# taz.de -- Schlichterspruch im BVG-Tarifkonflikt: Wenig Begeisterung auf den B… | |
> Mit dem von den Schlichtern Platzeck und Ramelow erzielten Kompromiss von | |
> BVG und Verdi ist der Tarifkonflikt beigelegt – oder doch noch nicht? | |
Bild: Eigentlich eher Feuer und Flamme für den unbefristeten Streik: BVG-Hof i… | |
Berlin taz | Ist die Gefahr eines unbefristeten Streiks bei der BVG mit dem | |
Schlichterspruch von Montagabend gebannt? Bei der Belegschaft scheint der | |
Kompromiss nicht so gut anzukommen, den die Tarifparteien unter Vermittlung | |
der Schlichter Matthias Platzeck (SPD) und Bodo Ramelow (Linke) | |
ausgehandelt haben. | |
„Ich persönlich bin nicht begeistert von diesem Schlichterspruch und habe | |
auch in ersten Gesprächen mit meinen Busfahrer-Kollegen eher Ablehnung | |
wahrgenommen“, sagt Ekkehardt Spiegel, Busfahrer und Hofverantwortlicher | |
der Gewerkschaft Verdi. „Der Vorschlag bleibt weit hinter unseren | |
Forderungen zurück.“ | |
Tatsächlich sind die Gehaltserhöhungen, die der Vorschlag enthält, | |
[1][immer noch weit von den eigentlichen Vorstellungen der Gewerkschaft | |
entfernt]. Die beinhalten eine Lohnsteigerung von 750 Euro für alle | |
Beschäftigten. Geht es nach dem Kompromiss der Ex-Ministerpräsidenten von | |
Brandenburg und Thüringen, Platzeck und Ramelow, würden es bei 24-monatiger | |
Laufzeit lediglich 380 Euro mehr ab dem 1. Juni, am 1. Juni 2026 stiege | |
dies noch einmal um 50 Euro auf 430 Euro an. | |
Hinzu kämen eine Einmalzahlung von 1.500 Euro für die ersten fünf Monate | |
des laufenden Jahres sowie ein deutliches Plus bei den Zulagen: Die | |
Fahrdienstzulage erhöhte sich am 1. Juni von 100 auf 225 und am 1. Januar | |
auf 255 Euro. Die Schichtzulage stiege am 1. Juni von 75 auf 130 Euro, die | |
Wechselschichtzulage von 130 Euro auf 225 Euro. Dazu käme noch ein leichtes | |
Plus von 100 Euro beim Weihnachtsgeld. | |
## BVG: „Sind teilweise über unsere Grenze gegangen“ | |
Der Vorschlag sieht aber auch ein Wahlmodell bei der Arbeitszeit vor: | |
Beschäftigte könnten ihre Regelarbeitszeit von aktuell 37,5 Stunden pro | |
Woche auf 39 Stunden erhöhen – was sich auch in mehr Lohn niederschlagen | |
würde. Bis 2027 sollte dann auch ein Modell entwickelt werden, bei dem auf | |
Basis einer 35-Stunden-Regelwoche die Beschäftigten ihre Arbeitszeit freier | |
wählen können. | |
„Wir sind Verdi bis an unsere wirtschaftliche Grenze entgegengekommen – und | |
teilweise darüber hinausgegangen“, erklärte BVG-Vorständin Jenny | |
Zeller-Grothe am Montagabend. Es gelte jetzt, „die hohe wirtschaftliche | |
Belastung, die ein Abschluss in dieser noch nie dagewesenen Höhe für die | |
BVG mit sich bringt, stabil und verantwortungsvoll zu managen“. | |
[2][Verdi-Verhandlungsführer Jeremy Arndt] fand: „Unsere Geschlossenheit | |
und Entschlossenheit hat sich ausgezahlt.“ Vor allem die deutlichen | |
Steigerungen bei den Zulagen seien hervorzuheben. „Wir werden jetzt mit der | |
Tarifkommission intensiv diskutieren, ob diese Empfehlung eine Grundlage | |
für eine Einigung sein kann“, so Arndt. | |
Die Kommission wird aller Voraussicht nach am Donnerstag den | |
Verdi-Mitgliedern die Zustimmung zu dem Kompromiss empfehlen. Die folgende | |
Mitgliederbefragung, die einige Zeit in Anspruch nehmen wird, fungiert dann | |
als eine Art umgekehrte Urabstimmung: Wenn die Beschäftigten sich | |
aufraffen, dem Vorschlag zuzustimmen, wird nicht gestreikt. | |
## Kein Streik während der Friedenspflicht | |
Bei der jüngsten „echten“ Urabstimmung hatten sie sich nach dem Scheitern | |
der Verhandlungen zwischen Verdi und BVG [3][für einen unbefristeten | |
Streik] ausgesprochen. Das Ergebnis fiel allerdings schon in die laufende | |
Schlichtungsrunde. Die Friedenspflicht – also der Verzicht auf Ausstände – | |
soll auch jetzt noch bis zum Ergebnis der Befragung gelten. | |
Für die BVG dürfte es so oder so eine Menge Geld werden, die sie aufbringen | |
muss – über den im Verkehrsvertrag mit dem Land Berlin garantierten | |
Aufwuchs des Etats für steigende Gehälter hinaus. Beim letzten BVG-Angebot | |
vor der Schlichtung rechnete das Unternehmen bereits vor, dass es in zwei | |
Jahren Tariflaufzeit 500 Millionen Euro werde drauflegen müssen. Hinter den | |
Kulissen geht es längst um die Frage, wo beim Service oder in der | |
Verwaltung größere Summen eingespart werden können. | |
Durch und durch positiv aufgenommen wurde der Kompromiss von der | |
SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus: Am Dienstag erklärte deren Sprecher für | |
die BVG, Ex-Finanzsenator Mathias Kollatz, der Vorschlag der Schlichter sei | |
„durchdacht“ und werde hoffentlich von beiden Seiten angenommen. „Er | |
sichert gute Arbeit und setzt den Ansporn für die BVG, produktiver und | |
moderner zu werden.“ | |
Allerdings ist der Sozialdemokrat ja schon seit ein paar Jahren nicht mehr | |
Chef des Finanzressorts. Dem amtierenden Senator – Stefan Evers vom | |
Koalitionspartner CDU – dürften die zusätzlichen Ausgaben des landeseigenen | |
Unternehmens eher keine Freudentränen in die Augen treiben. | |
8 Apr 2025 | |
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## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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