa Anfang des Jahres an der größten spanischen Universität Complutense in | |
| Madrid, als dort ein EU-Abgeordneter der rechtsextremen Vox reden wollte. | |
| Auch [3][Regionalpräsidentin Ayuso selbst] wurde immer wieder von | |
| Protestierenden empfangen. Vor zwei Jahren etwa an der Fakultät für | |
| Journalismus, an der sie einst selbst studierte. Solche Proteste gelten | |
| künftig als „Form von Zensur, Diskriminierung oder Verfolgung aufgrund von | |
| Geburt, Nationalität, Rasse, Geschlecht, Religion, Alter, Meinung“. | |
| Zudem soll die Universitätsleitung das Hausrecht und damit die | |
| Unabhängigkeit weitgehend verlieren. Die Polizei hingegen soll jederzeit | |
| Zugang zum Campus haben. Dies zu verweigern, gilt dann als „Behinderung des | |
| legitimen Handelns staatlicher Sicherheitskräfte und -korps auf dem | |
| Universitätsgelände“. | |
| ## Rektoren pochen auf Hochschulautonomie | |
| Bis Ende des Jahres soll das neue Gesetz in Kraft treten. Madrid hätte | |
| damit das mit Abstand restriktivste Hochschulgesetz in Spanien. Dozenten | |
| und Studierende haben bereits Proteste ankündigt. Ob die Madrider | |
| Rektorenkonferenz juristisch gegen das Gesetz vergehen wird, ist noch | |
| unklar. | |
| In einem Treffen diese Woche mit Vertretern des regionalen | |
| Bildungsministeriums haben die sechs Unirektoren auf eine Mitsprache bei | |
| dem geplanten Gesetz gepocht – und auf die verfassungsrechtlich garantierte | |
| Hochschulautonomie verwiesen. | |
| Die Unis halten den Einmischungsversuch von Regionalpräsidentin Ayuso für | |
| verfassungswidrig. „Ich befürchte, dass damit versucht wird, das kritische | |
| Denken der Universität einzuschränken“, sagte etwa Julio González, | |
| Professor für Verwaltungsrecht an der Universität Complutense und seit acht | |
| Jahren Generalsekretär der Universität, in der größten spanischen | |
| Tageszeitung El País. Das Gesetz schränke ganz klar zwei Grundrechte ein: | |
| die Meinungsfreiheit und das der politischen Kritik. Es sei damit „ein | |
| Gesetz, das gegen alle Prinzipien verstößt“. | |
| Trotz der Kritik hält das regionale Bildungsministerium an den geplanten | |
| Maßnahmen fest: „Sie verstoßen nicht gegen die Unabhängigkeit der | |
| Universitäten und die Lehrfreiheit, sondern sie gewährleisten sie sogar“, | |
| heißt es in einem Kommuniqué, herausgegeben, nachdem El País überregional | |
| mit dem universitären Bußgeldkatalog aus Madrid aufmachte. Die Strafen | |
| seien „ein Werkzeug für die Universitäten“, um ebendiese „Unabhängigke… | |
| und die Grundrechte zu verteidigen“. | |
| 18 Jun 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Reiner Wandler | |
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