# taz.de -- Verhandlungsführer über BVG-Streik: „Wir erfahren nach wie vor … | |
> Erstmals seit 2008 steht womöglich ein unbefristeter BVG-Streik bevor. | |
> Verdi-Verhandlungsführer Jeremy Arndt sieht den Senat in der | |
> Verantwortung. | |
Bild: Die BVG-Beschäftigten sind zum Streik bereit, falls die Schlichtung kein… | |
taz: Herr Arndt, v[1][ergangenen Freitag sind die Verhandlungen zwischen | |
der BVG und Verdi gescheitert], am Mittwoch startet die Urabstimmung. Wie | |
wahrscheinlich ist es, dass es eine Schlichtung geben wird und ein | |
unbefristeter Streik noch abgewendet werden kann? | |
Jeremy Arndt: Die Gespräche mit der BVG zur Schlichtung laufen. Wir gehen | |
davon aus, dass in den nächsten Tagen erst einmal eine | |
Schlichtungsvereinbarung steht. Dann müssen die Schlichter noch benannt | |
werden. Was die Schlichtung letztendlich bringt – das wird das Verfahren | |
zeigen. | |
taz: Ändert das etwas an den Warnstreiks, die für Mittwoch und Donnerstag | |
angekündigt sind? Während einer Schlichtung gilt ja üblicherweise eine | |
Friedenspflicht, in der auf Streiks verzichtet wird. | |
Arndt: Da noch keine Schlichtungsvereinbarung steht, ändert das erst einmal | |
nichts an den Warnstreiks. Die finden wie geplant statt. | |
taz: Wäre es nicht ein Zeichen von Kompromissbereitschaft, darauf zu | |
verzichten? | |
Arndt: Die Schlichtung hat die Arbeitgeberseite ins Spiel gebracht. Die BVG | |
hat in der letzten Woche kein neues Angebot vorgebracht – wir haben dann | |
die Verhandlungen gemeinsam für gescheitert erklärt. Die Streiks sind die | |
logische Konsequenz aus dem Verhalten der Arbeitgeber. | |
taz: Die BVG spricht von einem Angebot von 17,2 Prozent mehr Lohn über zwei | |
Jahre. Gerade im Vergleich zu anderen Tarifverhandlungen, die gerade | |
laufen, klingt das erst einmal nach viel Geld. Warum ist das nicht | |
verhandlungsfähig für Verdi? | |
Arndt: Das wäre ja nur bis zum Ende der Laufzeit. Wir haben seit Ende 2021 | |
keine Lohnrunde mehr gehabt. Somit mag sich das zwar in Zahlen nach viel | |
anhören, gleicht aber nicht den Reallohnverlust der letzten Jahre aus. Auch | |
im bundesweiten Vergleich würden wir nach den Tarifrunden der anderen | |
Bundesländer wieder deutlich im hinteren Feld liegen. | |
taz: Wie groß ist da noch die Differenz zwischen dem tatsächlichen | |
Aufholbedarf und dem Reallohnverlust? | |
Arndt: Das vorliegende Angebot ist noch weit weg von unserer Forderung. Wir | |
haben an einigen Punkten schon Offenheit signalisiert. Beim Grundlohn aber | |
noch nicht, weil wir da einfach zu weit auseinanderliegen. Wo man sich am | |
Ende trifft, ist ja Sache der Verhandlungen. | |
taz: Konkret bietet die BVG eine Steigerung des Monatslohns um 350 Euro | |
innerhalb der kommenden zwei Jahre. Verdi fordert 750 Euro sofort. Das | |
Unternehmen behauptet außerdem, es könne nicht mehr bieten, ohne die eigene | |
Wirtschaftlichkeit zu gefährden. Wie erfolgversprechend ist da ein | |
unbefristeter Streik? | |
Arndt: Es ist richtig, dass die BVG Schwierigkeiten hat, einen | |
Tarifabschluss zu finanzieren. Aber das Unternehmen würde [2][noch in eine | |
deutlich größere Schieflage kommen], wenn es bei den Gehältern nichts tut. | |
Sobald das Fahrpersonal erst einmal weg ist, ist es viel schwieriger, neue | |
Fahrer zu finden. Und dementsprechend schwierig wird es, die geforderte | |
Verkehrsleistung überhaupt auf die Straße zu bekommen. | |
taz: Sollte der Senat da in die Bresche springen und Finanzierungszusagen | |
geben? Derzeit sieht es ja eher danach aus, als solle noch mehr an der BVG | |
gespart werden. | |
Arndt: Der Eigner ist das Land Berlin und trägt damit eine Verantwortung. | |
Die Arbeitsbedingungen müssen gut genug sein, dass auch in Zukunft | |
ausreichend Personal da ist. Da müssen natürlich der Senat und der Vorstand | |
klären, wo das Geld herkommt. | |
taz: Finanzsenator Stefan Evers (CDU) hat schon vor einigen Wochen gedroht: | |
Sollte der Tarifabschluss zu hoch ausfallen, müsse die BVG ihr Angebot | |
einschränken. | |
Arndt: Dafür, dass der Finanzsenator immer auf die Tarifautonomie pocht, | |
ist es schon erstaunlich, dass er sich schon in so einer frühen Phase der | |
Verhandlungen eingemischt hat. Das ist ein Spaltungsversuch zwischen der | |
Stadtgesellschaft und den Beschäftigten. | |
taz: Haben Sie Bedenken, dass die Akzeptanz der Berliner:innen für | |
einen unbefristeten Streik zu gering ist? | |
Arndt: Wir erfahren nach wie vor große Solidarität und Unterstützung aus | |
der Stadtgesellschaft. Die ist nicht merklich abgebrochen an der Stelle. | |
Dass ein Streik nicht allen gefällt, liegt in der Natur der Sache. | |
taz: Wäre ein unbefristeter Streik mit der Dauersperrung der A 100 noch zu | |
verantworten? Immerhin fallen damit in einigen Stadtteilen Alternativen zum | |
Angebot der BVG weg. | |
Arndt: Man kann den Beschäftigten nicht sagen, sie sollen auf ihre | |
Grundrechte und bessere Arbeitsbedingungen verzichten, weil sie die Schäden | |
durch marode Infrastruktur, die der Bund und Berlin selbst verursacht | |
haben, jetzt ausbügeln sollen. Das funktioniert so nicht. | |
taz: [3][Verdi befragt nach jeder Verhandlungsrunde die Beschäftigten auf | |
den Betriebshöfen]. Wie ist aktuell das Stimmungsbild? | |
Arndt: Die Stimmung ist sehr kämpferisch. Wir gehen jetzt in die | |
Urabstimmung und haben keinerlei Zweifel, dass wir das Quorum erreichen. | |
25 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Tarifkampf-bei-der-BVG/!6077948 | |
[2] /Verkehrsbetriebe-in-der-Krise/!6071491 | |
[3] /Arbeitskampf-bei-der-BVG/!6068815 | |
## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
## TAGS | |
BVG | |
Arbeitskampf | |
Streik | |
Verdi | |
BVG | |
BVG | |
BVG | |
Streik | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Einigung im BVG-Tarifstreit: Verdi empfiehlt seinen Mitgliedern die Zustimmung | |
Letzter Stolperstein im Tarifkonflikt bei der BVG ist das Okay der | |
Verdi-Mitglieder. Dass es ausbleibt, gilt aber als wenig wahrscheinlich. | |
Schlichterspruch im BVG-Tarifkonflikt: Wenig Begeisterung auf den BVG-Höfen | |
Mit dem von den Schlichtern Platzeck und Ramelow erzielten Kompromiss von | |
BVG und Verdi ist der Tarifkonflikt beigelegt – oder doch noch nicht? | |
Tarifkampf bei der BVG: Unbefristeter Streik in Sicht | |
Der Nahverkehr in Berlin stand seit Januar mehrfach weitgehend still – | |
zuletzt zwei Tage am Stück. Nun könnte ein deutlich längerer Streik kommen. | |
Verkehrsbetriebe in der Krise: BVG macht massiv Miese | |
Die landeseigene BVG hat 2024 einen Verlust von fast 56 Millionen Euro | |
eingefahren. Auch für das laufende Jahr sehen die Prognosen düster aus. | |
Arbeitskampf bei der BVG: BVG-Fahrer:innen lassen sich nicht abspeisen | |
Nach jeder Verhandlungsrunde holt Verdi ein Stimmungsbild bei den | |
Beschäftigten ein. Das fällt auch nach dem dritten Angebot ziemlich | |
eindeutig aus. |