# taz.de -- Ostern im Religionsvergleich: Das besondere Licht | |
> Christlicher Kerzenzauber und Butterlampen: eine Osternacht im Freiburger | |
> Münster mit wackeligem Chor und buddhistischer Expertise. | |
Bild: Das Licht von Kerzen zu Ostern im Freiburger Münster. So war das auch hi… | |
Zwischendurch flüstern ist möglich in der Osternacht, wenn auch schwierig: | |
Nicht nur auf die zugeraunte Botschaft, sondern auch auf die am Eingang des | |
Freiburger Münsters für drei Euro erworbene Kerze in der Hand will ja | |
geachtet sein. „Seltsam, wie dünn der Chor singt“, sagt die Tochter. „Ja. | |
Ja schon“, bedächtiges Nicken, „aber schon auch schön.“ Ein paar | |
Stearintropfen fallen auf die Schuhe. Bei den buddhistischen Zeremonien, | |
erklärt später der Freund aus Nepal, der mitgekommen war, spiele Licht auch | |
eine Rolle. Aber dafür gebe es dort dann [1][Butterlampen], Dipas, die | |
nicht tropfen. | |
Was den Chor angeht: Das stimmt. Also, Intonation und Rhythmus, alles okay. | |
Aber die Stimmen wackeln sich merkwürdig verunsichert in ihre Einsätze | |
hinein. Liegt es an den Lichtverhältnissen? Das ja wohl kaum. Auf dem | |
Heimweg sorgt Googeln für Aufklärung: Der Domkapellmeister Boris Böhmann | |
war gerade erst geschasst worden, Knall auf Fall, [2][nach fast 22 Jahren]. | |
Sie sei ihm „sehr dankbar für sein großes Engagement“, heißt es | |
eigentümlicherweise [3][im Schreiben der Bistumsleitung] zur Begründung. | |
Die genaue Zahl der bisherigen Domsänger*innen, die dann empört in | |
Böhmanns im März gegründete Chorakademie gewechselt sind, ist unbekannt. | |
Zumal in den A-cappella-Gesängen der dunklen ersten Osternachthälfte | |
[4][klingt es, als wären es viele gewesen]. | |
Aber Musik ist ja nicht alles. Das Münster ist bei der Ankunft rappelvoll, | |
alle Bänke besetzt. Immerhin findet sich noch ein Mauervorsprung am | |
Nordportal, der für vier reicht. Zwar versperrt ein Sandsteinbündelpfeiler | |
von hier den Blick auf den Altarraum, in dem sich die Geistlichen tummeln. | |
Aber die Kernszenen der Liturgie fängt die Livekamera ein. Und deren Bilder | |
werden nicht nur ins Internet, sondern auch auf klug gehängte Screens in | |
rund vier Meter Höhe übertragen. Das ist gut, [5][denn es geht ja darum, | |
möglichst viel mitzukriegen]. Am meisten überrascht den Freund, der aus | |
einem Himalayatal mit bedeutenden buddhistischen Klöstern stammt, wie stark | |
die Zeremonien einander ähneln. | |
„Ich bin sonst wenig in Berührung mit religiösen Festen hier in der | |
westlichen Welt, seit ich hier lebe“, sagt er. Und klar bestehen ein paar | |
Unterschiede. Choräle zum Beispiel, das gibt’s so nicht bei ihm zu Hause. | |
„Aber wir haben auch so Vorbeter, die schwierige Texte vortragen, und dann | |
antwortet die Gemeinde“, sagt er. „Auch in so einer Art Gesang, aber kein | |
richtiges Lied“: Antiphone, die ja diese Nacht-Messe prägen, lassen sich | |
kaum besser beschreiben. | |
## Je größer die Mütze, desto heiliger? | |
Auch der Rang der Würdenträger lässt sich bei ihnen ebenso wie hier anhand | |
der verschiedenen Kopfbedeckung ablesen, bestätigt er. „Auch je größer die | |
Mütze, desto heiliger?“ „Nee, das nicht. Also das ist … Es ist bei uns | |
etwas komplizierter.“ | |
Dafür würden aber eben genauso gleichgewandete, niederrangigere Leute um | |
die geistlichen Würdenträger herumlaufen, in einer Art Uniform, „fast so | |
wie Bodyguards“, sagt er über die Messdiener, „rechts und links von ihnen�… | |
Die seien auch in buddhistischen Klosterzeremonien insbesondere dafür | |
zuständig, die Priester zu beweihräuchern: „Weihrauch ist wichtig bei uns.�… | |
Sich mit den Händen eine gedachte Verbindungslinie von der Stirn über die | |
Nase zur Brust zu zeichnen, die Gebete, die Inhalte der Fürbitten, „für | |
Frieden und Mitgefühl und so weiter, das finde ich sehr ähnlich“. Und ja, | |
„es war sehr gut“, so alles in allem. | |
Nur das Ende, da treten deutliche Unterschiede zutage. Das allmähliche | |
Crescendo der zweieinhalbstündigen Versammlung im Freiburger Münster mündet | |
schließlich in spätromantisches Orgelgetöse, das [6][unwillkürlich an] 60er | |
Jahre B-Movies [7][mit wahnsinnigen Schurken] denken lässt. „Also bei uns | |
gibt es zum Abschluss einen heiligen Tanz, so im Kreis, vorne.“ Das klingt | |
eigentlich netter. | |
Immerhin, man dürfe nicht auf der Stelle treten, schließlich sei Gott immer | |
für eine Überraschung gut, hatte der Erzbischof Stefan Burger in seiner | |
erfreulich kurzen Predigt gemahnt. Aber ein Schlusstanz, nee, der fordert | |
entschieden mehr Beweglichkeit, als ihm zuzutrauen ist. | |
25 Apr 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Bhutan-am-Beginn-der-Demokratie/!5184170 | |
[2] https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/musik-und-buehne/wie-freiburg-mit-se… | |
[3] http://domkantorei-fr.de/ | |
[4] https://www.openpetition.de/petition/kommentare/gebt-den-choeren-eine-stimm… | |
[5] https://www.ph-freiburg.de/quasus/was-muss-ich-wissen/daten-erheben/beobach… | |
[6] https://hirten-com.translate.goog/the-pipe-organ-on-film/?_x_tr_sl=en&_… | |
[7] https://www.youtube.com/watch?v=nqKy1SnO5rs | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
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