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# taz.de -- Konfessionelle Gewalt in Syrien: Drusen gegen „Gesetzlose“
> In Syrien sind in zwei drusischen Dörfern schwere Gefechte ausgebrochen.
> Mindestens 16 Menschen starben. Der Staat entsendet Sicherheitskräfte,
> Israel Drohnen.
Bild: Die Kämpfe halten an: Erst in Jaramana am Dienstag (hier abgebildet), da…
Damaskus taz | In den drusisch geprägten Kleinstädten Sehnaya und
Ashrafiyat Sehnaya, etwa zehn Kilometer südlich von der syrischen
Hauptstadt Damaskus, sind in der Nacht heftige Gefechte ausgebrochen. Bis
mindestens zum Mittwochmittag hielten die Kämpfe weiter an. Videos, die von
der Nachrichtenplattform Suwayda24 geteilt wurden, zeigen Männer in
Tarnfleck, die „Allahu Akbar“ („Gott ist der Größte“) schreien und Sc…
aus einem Maschinengewehr, das auf einem Pickup montiert ist. Sie zielen
dabei auf ein Wohnviertel. Das syrische Medium schreibt dazu:
„Extremistische Gruppen streamen live, wie sie die Stadt von Ashrafiyat
Sehnaya mit schwerem Geschütz angreifen.“
Das Video stammt von der Facebook-Seite eines Mannes, der im Video zu sehen
ist und sich selbst Abu Omar Bilal nennt. Er bezeichnet sich als
militärischer „Digital-Creator“. Auf seinem Profilbild ist er in Camouflage
und mit einer Fahne der Shahada, des muslimischen Glaubensbekenntnisses, zu
sehen. Noch ist allerdings unklar, wer genau hinter den Angriffen steckt:
Die staatliche Nachrichtenagentur Sana sprach von „Gruppen von
Gesetzlosen“, die in der Nacht einen Checkpoint angriffen und auf mehrere
Wagen das Feuer eröffnet hatten. Videos in den Sozialen Netzwerken zeigen,
wie am Mittwoch staatliche Sicherheitskräfte in die beiden Dörfer
einrücken. Insgesamt sollen bei den Gefechten mit bewaffneten Gruppen
bislang 16 Soldaten ums Leben gekommen sein, meldet der staatliche
Fernsehsender Syria TV. Auch ein Helfer des Roten Halbmondes wurde schwer
verletzt.
Die Straßen, die zu den Dörfern führen, sind laut mehreren Quellen
gesperrt. Eine junge Frau, die dort lebt und anonym bleiben möchte,
schreibt auf Whatsapp: „Bewaffnete Gruppen attackieren und belagern gerade
Sehnaya und Ashrafiyat Sehnaya aus allen Richtungen. Die Bewohner*innen
versuchen den Angriffen zu widerstehen, aber wir wissen nicht, wie lange
noch wir durchhalten können. Wir hören die ganze Zeit Schüsse. Die Straßen
sind menschenleer – bis auf die Männer, die die Stadt verteidigen.“ Sie
selbst habe sich zu Hause mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern
eingesperrt, der Vater habe sich den Verteidigungseinheiten angeschlossen.
„Es ist eine Mischung von verschiedenen Gefühlen: Wut, Traurigkeit,
Enttäuschung über das, was meine Stadt gerade durchmachen muss. Eine Stadt,
die ein Symbol für friedliches Zusammenleben war“, schreibt sie.
Am Montag hatte es bereits [1][Auseinandersetzungen im drusischen Viertel
von Jaramana] gegeben, die mindestens ein Dutzend Menschen das Leben
kosteten. Offenbar hatte eine Audionachricht, die den Propheten Mohammad
beleidigt und einem Oberhaupt der drusischen Gemeinschaft zugeschrieben
wurde, sunnitische Hardliner verärgert. Schwer bewaffnete Gruppen sollen
das Viertel aus der benachbarten Region heraus angegriffen haben. Die
staatlichen Sicherheitskräfte und drusische Kämpfer selbst konnten nach
heftigen Auseinandersetzungen aber eine weitere Eskalation verhindern.
## Auch Israel mischt sich ein – mit Luftangriffen
Es ist nicht das erste Mal, dass konfessionsgebundene Gewalt Syrien
erschüttert. [2][Im März hatten Massaker an alawitischen Gemeinschaften
entlang der Küste die Angst der Minderheiten unter der neuen Regierung
befeuert.] Nach dem Fall des Ex-Diktators Baschar al-Assad hatten
islamistische Rebellen unter Leitung von Hayat Tahrir Asch-Scham (HTS) die
Macht übernommen. HTS leitete sich aus einem früheren Ableger der
Terrorgruppe Al-Qaeda ab. Viele Angehörige von Minderheiten in Syrien –
wozu auch die Drus*innen zählen – sind deswegen misstrauisch ob der neuen
Regierung. [3][Auch wenn diese neben HTS-nahen Politikern auch aus einer
Frau und Vertretern von Minderheiten besteht]. Syriens Übergangspräsident
Ahmed al-Scharaa, betont derweil immer wieder, Minderheiten im Land
schützen zu wollen.
Die junge Frau aus dem Sehnaya-Gebiet, sowie andere Drus*innen in Syrien,
werfen jedoch der neuen Regierung vor, nicht genug zu tun: Die staatlichen
Sicherheitskräfte hätten die Angreifer nicht gestoppt, berichtet sie. Eine
weitere Drusin aus Jaramana sagt: Sie traute der neuen Regierung nicht
mehr. Das syrische Innenministerium betonte jedoch am Dienstag: Die
staatlichen Sicherheitskräfte hätten sich auf den Weg gemacht, um die
Zivilist*innen in Jaramana zu schützen und den Frieden wieder
herzustellen. Auch verpflichtete sich die Behörde, alle Involvierten zur
Rechenschaft zu ziehen.
Seit Dienstag waren immer wieder laute Erkundungsdrohnen über Damaskus zu
hören. Gegen Mittwochmittag schrieb dann die israelische Armee, sie habe
„zum Schutz der religiösen Minderheit der Drus*innen“ eine
Extremistengruppe in Syrien angegriffen. Dies sei eine „Warnaktion“
gewesen. Der Luftschlag soll in einem Dorf südlich von Damaskus vorgefallen
sein. Israel hat [4][seit dem Sturz Assads] die [5][Golanhöhen] und
[6][mehrere syrische Dörfer besetzt, hunderte Luftangriffe auf die
militärische Infrastruktur in Syrien durchgeführt] – und dies teilweise mit
dem Schutz der Drus*innen begründet.
Am Nachmittag verübte Israel weitere Luftangriffe in der Region: Laut
staatlichen Medien soll eine Rakete eine Ansammlung von staatlichen
Sicherheitskräften getroffen haben, ein Soldat dabei gestorben, mehrere
verletzt worden sein. [7][Und Israels Militärchef Eyal Zamir erklärte am
Nachmittag]: Wenn „die Gewalt gegen die Drus*innen nicht aufhöre“, werde
man Einrichtungen des staatlichen syrischen Militärs angreifen.
30 Apr 2025
## LINKS
[1] /Ethnische-Konflikte-in-Syrien/!6082274
[2] /Syrien-nach-dem-Sturz-von-Assad/!6074900
[3] /Syrien-hat-eine-neue-Regierung/!6076177
[4] /Alltag-nach-dem-Fall-des-Assad-Regimes/!6081662
[5] /Raketenangriff-auf-den-Golanhoehen/!6023891
[6] /Israels-Militaer-auf-den-Golanhoehen/!6058207
[7] https://www.timesofisrael.com/liveblog_entry/idf-to-hit-syrian-government-s…
## AUTOREN
Serena Bilanceri
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