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# taz.de -- Ökonom über Regierungspläne: „Eine weitere Runde im Steuersenk…
> „Wirtschaftsweiser“ Truger begrüßt, dass die Koalition Abschreibungen a…
> Investitionen erweitert. Bei der Körperschaftsteuer ist er anderer
> Meinung.
Bild: Nicht nur die Roboter, auch die E-Autos sollen steuerlich gefördert werd…
taz: Herr Truger, Unternehmen sollen bald weniger Steuern auf ihre Gewinne
zahlen. Das hat die Regierung am Mittwoch beschlossen, ab Donnerstag berät
der Bundestag. Hilft das, um aus der Stagnation herauszukommen?
Achim Truger: Die Regierung will sofort die Investitionen von Firmen
mittels Abschreibungen finanziell fördern. Das sollte wirken. Bei der
geplanten Senkung der Unternehmensteuer ab 2028 bin ich skeptischer.
taz: Unternehmen können schon bald einen größeren Teil ihrer Investitionen
von der Gewinnsteuer absetzen. Der Staat nimmt ihnen einen guten Teil der
Kosten neuer Anlagen ab. Werden viele Betriebe auf dieses Angebot eingehen
– angesichts der fragilen Lage der Weltwirtschaft?
Truger: Die Erfahrungen mit den Abschreibungen waren in der Vergangenheit
günstig. Für die positive Wirkung spricht auch, dass sich die hiesige
Konjunktur jetzt aufzuhellen scheint. Die [1][Wirtschaftspolitik Donald
Trumps] in den USA verschreckt viele Unternehmen. Dadurch werden
Investitionen in Deutschland neuerdings wieder attraktiver. Wobei ich aber
ein Problem sehe: Die Investitionsförderung wird massiv Geld kosten, vor
allem auch die Kommunen, die sowieso unter hohen Defiziten leiden. Diese
kürzen deshalb schon jetzt ihre Leistungen für die Bevölkerung und ihre
Investitionen zusammen. Das ist nicht nur schlecht für die Kommunen,
sondern könnte den Wachstumseffekt der Steuersenkungen erheblich schmälern.
taz: Haben die Kommunen künftig nicht auch größere Spielräume? Sie erhalten
doch einen guten Teil ihrer Mittel über die Bundesländer, die sich bald
zusätzlich verschulden dürfen.
Truger: Bei der Mehrheit der Länder sind die Lücken ebenfalls groß. Diese
können sie mit den zusätzlichen Krediten stopfen. Für mehr wird es aber
kaum reichen. Unter dem Strich wird das Finanzpaket der Bundesregierung bei
Ländern und Gemeinden nicht die expansive Wirkung entfalten, die gut wäre.
taz: Welche Lösung hätten Sie anzubieten?
Truger: Der Bund müsste die Einnahmeausfälle der Kommunen vorübergehend
kompensieren.
taz: Ab 2028 soll auch der Satz der Körperschaftsteuer für Unternehmen
schrittweise sinken, von 15 auf 10 Prozent. Die jahrzehntelange Tendenz,
Firmen, Aktionäre und hohe Einkommen zu entlasten, setzt sich damit fort.
Muss das sein?
Truger: Nein. Die Wirtschaftslobby war laut und bekommt nun wieder, was sie
möchte. 2001 und 2008 wurden die Steuern auf Unternehmensgewinne bereits
deutlich reduziert. Jetzt erleben wir eine weitere Runde im
Steuersenkungsspiel. Mit weniger Steuern werden sich die Herausforderungen
nicht bewältigen lassen. Und diese Politik hat eine verteilungspolitische
Schieflage. Man kann doch bei den aktuellen Herausforderungen der
„Zeitenwende“ nicht ständig das „Wir“ beschwören, und dann Aktionäre…
Unternehmer an der Spitze der Einkommens- und Vermögensverteilung
entlasten, während die Belastungen von den Menschen in unteren
Einkommensregionen getragen werden. Was ist das denn für ein Verständnis
von „wir“?
taz: Was halten Sie von der Begründung, Deutschland müsse die Steuern für
Unternehmen verringern, weil etwa die USA, Großbritannien und Frankreich
schon vorgelegt hätten?
Truger: Ja, so spielt man die Staaten gegeneinander aus. Die
Wachstumswirkungen niedriger Firmensteuern werden oft überschätzt.
taz: Eine großzügige Förderung sollen Firmen bald auch erhalten, wenn sie
neue elektrische Fahrzeuge anschaffen – Lastwagen, Transporter, aber auch
Limousinen. Wieso legt die Regierung nicht ein Programm auf, das auch
Privathaushalte beim Umstieg auf [2][E-Mobilität] unterstützt?
Truger: Das könnte man tun. Die Kaufprämie für Elektroautos, die bis Ende
2023 alle in Anspruch nehmen konnten, hat ja gewirkt – bis sie ganz
plötzlich der Konsolidierungswut des ehemaligen FDP-Finanzministers
Christian Lindner zum Opfer fiel. Aber das würde erheblich teurer als die
Steuerabschreibung für E-Fahrzeuge in Unternehmen.
taz: Gehen Sie davon aus, dass die Koalition Steuerentlastungen für untere
und mittlere Einkommen in die Wege leitet?
Truger: Zunächst will sie wohl die Strompreise senken, indem sie
Milliardenbeträge aus dem Bundeshaushalt dazuschießt. Das käme besonders
Haushalten mit niedrigen Einkommen zugute. Im Übrigen soll die
Einkommensteuer für untere und mittlere Verdienste sinken, das steht aber
unter Finanzierungsvorbehalt. Man sollte es daher austarieren und die
Belastung für hohe Einkommen gleichzeitig etwas anheben.
4 Jun 2025
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## AUTOREN
Hannes Koch
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Steuern
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