# taz.de -- Pro und Contra zur Wehrtechnik: Sollen an Hochschulen Panzerbauer a… | |
> Der Konvent der Hochschule Flensburg will Wehrtechnik nicht ins | |
> Curriculum aufnehmen. Ein Pro und Contra zur Wehrtechnik-Ausbildung an | |
> Hochschulen. | |
Bild: Ein gewisses Interesse ist nicht zu leugnen: Besucher beim Tag der Bundes… | |
Ja, Wehrtechnik sollte an Hochschulen gelehrt werden | |
Alles Militärische aus den Hochschulen heraushalten zu wollen, etwa durch | |
Zivilklauseln, ist ein Fetisch. Es ist eine leicht zu erhebende Forderung, | |
mit der man sein Gewissen rein halten kann, die aber nicht mehr zeitgemäß | |
ist. Zugegeben: Wer sich zivile Verteidigung zutraut und glaubt, dass | |
Deutschland ohne Bundeswehr und Nato auskommt, der mag das fordern. Für | |
alle anderen ergibt es keinen Sinn. | |
Wer sich Streitkräfte leistet, der sollte auch in der Lage sein, diese | |
zumindest teilweise selbst auszurüsten. Das schafft Arbeitsplätze und | |
Innovationen. Das viele Steuergeld, das für die Rüstung nötig ist, sollte | |
auch einen Effekt im eigenen Land haben. Zudem stärkt eine eigene | |
Rüstungsindustrie die Unabhängigkeit und steigert seinen Wert als | |
Bündnispartner. | |
Selbstverständlich braucht eine Rüstungsindustrie auch Ingenieure und | |
Entwickler. Bei dem nötigen Wachstum dürfte es nicht genügen, solche | |
Fachleute nur an den Bundeswehr-Universitäten auszubilden – zumal die | |
Bundeswehr das Personal, das sie ausbildet, erst mal selbst braucht. Es | |
wäre daher gut gewesen, wenn sich das Konvent an der Hochschule Flensburg | |
für eine Vertiefungsrichtung „Wehrtechnik“ im Maschinenbau entschieden | |
hätte. | |
Eine fachliche Spezialisierung würde zum allgemeinen Trend in der | |
Hochschulausbildung passen. Angesichts des geplanten Umfangs und der | |
Tatsache, dass sich ja erst mal Interessenten finden müssen, ist nicht zu | |
erwarten, dass andere Studieninhalte verdrängt werden. Überdies könnten für | |
ein solches Studienangebot [1][Drittmittel von Rüstungsfirmen] eingeworben | |
werden. | |
Die Befürchtung, dass mit einem solchen Angebot der Geist des Militarismus | |
einzöge, ist abwegig, schließlich geht es [2][nach wie vor um Technik] – | |
wenn auch nicht um wertfreie. | |
Wertfrei ist allerdings auch nicht der Kontext, in den diese Entwicklung | |
eingebettet ist: Eine drastisch [3][veränderte Weltlage, in der unverhohlen | |
Machtpolitik betrieben] und das Recht des Stärkeren hervorgekehrt wird. Wer | |
in diesem Dschungel [4][nicht zum Knecht werden] will, sollte sich wappnen. | |
Und wohlgemerkt: Letztlich geht es nicht darum, einen Krieg zu führen, | |
sondern darum, einen Krieg zu vermeiden. Gernot Knödler | |
Nein, Wehrtechnik sollte an Hochschulen nicht gelehrt werden | |
Die Diskussion über die Einführung eines [5][Wehrtechnik]-Moduls in die | |
Ingenieursausbildung an der [6][Hochschule Flensburg] ist schwierig. All zu | |
leicht können die Kritikübenden dem Vorwurf ausgesetzt sein, sie nähmen die | |
veränderte weltpolitische Lage und eine mögliche Bedrohung durch Russland | |
nicht zur Kenntnis. | |
Doch letztlich es ist gut, dass sich der Konvent des dortigen Fachbereichs | |
Maschinenbau, Verfahrenstechnik und maritime Technologien nun gegen diese | |
Vertiefung des regulären Studiengangs entschieden hat. Denn Rüstung gibt es | |
auf der Welt und auch in unserem Land genug. Und es ist klüger, die zivile | |
und die militärische Forschung weiter möglichst auseinanderzuhalten. | |
Schließlich gibt es ja in München und Hamburg auch zwei | |
Bundeswehr-Universitäten, die auch jeweils einen technischen Schwerpunkt | |
haben. | |
Eine Ausweitung des Wehrtechnik-Studiums auf zivile Hochschulen, im | |
Flensburger Fall war laut [7][NDR-Bericht] sogar womöglich eine Kooperation | |
mit einem Schützenverein geplant gewesen, damit Studierende den nötigen | |
Waffenschein erhalten, würde zu einer Militarisierung und einer Gewöhnung | |
an kriegerische Lösungen und Denkweisen beitragen. Aber Krieg kann und | |
sollte in unserer hoch entwickelten und zivilisierten Welt keine Lösung | |
sein. | |
Und es wird ja nicht gerade wenig Rüstung in Deutschland produziert. Obwohl | |
wir nur gut ein Prozent der Weltbevölkerung stellen, exportiert dieses Land | |
laut dem schwedischen [8][Sipri-Friedensforschungsinstitut] [9][fünf bis | |
sechs Prozent aller Waffen] und steht gleich hinter den USA, Frankreich, | |
Russland und China auf Platz fünf. Waffen, die hier gebaut und exportiert | |
werden, führen anderswo zu Krieg und verursachen mit die Flucht von | |
Menschen, wogegen Europa dann wiederum mit Hilfe von Militärtechnik seine | |
Grenzen sichert. | |
Wenn wir trotz allem mehr Rüstungsforschung brauchen, um mit den als | |
Bedrohung gesehenen Gegnern mithalten zu können, dann kann dies innerhalb | |
der bestehenden Strukturen und Institute geschehen. Die wirkliche | |
Herausforderung unserer Zeit besteht jedoch darin, wie wir in dieser hoch | |
komplexen Welt zu einem friedlichen Zusammenleben und Interessenausgleich | |
aller Menschen der Erde kommen. | |
Die Weltgemeinschaft sollte sich nicht nur Klimaziele, sondern auch wieder | |
Abrüstungsziele vornehmen. Und für junge Ingenieurstalente gibt es mit dem | |
Ausbau einer nachhaltigen Energierversorgung und Mobilitäts-Infrastruktur | |
genug andere Tätigkeitsfelder. Kaija Kutter | |
16 May 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Boom-der-Ruestungsindustrie/!6072464 | |
[2] https://www.hintsteiner-group.com/blog/wehrtechnische-entwicklung-gegebenhe… | |
[3] /US-Aussenpolitik/!6068192 | |
[4] /Gastbeitrag-zu-Putins-Kulturzerstoerung/!6072103 | |
[5] /Aufruestung/!6085519 | |
[6] https://hs-flensburg.de/hochschule/aktuelles | |
[7] https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/schleswig-holstein_magazin/Debatte-u… | |
[8] /Sipri-Friedensforschungsinstitut/!6084996 | |
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Waffenexport | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
Kaija Kutter | |
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