Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- E-Autos in China: Wenig Volkswagen in der Volksrepublik
> Bei der Branchenmesse in Shanghai zeigt sich: China ist bei E-Autos
> Weltmarktführer. Doch die deutschen Firmen setzen zur Aufholjagd an.
Bild: Serviervorschlag: Den Wagen der chinesischen Marke Baojun gibt es jenseit…
Seoul taz | Wenn die Automesse in Shanghai ihre Pforten öffnet, dann bietet
sich den Besuchern ein Blick in die Zukunft. „Was gerade passiert, ist eine
Jahrhunderttransformation“, sagt etwa Mercedes-Chef Ola Källenius während
seiner Rede auf der firmeneigenen Bühne. Was er meint, ist die alltägliche
Realität auf den chinesischen Straßen: In keinem Staat der Welt gibt es
auch nur annähernd so viele Ladestationen, rollen mehr Elektroautos durch
die Straßen, sind die autonom fahrenden Taxis so fortgeschrittenen wie in
China.
Seit Langem ist der Markt im Reich der Mitte bereits der größte der Welt.
Doch längst ist er auch technologisch führend, am innovativsten und vor
allem auch am stärksten umkämpft. Frei nach Sinatra gilt: Nur wer sich in
China durchsetzen kann, wird als globaler Autobauer bestehen.
Ein Blick auf die Zahlen: Laut dem Branchenverband China Association of
Automobile Manufacturers (CAAM) wurden im letzten Jahr weit über 31
Millionen Fahrzeuge produziert und verkauft. Gut ein Drittel davon sind
bereits Elektroautos, auch wenn viele davon als sogenannte „Hybride“
ebenfalls noch über einen Verbrennungsmotor verfügen. Zudem schwemmt China
mit nahezu sechs Millionen Fahrzeugexporten jährlich nun auch höchst
erfolgreich auf die internationalen Märkte. [1][Während sich die neuen
Player in Europa – noch – schwertun], sind sie in Russland, Brasilien und
Mexiko bereits omnipräsent.
Noch vor wenigen Jahren haben die deutschen Automanager in der
Volksrepublik, wohl auch vom eigenen Erfolg überheblich geworden, die
ambitionierten Pläne der Chinesen nur müde belächelt. Schließlich versuchte
schon Staatsgründer Mao Tse-tung seit den 1950ern, eine nationale
Autoindustrie aufzubauen. Die Resultate waren jedoch, trotz hoher
Investitionen, mehr als bescheiden. Mittlerweile jedoch ist das Lachen der
deutschen Autovorstände einer gewissen Ehrfurcht gewichen.
## Verbrenner übersprungen
Die Erfolgsgeschichte der chinesischen Autobranche lässt sich nur
verstehen, wenn man sich mit dem Konzept des „leapfrogging“
auseinandersetzt, also dem bewussten „Überspringen“ von Entwicklungsstufen.
Während die Chinesen irgendwann einsehen mussten, dass sie es auf dem Feld
der Verbrennermotoren niemals mit der deutschen Ingenieurskunst aufnehmen
können würden, sahen sie die sich abzeichnende Wende zur Elektro-Mobilität
als historische Chance: Die Karten würden nun neu gemischt werden, lautete
das Kalkül. Also gingen sie „all in“.
Bereits 2001 begann die Zentralregierung in Peking mit ersten
Pilotprojekten. Seither legte sie in Fünfjahresplänen die Grundlage für die
neue Industrie: Konsequent wurde in die Infrastruktur an Ladestationen
investiert, eine Produktionskette für Batterien aufgebaut, Autohersteller
wurden massiv subventioniert.
Zudem hat die Parteiführung auch mit harten Sanktionen den Wandel zum
E-Auto beim Konsumenten radikal beschleunigt: Seit Jahren bereits ist es in
den großen chinesischen Städten nahezu unmöglich, eine Lizenz für
Verbrenner-Autos zu ergattern. Denn diese wurden stark begrenzt. E-Autos
hingegen wurden mit Kaufprämien künstlich attraktiv gehalten.
Dabei half ironischerweise auch, dass viele chinesische Marken keinerlei
Erfahrungen im klassischen Autobauen vorweisen konnten. Nicht wenige
Quereinsteiger waren zuvor Batteriehersteller oder Techkonzerne. Sie
beschritten daher neue Wege, dachten das Fahrzeug der Zukunft vielmehr als
„Smartphone auf vier Rädern“. Hydraulik und Spaltmaße waren zweitrangig.
Bei der meist jungen, techbegeisterten chinesischen Kundschaft kam die
Strategie gut an.
Doch die flächendeckende Industriepolitik Chinas hat auch ihre
Schattenseiten – allen voran durch die immensen Investitionssummen, die zu
Teilen im Korruptionssumpf versackt sind. Gleichzeitig wurde der Markt
durch die lockenden Subventionen derart aufgeheizt, dass zeitweise mehrere
Hundert Start-ups aus dem Boden schossen.
Dies führte zu einem kannibalisierenden Preiskampf, der bis heute anhält.
Nur eine Handvoll Autofirmen schreiben in China derzeit Profite. Die
meisten werden die Konsolidierung des Marktes in den nächsten Jahren nicht
überleben. Die auserlesenen nationalen Champions hingegen werden stärker
denn je emporsteigen.
Bei der Automesse in Shanghai wird zudem so klar wie nie zuvor, dass die
neuen Player wie BYD, Nio und Co. längst den Ton angeben. Das merkt man vor
allem daran, dass die einstigen Meister aus Deutschland nun von den
chinesischen Playern lernen: größere Displays im Auto, mehr technische
Verspieltheit, bessere Konnektivität – die Deutschen passen sich an.
Zudem gehen immer mehr von ihnen Kooperationen mit chinesischen Firmen ein
– schlicht, um von dessen Technologieführerschaft zu profitieren:
Volkswagen strebt derzeit eine strategische Partnerschaft mit dem
Batterieproduzenten CATL an, BMW arbeitet bei seinem KI-Sprachmodell mit
dem Tech-Riesen Alibaba aus Hangzhou zusammen. Noch vor wenigen Jahren wäre
dies undenkbar gewesen. Doch der Ernst der Lage hat diesen
Paradigmenwechsel regelrecht erzwungen. Die Verkaufszahlen von Volkswagen
sind im vergangenen Jahr etwa um 9 Prozent zurückgegangen, bei BMW waren es
13 Prozent – Tendenz steigend.
Die Aufholjagd der deutschen Firmen lief während der letzten Jahre
schleppend, die E-Autos wurden im Reich der Mitte weitgehend verschmäht.
Nun zeichnet sich jedoch ein Wendepunkt ab. Insbesondere Volkswagen scheint
sein „Mojo“ zurückgefunden zu haben: Die von den Wolfsburgern vorgestellten
E-Autos erhielten von den Messebesuchern fast durchweg positives Feedback –
aufgrund des Designs, einem Mehr an Infotainment und längeren
Batterie-Reichweiten.
Noch ist jedoch fraglich, wie sehr sich die deutsche Aufholjagd in
zurückgewonnenen Marktanteilen widerspiegeln wird. Denn der Binnenkonsum
schwächelt in China, die fetten Jahre sind erst mal vorbei. Und über allem
kreist zudem ein drohendes Damoklesschwert in Form von [2][Trumps
Zollpolitik.]
24 Apr 2025
## LINKS
[1] /EU-Zoelle-auf-chinesische-E-Autos/!6042797
[2] /Trumps-Handelskonflikt/!6081768
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
Autoindustrie
PKW
China
Schutzzölle
Donald Trump
GNS
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt USA unter Trump
Verkehrswende
## ARTIKEL ZUM THEMA
Vorschlag der EU-Kommission: Autokonzerne von Klimapflichten entbinden
Autokonzerne sollen Strafen für zu hohe CO₂-Emissionen zunächst nicht
zahlen müssen. Grüne und SPD fürchten um das Verbrenner-Aus.
EU-Handelskonflikt mit den USA: Trump erhöht Autozölle
Der Handelskonflikt mit den USA eskaliert. Vor allem deutsche Autobauer
sind betroffen. Wie Washington tickt – und was die EU tun kann.
Antriebswende in der EU: Europäer kaufen mehr E-Autos, aber weniger Teslas
Laut Autoverband startete das neue Jahr mit mehr Verkäufen von Elektroautos
und weniger Verbrennern. E-Autos von Tesla verzeichneten aber einen
Rückgang.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.