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# taz.de -- Ethnische Konflikte in Syrien: Tumulte und Schüsse in der Hauptsta…
> Im drusischen Viertel Jaramana gibt es bei Kämpfen Tote, die Angreifer
> könnten aus dem Nachbarviertel stammen. Der Staat bemüht sich um
> Deeskalation.
Bild: Am Checkpoint nach Jaramana patrouilliert ein bewaffneter Kämpfer
Damaskus taz | Der Soldat in schwarzem Hemd und militärgrüner Weste schaut
angespannt auf die Autos, die sich vor ihm anstauen. Von seiner rechten
Schulter hängt eine Kalaschnikow, seine Hand ruht auf ihr. Vor dem Soldaten
liegen mitten auf der Straße Autoreifen in der prallen Sonne; ein Kollege
inspiziert den Wagen, der vor ihm angehalten hat. Dann bedeutet er dem
Fahrer umzudrehen. Heute kommt hier, ins drusischgeprägte Viertel Jaramana
[1][in der syrischen Hauptstadt Damaskus], bis auf einige vereinzelte Taxis
und Einwohner*innen niemand rein – auch die Presse nicht.
Es ist Dienstagvormittag, 11 Uhr, die Menschen im und um das Viertel sind
angespannt: Staatliche Sicherheitskräfte laufen nervös die Straßen ab und
auf, Einwohner*innen telefonieren mit Verwandten und Freunden außerhalb
des Viertels oder stellen sich in Grüppchen neben die Checkpoints, um die
Lage zu beobachten.
Schüsse sind in der Nacht von Montag auf Dienstag in Jaramana gefallen.
Viele Schüsse, mittelschweres Kaliber, erzählen Einwohner*innen. Mehrere
Quellen aus dem Viertel berichten einstimmig, dass bewaffnete Männer aus
dem nahegelegenen Viertel Al-Malihah in Richtung Jaramana geschossen
hätten. Mindestens dreizehn Menschen sollen laut der Nachrichtenagentur
Reuters bei dem Angriff gestorben, acht verletzt worden sein. Die Zahl
wurde bisher nicht offiziell bestätigt – das Innenministerium erklärte
lediglich, dass Gefechte zwischen Bewaffneten von außerhalb und innerhalb
des Viertels stattgefunden haben.
Videos, die in sozialen Netzwerken zirkulieren, zeigen Schüsse in einem
Wohnviertel, die den nächtlichen Himmel erhellen, während mehrere Männer –
teils mit Gewehren – in die Richtung aus der sie kamen rennen. Auch Videos
von fünf Leichen auf dem Boden, daneben Soldaten mit der bunten Flagge der
Drusen an der Kleidung, gibt es. Ihre Echtheit lässt sich nicht unabhängig
prüfen, doch sie decken sich mit den Schilderungen der Menschen vor Ort.
## Viele Drusen sind der Regierung gegenüber misstrauisch
Ursache der Tumulte soll eine Sprachnachricht sein, die in Syrien weit
geteilt wurde und beleidigende Worte gegenüber dem muslimischen Propheten
Mohammad enthält. Offenbar wurde die Nachricht drusischen Männern
zugeschrieben – obwohl deren religiöse Oberhäupter dies mittlerweile
bestritten haben.
Die Drusen sind eine religiöse Minderheit in Syrien, etwa drei Prozent der
Bevölkerung. Sie leben vorwiegend in Jaramana und in der südlichen Region
Suweyda. [2][Ihre Beziehung zur aktuellen Regierung ist kompliziert],
innerhalb der Drus*innen selbst soll es unterschiedliche Gruppen geben:
Einige misstrauen dem neuen Präsidenten Ahmed al-Sharaa und seinen
Verbündeten [3][wegen ihrer islamistischen Vergangenheit]. Andere sind
hoffnungsvoller. Komplex ist ebenso die Haltung gegenüber Israel, das in
den vergangenen Monaten mehrfach in Syrien bombardiert hat und einen
kleinen Teil des Landes besetzt hält. Außerdem spricht Israel von sich
selbst als Beschützer der Minderheiten in Syrien – allen voran die Drusen.
## Bewohner*innen aus dem Viertel warnen
Einige Einwohner*innen von Jaramana erzählen von Explosionsgeräuschen,
die Artillerieschüssen ähneln, noch am frühen Morgen. Unklar ist, ob sie
von den syrischen Streitkräften stammten, die inzwischen in großer Zahl und
schwerbewaffnet das Viertel überwachen, oder von den Angreifern. Am Mittag
scheint sich die Lage beruhigt zu haben: Ein drusischer Anführer in blauem
Gewand, weißer Kopfbedeckung und mit Kalaschnikow in der Hand, bestätigt
auf Nachfrage der taz, dass die Gefechte inzwischen aufgehört hätten. Er
steht auf der inneren Seite des Checkpoints, im drusischen Viertel.
Eine Einwohnerin, die gerade das Viertel durch den Checkpoint verlässt,
warnt davor, es zu betreten: „Es gibt Probleme“, sagt sie hastig. Eine
Quelle der taz, die im Viertel lebt, sagt per Sprachnachricht: „Es gibt
inzwischen wieder Menschen auf der Straße, aber die Lage ist nicht stabil.
Die Leute haben Angst.“
Auf der Hauptstraße, die Jaramana mit Al-Malihah verbindet, kommen zwei
Pick-ups voller schwarz angezogener, vermummter Soldaten angefahren –
Sicherheitskräfte der neuen syrischen Regierung. Einige gepanzerte Jeeps am
Straßenrand haben Granatwerfer und Maschinengewehre auf die Karosserien
montiert. Die Anspannung bleibt den Dienstag über spürbar. Gegen Mittag
sind über Damaskus laute Drohnen zu hören, die das Gebiet offenbar
auskundschaften. Wer sie geschickt hat, ist unklar.
29 Apr 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Serena Bilanceri
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Kolumne Hamburger, aber halal
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