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# taz.de -- Fachtagung zu Elektroschockern: Der Taser kann die Pistole nicht er…
> Seit mehreren Jahren debattiert man in Niedersachsen immer wieder über
> die Einführung von Tasern. Die GdP hat rechtliche und praktische
> Bedenken.
Hannover taz | Seit ein Polizist in Oldenburg dem Schwarzen Deutschen
Lorenz A. in den Rücken geschossen und ihn damit getötet hat, ist eine
Debatte um das Vorgehen der Polizei in Konfrontationssituationen entflammt.
Ob eine Ausstattung der Polizei mit Tasern solche Vorfälle verhindern
würde, ist zumindest fraglich, wie auf einer Fachtagung der Gewerkschaft
der Polizei (GdP) am Mittwoch in Hannover deutlich wurde.
Immer wieder [1][sterben in Niedersachsen People of Colour durch
Polizeikugeln]. Oft geht es um Menschen in psychischen Ausnahmesituationen,
in manchen Fällen sind Messer im Spiel. Die Angaben zu den Geschehnissen
sind oft widersprüchlich.
Betroffene, Angehörige und Augenzeug:innen [2][werfen der Polizei
immer wieder vor, sie gehe zu brutal vor]. Ermittlungsverfahren gegen
Polizist:innen werden aber häufig eingestellt – selbst wenn
Schilderungen von Augenzeug:innen Fragen aufwerfen.
Doch statt [3][Polizist:innen besser auf solche Situationen
vorzubereiten], wie Polizeiausbilder fordern, oder eine unabhängige
Aufklärungsstelle zu schaffen, setzten Teile der niedersächsischen
Landespolitik und rechte Kräfte in der Polizei auf neue Waffen.
## Auch Taser können töten
Aktuell fordert die CDU, [4][Taser – „Distanzelektroimpulsgeräte“ – im
Streifendienst flächendeckend einzuführen]. Zurzeit ist die neue Waffe dem
Spezialeinsatzkommando vorbehalten. Die Ausstattung aller Streifenwagen mit
Tasern würde Leben retten, heißt es in einem Antrag im niedersächsischen
Landtag.
Dabei geht unter, dass die Elektroschockpistolen alles andere als
unumstritten sind. Auch Tasereinsätze enden immer wieder tödlich. Es gibt
verschiedene gesundheitliche Risikofaktoren. In Niedersachsen gab es
bereits mindestens einen Toten nach einem Einsatz. Eine Obduktion hatte
ergeben, dass es sich bei der Todesursache um multiples Organversagen
gehandelt hatte. Nicht der Taser sei verantwortlich, hieß es.
Auch der niedersächsische Landesvorsitzende der Deutschen
Polizeigewerkschaft (DPolG), Patrick Seegers, sagte im Rahmen der
Diskussion über den Tod von Lorenz im NDR: „Wir als Polizei Niedersachsen
plädieren für den Taser, auch im Streifendienst.“
Was dabei untergeht: Die DPolG steht bei Weitem nicht für die gesamte
Polizei Niedersachsens. Laut eigenen Angaben vertritt sie rund 4.000
Mitglieder:innen im Bundesland und ist damit die kleinere
Polizeigewerkschaft. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat mit circa
11.200 Mitglieder:innen fast dreimal so viele. Und dort sieht man das
anders.
Bei der Fachtagung in Hannover trafen sich zum dritten Mal
GdP-Mitglieder:innen aus Niedersachsen und anderen Bundesländern wie Hessen
und Nordrhein-Westfalen, in denen bereits flächendeckend Taser im Einsatz
sind. Wie Vorstand Kevin Komolka im Gespräch mit der taz erklärt, habe die
Fachtagung keinen Bezug zum jüngsten Fall in Oldenburg. Sie sei schon lange
vor den Ereignissen geplant gewesen. Auch der Hersteller der Geräte war
anwesend.
Thorsten Tippe, Justiziar der GdP Niedersachsen, sagt nach der Tagung im
DGB-Haus: „Die Problematik bei den Anträgen zur flächendeckenden Einführung
der Taser ist, dass suggeriert wird dass diese eine Alternative seien und
Angriffssituationen mit Hieb- und Stichwaffen lösen könnten.“
Die Berichte von Kolleg:innen aus anderen Bundesländern zeigten aber, in
solchen Situationen seien die Taser nicht anwendbar. Menschen in
psychischen Ausnahmesituationen würden sogar vom Hersteller selbst als
Risikogruppe bei der Anwendung benannt. In anderen Bundesländern habe es
außerdem eine langsame stufenweise Einführung der Taser gegeben.
Technisch sei man mittlerweile von dem Gerät der Firma Axion überzeugt,
aber rechtlich habe man noch Bedenken, sagt der Landesvorstand der GdP,
Kevin Komolka. Eine Empfehlung, unter welchen Bedingungen die GdP ebenfalls
eine Einführung fordern könnte, werde der Landesvorstand im Juni
erarbeiten.
## Juristisch unklar
Zurzeit sei der Taser noch als Waffe definiert. Das führe in der Praxis zu
Unklarheit, wann der Taser und wann die Schusswaffe eingesetzt werden
sollte. Die Landespolitik müsse sich außerdem fragen, was für eine Polizei
sie in Niedersachsen auf der Straße wolle, findet Komolka.
Er übte auch scharfe Kritik an den populistischen Forderungen der CDU und
der DPolG nach dem [5][Tod von Lorenz A]. „Ich halte die Debatte für
pietätlos und finde es unsäglich, auf dem Rücken einer solchen Situation,
wo noch gar nicht alle Puzzle-Stücke bekannt sind, schnelle Lösungen zu
fordern. Steh still und sammle dich, sollte jetzt oberstes Credo sein“,
sagt Komolka.
1 May 2025
## LINKS
[1] /Toedlicher-Polizeieinsatz-in-Oldenburg/!6080708
[2] /Demonstration-fuer-Lorenz-A/!6084885
[3] /Kriminologe-zum-Fall-Lorenz-A/!6080732
[4] /Nach-toedlichen-Schuessen-in-Oldenburg/!6080673
[5] /Todesschuesse-auf-Lorenz-A-in-Oldenburg/!6080733
## AUTOREN
Michael Trammer
## TAGS
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Gewerkschaft der Polizei (GdP)
Polizei
Taser
Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG)
Oldenburg
Social-Auswahl
Rassistische Polizeikontrollen
Polizeigewalt
Schwerpunkt Rassismus
Tödliche Polizeischüsse
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