# taz.de -- Neuer Wehrbeauftragter des Bundestags: Ein überaus gut vernetzter … | |
> Henning Otte wird neuer Wehrbeauftragter. Der CDU-Politiker trat bisher | |
> auch als Anwalt der Rüstungsindustrie in Erscheinung. | |
Bild: Immerhin ohne Salutieren: Henning Otte (CDU) nimmt die Glückwünsche sei… | |
Berlin taz | Als Parlamentsarmee hat die Bundeswehr einen Beauftragten, der | |
sich um die Belange der Soldatinnen und Soldaten kümmern soll. Neuer | |
Wehrbeauftragte des Bundestags ist der CDU-Abgeordnete Henning Otte. Der | |
56-Jährige wurde am Mittwochabend mit großer Mehrheit zum Nachfolger der | |
SPD-Politikerin Eva Högl gewählt. | |
Otte gilt als gut vernetzter Fachmann ohne Berührungsängste zur | |
Rüstungsindustrie. Bis 2023 war Otte Vizepräsident des Förderkreis | |
Deutsches Heer, einer Netzwerkorganisation, die Waffenherstellern unter | |
anderem Zugang zu Bundestagsabgeordneten verschaffen soll. | |
Otte ist ein eingefleischter Berufspolitiker: Seit 20 Jahren sitzt er im | |
Bundestag, seinen Wahlkreis im niedersächsischen Celle gewann er mehrfach | |
direkt. In der Unionsfraktion war Otte verteidigungspolitischer Sprecher | |
und seit 2022 zudem stellvertretender Vorsitzender des | |
Verteidigungsausschusses. Bevor Otte sich zum Bankkaufmann ausbilden ließ | |
und ein Bachelorstudium der Rechtswissenschaften abschloss, diente er beim | |
Celler Panzerbataillon und ist bis heute Offizier der Reserve. | |
Damit dürfte Otte mehr als nur ein Grundverständnis dafür mitbringen, wo | |
die Probleme in der Armee am größten sind – der Wehrbeauftragte gilt als | |
der Anwalt der Soldatinnen und Soldaten. Otte muss sich jedoch auch die | |
Frage gefallen lassen, inwieweit er seine künftige Tätigkeit nicht auch als | |
die eines Anwalts der Rüstungsindustrie versteht. Vergangene Woche sagte er | |
noch bei einer Veranstaltung des CDU-Wirtschaftsrats: [1][„Die Distanz | |
zwischen Bundeswehr und wehrtechnischer Industrie muss überwunden werden.“] | |
Militär, Politik und innovative Unternehmen gehörten zusammen wie zwei | |
Beine, „die gemeinsam die Sicherheit unseres Landes tragen“. | |
Otte folgt als Wehrbeauftragter der SPD-Politikerin Eva Högl, die dem | |
Bundestag am Mittwoch noch ihren [2][Jahresbericht für das Jahr 2024 | |
vorgestellt hatte]. Die Kernbotschaften aus dem Bericht lauteten: Die | |
Bundeswehr schrumpft, wenn auch weniger schnell als zuvor – und die Truppe | |
wird älter. Bei einer [3][ersten Vorstellung ihres Berichts im März] sagte | |
Högl, bei den Soldatinnen und Soldaten gebe es eine wachsende Ungeduld | |
darüber, dass trotz der Rüstungsmilliarden aus dem Sondervermögen die | |
Kasernen weiterhin vor sich hin moderten und allerorten Ausbilder*innen | |
und Material fehlten. Es gelte, den Einsatz in der Truppe attraktiver zu | |
machen. | |
## Otte sprach sich für die Wehrpflicht aus | |
Högl hatte in ihrer fünfjährigen Amtszeit zahlreiche Bundeswehr-Standorte | |
besucht und sich mit den Soldatinnen und Soldaten unterhalten. Sie wäre | |
wohl auch gerne weiterhin ihrer Tätigkeit nachgegangen, doch nach der | |
Bundestagswahl hatte die Union das Vorschlagsrecht für den neuen | |
Wehrbeauftragten. | |
Otte hatte sich im Gegensatz zu Högl zuletzt auch für die Wiedereinführung | |
der Wehrpflicht ausgesprochen. „Die Aussetzung der Wehrpflicht widerspricht | |
der aktuellen Gefährdungslage“, [4][erklärte er noch Anfang April.] | |
Entsprechend dem CDU-Wahlprogramm hatte sich Otte für ein verpflichtendes | |
Gesellschaftsjahr stark gemacht, das auch als Dienst bei der Bundeswehr | |
abgeleistet werden können sollte. Högl hatte bei der Vorstellung ihres | |
Berichts dagegen mehrfach betont, [5][dass die Bundeswehr wegen fehlender | |
Kapazitäten gar nicht in der Lage sei, unbegrenzt Wehrpflichtige | |
aufzunehmen.] | |
Bei solchen gesetzgeberischen Fragen hat Otte indes künftig keinen direkten | |
Einfluss mehr: Als Wehrbeauftragter des Bundestages muss er seinen Sitz im | |
Parlament abgeben. | |
Die Transparenzinitiative Lobby Control rät dem Politiker zudem, seine | |
Kontakte zur Rüstungsindustrie herunterzudimmen. Als Wehrbeauftragter des | |
Bundestages müsse er „für die Interessen der Bundeswehr eintreten, und die | |
sind nicht deckungsgleich mit denen der Rüstungsindustrie“, erklärte Aurel | |
Eschmann von der Organisation gegenüber der taz. „Der Wehrbeauftragte | |
sollte den Anschein eines Interessenkonfliktes gar nicht erst aufkommen | |
lassen.“ | |
22 May 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://de.linkedin.com/pulse/wirtschaftstag-2025-das-war-tag-2-wirtschafts… | |
[2] https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2025/kw21-de-bericht-wehrbeau… | |
[3] /Wehrbericht-zieht-miese-Bilanz/!6071662 | |
[4] https://www.cdu.de/aktuelles/es-braucht-eine-wehrpflicht-und-ein-starkes-eu… | |
[5] /Wehrbericht-zieht-miese-Bilanz/!6071662 | |
## AUTOREN | |
Cem-Odos Güler | |
## TAGS | |
Bundeswehr | |
Eva Högl | |
Rüstungsindustrie | |
Verteidigungsausschuss | |
Verteidigungspolitik | |
Verteidigung | |
Bundeswehr | |
Hochschule | |
Nato | |
Kanzler Merz | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Bundeswehr an Schulen: Der Druck auf die Jugend wächst | |
Seit der „Zeitenwende“ nehmen Schulbesuche der Bundeswehr zu. Beim Besuch | |
in einer Gesamtschule in Mainz ist vor allem die Wehrpflicht ein Reizthema. | |
Pro und Contra zur Wehrtechnik: Sollen an Hochschulen Panzerbauer ausgebildet w… | |
Der Konvent der Hochschule Flensburg will Wehrtechnik nicht ins Curriculum | |
aufnehmen. Ein Pro und Contra zur Wehrtechnik-Ausbildung an Hochschulen. | |
Aufrüstung: Wadephul stößt Milliardendebatte an | |
Der CDU-Außenminister prescht mit dem 5-Prozent-Ziel für die Nato vor. | |
Nicht nur Finanzminister Klingbeil versucht ihn zu bremsen. | |
Waffenlieferungen an die Ukraine: Merz möchte die Taurus-Frage begraben | |
Der Kanzler will für weniger Transparenz bei Waffenexporten an die Ukraine | |
sorgen. Sein Sprecher deutet eine Entscheidung bei Marschflugkörpern an. |