# taz.de -- Landtagswahlen in Wien: Wien bleibt Österreichs Sonderfall | |
> Bei den Landtagswahlen in der österreichischen Hauptstadt Wien verliert | |
> die SPÖ nur leicht. Es dürfte zur Fortsetzung der Koalition mit den | |
> liberalen Neos kommen. | |
Bild: Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (Mitte) freut sich am Wahlabend über… | |
Wien taz | „Wien ist anders“ – so lautete ein Stadtmarketing-Motto aus den | |
1980ern. Das gilt auch für die Politik: Wien wird seit 1918, mit Ausnahme | |
von Austrofaschismus und Nazismus, durchgehend sozialdemokratisch regiert. | |
Die längste Zeit mit absoluter Mehrheit. Damit ist die Zweimillionenstadt | |
eine Ausnahme im strukturkonservativen Österreich – und die letzte große | |
Machtbastion der SPÖ. | |
Daran änderte auch die [1][Landtagswahl vom Sonntag] nichts, mit der ein | |
[2][recht inhaltsleerer Wahlkampf] zu Ende ging. Der alte und auch neue | |
Bürgermeister Michael Ludwig verlor nur leicht und holte für die SPÖ 39,5 | |
Prozent. | |
Die rechtsradikale FPÖ konnte sich auf 20,4 Prozent fast verdreifachen, | |
blieb aber unter einstigen Höhenflügen. Die Grünen kamen auf Platz drei | |
(14,5 Prozent), die liberalen Neos (9,9 Prozent), zuletzt Juniorpartner im | |
Rathaus, erzielten ein leichtes Plus. Sie holten sogar die in Wien | |
traditionell schwache Kanzlerpartei ÖVP (9,7 Prozent) ein. Die KPÖ hingegen | |
scheiterte knapp an der Fünfprozenthürde. | |
Damit ist Ludwig in der bequemen Ausgangsposition, seinen Koalitionspartner | |
aussuchen zu können. Rechnerisch möglich sind alle Konstellationen. Am | |
wahrscheinlichsten gilt eine Fortsetzung der sogenannten | |
„[3][Punschkrapferl-Koalition]“ zwischen SPÖ (Parteifarbe Rot) und Neos | |
(Pink). Sie hat die letzten fünf Jahre ohne erkennbare Dissonanzen, mit | |
punktuellen Reformen, aber auch ohne große Würfe regiert. | |
## Besonders schlecht schnitt die ÖVP ab | |
Neos treten seit ihrer Gründung 2012 glaubhaft für Verbesserungen im | |
Bildungsbereich ein. Ebenso fordern sie eine transparentere Verwaltung – | |
das ist aber mit der machtbewussten SPÖ kaum möglich. | |
Besonders schlecht schnitt diesmal die ÖVP ab, die sich mehr als halbierte. | |
Sie hatte einmal mehr erfolglos versucht, mit einem Law-and-Order-Kurs die | |
FPÖ rechts außen einzuholen. Spitzenkandidat Karl Mahrer, 70 Jahre und | |
früherer Wiener Polizeipräsident, trat Montagvormittag zurück. | |
In Wien lebt zwar fast ein Viertel der österreichischen Bevölkerung, | |
dennoch sind keine Auswirkungen auf die Bundespolitik zu erwarten. Die noch | |
junge Bundesregierung von ÖVP, SPÖ und Neos gibt sich betont harmonisch. | |
Dies könnte sich ändern, wenn SPÖ-Finanzminister Markus Marterbauer im Mai | |
sein Doppelbudget 2025/26 vorlegt. Klar ist schon jetzt: Ohne schmerzhafte | |
Sparpakete wird es nicht gehen. Dafür ist nun aber ein günstiges | |
Zeitfenster, denn bis Herbst 2027 stehen keine Wahlen und Wahlkämpfe mehr | |
an. | |
Die FPÖ gab sich erfreut über das große Plus, ist aber von einstigen | |
Erfolgen weit entfernt. Unter dem charismatischen Bundesparteichef | |
Heinz-Christian Strache, stark in Wien verwurzelt, kam die Partei vor zehn | |
Jahren auf 30,5 Prozent. 2019 fiel der über den Ibiza-Skandal, die FPÖ | |
verlor daraufhin alle Wahlen, die ÖVP profitierte – so auch in Wien. Nun | |
„normalisierte“ sich die Lage gewissermaßen, die FPÖ erholte sich ein St�… | |
weit. | |
All das kann Bürgermeister Ludwig egal sein – eine Zusammenarbeit mit der | |
FPÖ schloss er bereits im Vorfeld aus. Auch eine Koalition mit der ÖVP gilt | |
als unwahrscheinlich, wenngleich Ludwig dem rechts-pragmatischen | |
SPÖ-Parteiflügel angehört. Mit den Grünen könnte er sich einen grünen | |
Anstrich geben, doch wahrscheinlicher ist eine Fortsetzung mit Neos. | |
So oder so: Der Kurs der im Wesentlichen gut verwalteten Stadt wird sich | |
nicht ändern. Auch nötige Reformen dürften weiter ausbleiben. Der von | |
manchen als „Teflon-Bürgermeister“ titulierte Ludwig vermied es im | |
Wahlkampf tunlichst, Angriffsflächen zu bieten – die Strategie ging auf. | |
28 Apr 2025 | |
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## AUTOREN | |
Florian Bayer | |
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