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# taz.de -- Evangelischer Kirchentag in Hannover: Ein bisschen Politik muss sein
> Zehntausende versammeln sich zu Gebet und politischen Diskussionen. Die
> schwierigen Debatten um Gaza und die Friedensbewegung finden aber nicht
> statt.
Bild: Kirchentag trifft Politik: Altkanzlerin Angela Merkel neben Kirchentagspr…
hannover taz | Vermutlich hat Julia Klöckner gar nicht unbedingt an den
Evangelischen Kirchentag gedacht, als sie kurz vor Ostern der Bild am
Sonntag ihr erstes großes Interview [1][als frisch gewählte
Bundestagspräsidentin gab]. Immerhin ist Klöckner katholisch. Aber ihre
Mahnung, Kirche solle sich doch nicht in eine beliebige NGO verwandeln, die
sich zu allen möglichen tagespolitischen Themen äußert, sondern sich mehr
um die existenziellen Sinnfragen kümmern, hallt auch eine Woche später noch
nach.
Auch wenn Klöckners Name gar nicht fällt, sendet bei der feierlichen
Eröffnung am Mittwochabend in Hannover nahezu jeder Redner und jede
Rednerin – Kirchentagspräsidentin Anja Siegesmund genauso wie
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) – die Botschaft aus:
Natürlich ist das hier politisch.
Bereits bei seiner Gründung 1949 war der Kirchentag als Antwort gedacht auf
das katastrophale Verstummen der Amtskirche in der NS-Zeit, als
demokratischer Aufbruch der Laienbewegung in einer von Erstarrung bedrohten
Institution.
Die 39. Auflage des Deutschen Evangelischen Kirchentages zeigt erst einmal
alles, was man so kennt von Kirchentagen: Zu den zwei
Eröffnungsgottesdiensten strömen Zehntausende Menschen in die Innenstadt,
in der anschließend noch ein riesiges Straßenfest gefeiert wird – mit viel
Musik und Ständen, die nicht nur von Kirchen, Vereinen und Institutionen
gestaltet werden, sondern auch von Dutzenden NGOs, die irgendwie für eine
bessere und gerechtere Welt einstehen wollen.
## Bibelstunde mit der Altkanzlerin
Die großen politischen Fragen der Zeit werden dann von Donnerstag bis
Sonntag vor allem auf dem Messegelände, aber auch in Kirchengemeinden und
anderen Veranstaltungsorten (insgesamt 60) in der ganzen Stadt verhandelt.
Rasch ausgebucht war auch die Bibelarbeit mit Ex-Bundeskanzlerin Angela
Merkel. Rund 5.000 Menschen jubelten ihr zu – vor allem als sie noch einmal
die Worte sagte, die ihr nach eigenem Bekunden „so oft um die Ohren gehauen
wurden“: „Wir schaffen das.“ In einer kleinen Rückschau auf einschneiden…
Erlebnisse in ihrer Amtszeit übte Merkel auch Selbstkritik: Der großen
Herausforderung des Klimawandels werde man immer noch nicht gerecht. Das
scheint überhaupt eine Frage zu sein, die das Kirchentagspublikum ganz
besonders umtreibt: Auch vor der Halle 17 mit dem Podium zum Thema „Nach
uns die Sintflut?“ bildeten sich lange Schlangen.
Es gibt allerdings auch Themen, bei denen selbst die
Diskussionsbereitschaft des Kirchentages an ihre Grenzen zu kommen scheint.
So sei es leider nicht gelungen, ein Nahost-Podium mit Stimmen aus der
Region zu Stande zu bekommen, erklärte Elisabeth von Thadden,
Zeit-Journalistin und Mitglied des Kirchentagspräsidiums. Man habe sich
eine ganze Reihe von Absagen eingefangen, die deutlich machten, wie
schwierig es sei, über dieses Thema in Deutschland offen zu sprechen.
Man behalf sich schließlich mit dem aus Tel Aviv zugeschalteten deutschen
Botschafter in Israel, Steffen Seibert und der kampferprobten
Schriftstellerin Eva Menasse, die auf sehr unterschiedliche Weise für
„doppelte Solidarität“ mit Israel wie mit Palästina warben. Auf einem
anderen Podium kritisierte der Historiker Michael Wolffsohn, wie angesichts
des Gazakrieges mit dem Begriff Genozid hantiert werde. Im Vorfeld hatten
Kirchenvertreter wie die Geschäftsführerin der Evangelischen
Erwachsenenbildung Westfalen, Antje Rösener, [2][in einem offenen Brief
kritisiert], dass palästinensische Stimmen auf dem Kirchentag praktisch
kaum auftauchten – während das Christlich-Jüdische Zentrum traditionell
stark vertreten ist.
Ähnlich verhält es sich mit Teilen der kirchlichen Friedensbewegung und dem
Kirchentag. Margot Käßmann – früher ein Star der Veranstaltung – tritt z…
auch in diesem Jahr wieder mit einer Bibelarbeit auf. Ihre dreitägige
Friedenssynode läuft aber genauso außerhalb oder parallel zum offiziellen
Kirchentagsprogramm wie der Palästina-Tag am Samstag.
An diesem Tag wird übrigens auch Julia Klöckner auf dem roten Sofa des
Kirchentages Platz nehmen. Dann kann sie noch einmal ganz genau erklären,
wie sie das mit den tagespolitischen Äußerungen der Kirchen gemeint hat.
1 May 2025
## LINKS
[1] /Umgang-mit-der-AfD/!6083176
[2] https://www.linkedin.com/posts/antje-r%C3%B6sener-2935b412b_dieser-offene-b…
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Kirchentag 2025
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