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# taz.de -- Mikrochips in russischen Raketen: EU sanktioniert belarussische Hal…
> Nach Recherchen von taz und belarussischen Journalist*innen handelt
> die EU gegen einen Chiphersteller. Dessen Produkte fanden sich in
> ukrainischen Kampfzonen.
Bild: Makroaufnahme einer Leiterplatte (Symboldbild)
Berlin taz | Das belarussische Unternehmen Integral ist einer der großen
Player in der belarussischen Halbleiterindustrie. Integral stellt
Schaltkreise und Mikroelektronik her, offiziell vor allem für die
Medizintechnik. Doch internationale Drohnenexperten haben Mikrochips von
Integral immer wieder in russischen Raketen gefunden, die auf die Ukraine
abgefeuert wurden.
[1][Im Januar hatte die taz zusammen mit dem belarussischen
Recherchekollektiv Belarussian Investigative Center (BIC) berichtet], dass
Integral wichtige Rohstoffe für seine Produktion aus Deutschland bezieht.
Dazu gehört hochprozentige Salzsäure, die von der deutschen Firma Wacker
Chemie hergestellt und von der nordrhein-westfälischen Firma UrSeCo
vermutlich über Zwischenhändler nach [2][Belarus] geliefert wurde.
Der Handel mit Integral war zu diesem Zeitpunkt nicht sanktioniert. Der
Export von hochprozentiger Salzsäure allerdings schon. Die deutschen Firmen
verstießen damit also womöglich gegen geltende EU-Sanktionen.
Nun reagierte die EU: Mit dem kürzlich verabschiedeten 16. Sanktionspaket
wird auch Integral sanktioniert. In der Begründung heißt es, dass Produkte
von Integral in Kampfgebieten in der Ukraine gefunden wurden. Halbleiter
seien für Russlands Kriegsanstrengungen von entscheidender Bedeutung.
Russland habe bereits 350 Millionen US-Dollar in die Firma JSC Integral
investiert. „Somit unterstützt JSC Integral Handlungen, die die
territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine
untergraben und bedrohen“, heißt es in der Sanktionsbegründung. Außerdem
unterstütze Integral die Russische Föderation und profitiere von ihr.
## Keine europäische Firma darf an Integral verkaufen
Seit Ende März wird Integral auch auf einer weiteren EU-Sanktionsliste
aufgeführt, die speziell auf die Lage in [3][Belarus] und dessen
Beteiligung am Krieg gegen die Ukraine ausgerichtet ist. Das staatseigene
Unternehmen Integral unterstütze das Regime von Alexander Lukaschenko durch
die Herstellung von Mikroelektronik, die für die Verteidigungsindustrie von
entscheidender Bedeutung sei, heißt es in der Begründung.
Damit ist es europäischen Firmen nun endgültig verboten, Rohstoffe und
Waren an das Unternehmen Integral zu verkaufen.
Allerdings bemühte sich der deutsche Chemielieferant UrSeCo Handels GmbH &
Co. KG auch bisher schon, seinen Handel mit Integral zu verschleiern. Nach
den Recherchen der taz und des BIC schickt UrSeCo die Salzsäure seit 2022
nicht mehr direkt nach Belarus und Russland, sondern über Polen und die
Türkei nach Kasachstan, von wo aus die deutsche Salzsäure weitergeschickt
wurde. Das geht aus internen Zolldaten hervor, die dem BIC und der taz
vorliegen. Zwischenhändler aus Polen bestätigten dem BIC außerdem, wie
einfach die europäischen Sanktionen umgangen werden können, wenn die
Lieferketten nur diffus genug sind.
Dieses Modell dürfte illegal sein. Europäische Unternehmen sind durch die
Sanktionen gezwungen, dafür zu sorgen, dass ihre Ware auch nicht über
Zwischenstationen in Russland oder Belarus landet. Gegenüber der taz hatte
UrSeCo bestritten, Sanktionen zu umgehen. Man arbeite ausschließlich in
Übereinstimmung mit der internationalen und nationalen Gesetzgebung.
Wacker Chemie, das Münchner Unternehmen, das die Salzsäure hergestellt hat,
die bei Integral gelandet ist, gab sich auf taz-Anfrage zu unserem ersten
Bericht im Januar überrascht. UrSeCo sei bisher „nicht kritisch eingestuft
worden“. Wacker erklärte, den Fall zu prüfen. Mittlerweile teilt Wacker
Chemie mit, dass es die Geschäftsbeziehungen zu Urseco eingestellt habe, da
das Unternehmen nicht zweifelsfrei habe belegen können, wie und wo Wackers
Produkte am Ende Verwendung gefunden hätten.
10 Apr 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Anne Fromm
Jean-Philipp Baeck
## TAGS
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