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# taz.de -- Berliner Schutzeinrichtung: Nachspiel einer Frauenhaus-Durchsuchung
> Die Verwaltung prüft das Vorgehen von Beamt*innen in einer
> Schutzeinrichtung Ende April. Generell müssen diese die Polizei aber
> reinlassen.
Bild: Innenraum in einem Frauenhaus: Die Polizei darf grundsätzlich rein – m…
BERLIN taz | Eine Schutzeinrichtung wie ein Frauenhaus muss grundsätzlich
dulden, dass die Polizei sie mit einem richterlichen Beschluss durchsucht –
auch wenn die betroffene Person oder dortige Mitarbeiter*innen die
Durchsuchung „nicht verhältnismäßig“ finden. Dies bekräftigt die
Innenverwaltung in ihrer Antwort auf eine schriftliche Anfrage von Bahar
Haghanipour (Grüne). Der Anlass der Nachfrage war, dass sechs
Polizist*innen Ende April frühmorgens mit Durchsuchungsbeschluss in
Räume eines Frauenhauses eingedrungen waren. [1][Einer Bewohnerin war
Betrug vorgeworfen worden], es soll demnach um 2.500 Euro gegangen sein.
Das Frauenhaus hatte nach der Durchsuchung eine Dienstaufsichtsbeschwerde
eingelegt – und im Rahmen dieser Beschwerde überprüft der Senat nun „das
individuelle Verhalten der Einsatzkräfte vor Ort“ sowie „die allgemeinen
Regelungen zum Verwaltungshandeln“. Außerdem sollen die Berliner Initiative
gegen Gewalt an Frauen BIG e. V. und die Polizei sich über den Vorfall
austauschen, „um die grundsätzliche Zusammenarbeit in vergleichbaren
Situationen zu besprechen“.
Spezielle Dienstanweisungen zu Durchsuchungen in Frauenhäusern bestehen
laut Innenverwaltung nicht. Die Einsatzkräfte der Polizei Berlin seien aber
grundsätzlich gehalten, bei ihren Maßnahmen „die besondere
Schutzbedürftigkeit verschiedener Personengruppen zu berücksichtigen“,
heißt es in der Antwort. Auch sei es unzulässig, eine Durchsuchung über die
bezeichneten Räume hinaus auszuweiten. „Bei Räumen, die – wie etwa ein
Frauenhaus – von mehreren Personen genutzt werden, ist eine genaue
Abgrenzung erforderlich“, bekräftigt die Verwaltung.
Doch hier haben Polizist*innen Ende April [2][möglicherweise
Zuständigkeiten überschritten]: Als die Polizei kam, war in der
Schutzeinrichtung deren Angaben zufolge nur eine studentische Hilfskraft
anwesend. Diese habe die Polizei gebeten, mit der Durchsuchung bis zum
Eintreffen der Leiterin zu warten, da sie selbst gar nicht Einsicht in die
Akten der Bewohner*innen habe. Laut Darstellung des Frauenhauses hatten
die Beamt*innen daraufhin versucht, sich mit dem Fuß in der Tür Zutritt
zu verschaffen und auch damit gedroht, das ganze Haus zu durchsuchen.
## Verhalten unverhältnismäßig
„Das Verhalten der Beamt*innen bei der Hausdurchsuchung im Frauenhaus –
Fuß in die Eingangstür stellen, mit der Durchsuchung des gesamten Hauses
drohen – war unverhältnismäßig“, kritisiert Haghanipour. Sie ist
gleichstellungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion im Abgeordnetenhaus.
„Frauen im Frauenhaus sind maximal verletzlich“, sagte sie. „Die
Einsatzkräfte der Polizei Berlin müssen die besondere Schutzbedürftigkeit
verschiedener Personengruppen berücksichtigen.“
Das Frauenhaus hatte den Einsatz im Nachgang kritisiert und den
Beamt*innen vorgeworfen, die Sicherheit der Bewohner*innen aufs
Spiel gesetzt zu haben – noch dazu wegen „einer Lappalie“. Außerdem seien
die Beamt*innen nicht „anfrageberechtigt“ gewesen – also nicht Teil der
Gruppe von 77 Polizist*innen, die den Frauenhäusern namentlich bekannt
sind. Mit dieser Liste soll vermieden werden, dass Anrufer*innen sich
Schutzeinrichtungen gegenüber als Polizist*innen ausgeben, um an Infos
zu gelangen.
Haghanipour begrüßt, dass die Senatsverwaltung den Vorgang nun untersucht.
„Wir erwarten eine umfassende Aufklärung und Konsequenzen, damit sich ein
solcher Vorgang nicht wiederholt“, sagte sie. Frauenschutz sei nicht
verhandelbar – wegen eines Betrugsfalls von 2.500 Euro so vorzugehen, das
„ist wie mit Kanonen auf Spatzen zu schießen“, kritisierte die Politikerin.
„Auch Einsatzkräfte der Polizei dürfen nur in bestimmten Fällen
Frauenhäuser betreten“, bekräftigt auch ihre Parteikollegin und Sprecherin
für Rechtspolitik, Petra Vandrey. „Wir fordern einen sensiblen Umgang mit
Frauenhäusern“, sagte sie. Frauen, die Gewalt erlebt haben, dürften nicht
retraumatisiert werden.
17 Jun 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Uta Schleiermacher
## TAGS
Opferschutz
Frauenhaus
Polizei
Hausdurchsuchung
Beschwerde
Razzia
Frauenhaus
Frauenhaus
Polizei Berlin
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