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# taz.de -- Macherinnen über Immergut Indie-Festival: „Dinge ausprobieren is…
> Das Immergut Festival in Neustrelitz feiert sein 25-jähriges Jubiläum.
> Seine zwei Macherinnen sprechen über Konzerte nach Corona und Indie trotz
> AfD.
Bild: Es megalässig angehen: bei einem Konzert von FM Belfast beim Immergut Fe…
taz: Glückwunsch, ihr Festival Immergut feiert die 25. Ausgabe. Es mag
Zufall sein, Sie beide sind ebenfalls 25. Zur wievielten Generation von
Festivalmacher:innen gehören Sie?
Charlotte Brehe: Wir gehören wohl zur dritten Generation. Einige unserer
Mitstreiter sind Kinder langjähriger Festivalgäste. Andere
Vereinsmitglieder sind schon seit den Nullern dabei. Das
Generationsübergreifende ist wertvoll, schön und bisweilen fordernd.
taz: Wie darf man sich die Vereinsarbeit bei Ihnen vorstellen?
Brehe: Wir sind 130 Mitglieder, in 25 Minigruppen organisiert, von
Infrastruktur über Kommunikation bis zu Nachhaltigkeit. Etwa 30 Mitglieder
sind das ganze Jahr über aktiv.
taz: Klingt komplex. Wo liegt der Reiz an Ihrer ehrenamtlichen Arbeit?
Charlotte „Lotzi“ Litzinger: [1][Anders als ehrenamtlich wäre die
Organisation des Festivals an diesem Ort gar nicht möglich. Toll ist, Dinge
auszuprobieren – ohne, dass es sich kommerziell tragen muss.]
Brehe: Alle können Ideen einbringen. Schön sind auch die Vereinsevents ums
Festival herum.
taz: Wie finden Sie Nachwuchs? Neustrelitz ist ja mit 20.000
Einwohner:innen überschaubar?
Brehe: Am örtlichen Gymnasium gibt es einen Projektkurs Kooperation mit dem
Verein. Dadurch kommen immer wieder neue Leute in unsere engeren
Strukturen. Tatsächlich haben die meisten Mitglieder eine direkte
Verbindung zu Neustrelitz, auch wenn viele zum Studium dann hier weggehen.
Litzinger: Manche kommen in den Verein, nachdem sie uns als Gäste
kennengelernt haben – wie ich vor drei Jahren.
taz: Worin besteht Ihr Job genau?
Brehe: Wir sind die Einzigen, die etwas Geld verdienen. Beide studieren wir
in Berlin, haben je eine halbe Stelle als Werkstudentinnen und kümmern uns
ums Büro und das Booking. Zudem ist es unser Job, ein Gerüst fürs Ehrenamt
zu schaffen. 130 Leute zu koordinieren, ist herausfordernd, das Konstrukt
Festival wird immer komplexer.
taz: Bei der letzten Bundestagswahl erhielt die AfD im Wahlkreis, zu dem
Neustrelitz gehört, etwa 40 Prozent der Stimmen. Was das für Gesellschaft
und Kultur bedeutet, dazu wird es beim Festival eine Podiumsdiskussion
geben. Sorgen Sie sich auch im Hinblick auf die konkrete Festivalzukunft –
zum Beispiel, dass Rechtsextreme direkt oder indirekt über Fördergelder
entscheiden?
Brehe: Wir bekommen vor allem Bundesförderung, etwa von der Initiative
Musik. [2][Auf jeden Fall können wir sagen, dass wir ein sehr gutes
Verhältnis zum parteilosen Bürgermeister haben. Auch die Stadtverwaltung
unterstützt uns. Das Festival ist in gewisser Weise in Neustrelitz
etabliert. Was in Zukunft passiert, wird man sehen müssen.]
taz: Die Arten, wie Menschen Musik hören, haben sich in den vergangenen 25
Jahren durch die Digitalisierung deutlich verändert. Feiern sie auch
anders?
Brehe: Ein wesentlicher Faktor ist die Pandemie. Wer um das Jahr 2020 17-
oder 18-jährig war, kennt das Konzept Festival vielleicht gar nicht. Das
galt, es erst einmal wieder zu etablieren.
Litzinger: Auch [3][Indie]-Musik differenziert sich im Netz immer weiter
aus, Leute entdecken Künstler:innen daher auf unterschiedlichsten
Kanälen. Auch da versuchen wir, mit der Zeit zu gehen. Uns geht es ja
darum, Nachwuchskünstler:Innen und talentierte Bands zu fördern und
sie erstmals nach Mecklenburg-Vorpommern zu holen.
taz: Nach dem Boom in den 2010er Jahren haben viele Festivals inzwischen
aufgegeben. Müssen Sie kämpfen oder bleibt das Immergut auch da etabliert?
Brehe: Die Produktionskosten sind enorm gestiegen: Fachkräftemangel,
Inflation, gestiegene Energie- und Reisekosten. Natürlich stellt sich da
die Frage: Bis wohin gehen Besucher:innen mit? Das Budget für Kultur
ist ja beschränkt.
taz: Können Sie bei den Tickets bitte präzisieren?
Brehe: 2019 führten wir eine hochemotionale Diskussion, als die
Eintrittspreise erstmals über 100 Euro stiegen. Mittlerweile fangen
Frühbucher-Tickets bei 115 Euro an. Wer später kauft, zahlt für drei Tage
150 Euro. Wir versuchen, Zugänglichkeitskanäle offen zu halten, etwa indem
wir günstige Tickets für Schüler:innen aus der Region anbieten. Ein
Problem ist, dass sich Leute seit Corona oft erst spontan entscheiden.
Gründlich geplante Touren mussten deshalb in letzter Sekunde abgesagt
werden. Auch wir hatten letztes Jahr so viele kurzfristige Tagesgäste wie
nie zuvor. Diesmal verkaufen wir deshalb diesmal Tickets über die Infield
App, wo man noch bis kurz vor Festivalbeginn stornieren kann.
taz: Aus Publikumsperspektive betrachtet: Was macht Ihr Festival denn
besonders?
Brehe: Eine bekannte Band wie Bilderbuch aus Wien lässt sich bei uns ohne
breite Wellenbrecher erleben. Das Tagesprogramm, angefangen mit der Morning
Show von Sam Vance-Law und Uli Brase sorgt auch tagsüber für eine besondere
Atmosphäre. Zwischendurch zum Badesee zu fahren, wo gibt es das sonst? Die
Nähe zwischen Künstler:innen, Publikum und den Mitarbeitenden. Es sind
kleine Details, die den Gästen ein gutes Gefühl vermitteln: Etwa, dass alle
immer noch ein gedrucktes Programmheft in die Hand bekommen, für das wir
uns eigene Texte haben einfallen lassen.
taz: Und wie begeht Ihr Festival seinen Geburtstag?
Litzinger: Beim Line-up werden sich auch die letzten 25 Jahre abbilden, mit
Künstler:Innen, die schon mal da waren: Etwa Erobique aus Hamburg, die
schwedische Band Shout Out Louds oder Drangsal. Ich persönlich freue mich
besonders auf einen Neuzugang, den Norweger Beharie und seinen Soulpop.
Brehe: Und ich auf die englische Künstlerin Nilüfer Yanya, die 2019
erstmals bei uns war – damals noch auf der kleinen Bühne. Diesmal kommt sie
mit megalässiger Band.
19 May 2025
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## AUTOREN
Stephanie Grimm
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