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# taz.de -- Neues Album von Japanerin Ichiko Aoba: Elegisch zähmen
> „Luminescent Creatures“ heißt das neue Album von Ambientkünstlerin Ichi…
> Aoba. Mit der sphärisch-mystischen Musik bringt sie Felsen zum Weinen.
Bild: Mit Ameisen: Ichiko Aoba inszeniert sich geheimnisvoll
Über den Sänger und Dichter Orpheus – eine Gestalt der antiken griechischen
Mythologie – heißt es, er habe nicht nur Menschen, sondern auch Felsen zum
Weinen gebracht. [1][Der römische Dichter Ovid knüpfte daran an und schrieb
in seinen „Metamorphosen“ davon, dass er mit seiner Stimme Wildtiere
gezähmt und Bäume dazu gebracht habe, sich ihm zuzuwenden.]
Wie mag Ovids Musik beziehungsweise die der ihm zugrunde liegenden
historischen Vorbilder geklungen haben? Eine konkrete Vorstellung davon
existiert zwar nicht. Doch lässt diese Leerstelle zugleich
Assoziationsraum für die Kraft der Imagination.
Hört man etwa die Musik der multidisziplinär arbeitenden japanischen
Künstlerin Ichiko Aoba, beschleicht einen das Gefühl, dass ihr Sound in
Dingen, Menschen und Tieren mutmaßlich ganz ähnliche Reaktionen
hervorzurufen vermag. In ihrem Heimatland Japan erregte die 35-Jährige
bereits mit dem Debütalbum „Kamisori Otome“ (2010) und ihrer ganz eigenen
Mixtur aus Kammermusik, Folk und Ambient große Aufmerksamkeit.
## Traumwandlerische Klangelegien
Spätestens mit ihrem 2020 veröffentlichten Album „Windswept Adan“ wurde
Aoba dann auch einem internationalen Publikum bekannt. Seitdem kursieren
zahlreiche Videos in sozialen Netzwerken, die von den
traumwandlerisch-elegischen Songs Aobas unterlegt sind.
[2][Nachdem sie vor drei Jahren den Soundtrack des Spielfilms „Amiko“
komponierte], folgt nun mit „Luminescent Creatures“ ein neues Soloalbum.
Klangästhetisch orientiert die in zwischen in Tokio lebende Künstlerin sich
darauf an den beiden Vorgängeralben, die sich mit ihren orchestralen,
mitunter auch opulenten Arrangements bereits ein Stück weit vom
reduzierten, mit klassischer Gitarre und ihrer Gesangsstimme geprägten
Sound des Frühwerkes verabschiedet hatten.
Bereits der Auftaktsong „Coloratura“ [3][erinnert an Soundtracks für
Animé-Filme vom Studio Ghibli.] Den konkreten Inhalt des Textes, den Aoba
am Anfang des Songs mit ihrem in sich ruhenden Sprechgesang vorträgt,
versteht zwar nicht, wer des Japanischen nicht mächtig ist. Dennoch vermag
es Aobas Stimme, lebhafte Bilder vor dem inneren Auge hervorzurufen.
## Sphärische Höhen
Wenn sie in der Mitte des Songs zu ihrem mittlerweile ikonisch gewordenen
Falsettgesang ansetzt, spätestens dann führt Aoba ihr Publikum in
sphärische Höhen – und damit in eine Welt, in der die Elementarkräfte der
Natur wie schon zu Orpheus’ Zeiten scheinbar außer Gefecht gesetzt sind.
Inspiriert wurde Ichiko Aoba im Zuge der Entstehung von „Luminescent
Creatures“ allen transzendentalen Klangtendenzen zum Trotz von irdischen
Territorien – etwa von den japanischen Ryūkyū-Inseln, wohin es sie im
Vorfeld zur Feldforschung verschlagen hatte.
Die Konfrontation mit den Kräften des Meeres habe Ehrfurcht in ihr geweckt,
gab sie zu Protokoll. In klangmächtigen Stücken wie „Luciferine“ wird dies
auch ästhetisch erfahrbar. Obwohl die Opulenz gelegentlich aufblitzt, hat
der Sound Aobas nichts von seiner Zerbrechlichkeit eingebüßt, im Gegenteil:
Der Löwenanteil ihrer neuen Songs, wie „Mazamun“, „Aurora“ und „Flag…
nach wie vor von einer einnehmenden Intimität geprägt.
Erst kürzlich präsentierte sie die Künstlerin in einer im Internet
kursierenden Liveversion. Darin ist sie mit einer Gitarre vor den Weiten
des Ozeans zu sehen. Man spürt: Die hinter ihr lauernde blaue Kraft ist
enorm. Doch Aobas Musik weiß diese zu bändigen und hält ihr schließlich
stand – im Video genauso wie nun auch auf voller Albumlänge. Und so wird
Ichiko Aobas Popularität mit „Luminescent Creatures“ wohl noch weiter
zunehmen.
2 May 2025
## LINKS
[1] /Lyriker-Nico-Bleutge/!5928295
[2] /!5482451&s=Amiko&SuchRahmen=Print/
[3] /Neuer-japanischer-Animationsfilm/!5979801
## AUTOREN
Luca Glenzer
## TAGS
Ambient
Japan
Neues Album
Brüssel
wochentaz
Animationsfilm
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