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# taz.de -- Millionen Menschen gegen Erdoğan: Der Türkei steht ein langer Kam…
> Seit Istanbuls Bürgermeister Ekrem İmamoğlu inhaftiert wurde, reißt der
> Protest gegen Präsident Erdoğan nicht ab. Auch Künstler sind jetzt laut
> dabei.
Bild: Demonstration für die Freilassung von İmamoğlu am 29. März in Istanbul
Seit dem 19. März ist die Türkei ein anderes Land. „Erdoğan“, sagt ein
befreundeter Journalist, der namentlich nicht genannt werden will, „hat mit
der Inhaftierung des Istanbuler Oberbürgermeisters Ekrem İmamoğlu eine rote
Linie überschritten.“ Ein großer Teil der Menschen habe nun das Gefühl, mit
dem Rücken zur Wand zu stehen. „Deshalb werden die Proteste nicht einfach
aufhören. Man hört nicht auf zu kämpfen, wenn man sich existentiell bedroht
fühlt.“
An erster Stelle sind das die vielen jungen Leute, die in einer
Ein-Mann-Diktatur des Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan keine Zukunft für
sich sehen. „Wenn man İmamoğlu einfach sein Diplom wegnehmen kann, was ist
unser Abschluss dann noch wert?“, fragt Mehmet, der – wie İmamoğlu einst …
BWL studiert. Er wolle in einer Gesellschaft leben, in der „Recht und
Gerechtigkeit“ herrsche, nicht die Willkür einer Autokratie.
Seit mehr als zwei Wochen gehen Millionen Menschen in der Türkei auf die
Straße, [1][um für die Freilassung von İmamoğlu zu demonstrieren] und damit
auch für ihre Hoffnung, dass eine andere Türkei möglich ist. Spätestens
seit seiner Verhaftung ist İmamoğlu das Symbol im Kampf für einen
demokratischen Wechsel. Nun müssen andere die Hoffnung aufrechterhalten.
Der Mann der Stunde ist Özgür Özel, Chef der
sozialdemokratisch-kemalistischen CHP, İmamoğlus Partei. Die StudentInnen
stehen an vorderster Front, doch das Rückgrat der Proteste ist die CHP mit
Özgür Özel.
In einem seltenen Akt innerparteilicher Demokratie wurde Özel nach der
letzten Wahlniederlage gegen Erdoğan im Mai 2022 mit Unterstützung von
İmamoğlu als neuer Chef der Oppositionspartei gewählt. Seitdem sind
İmamoğlu und Özel das neue, junge Führungsduo der Partei. Anders als
frühere Parteichefs geht Özel keinem Schlagabtausch aus dem Weg.
## Jeden Abend Demo vor dem Rathaus
Als İmamoğlu festgenommen wurde, verlegte er seinen Schwerpunkt sofort vom
Parlament in Ankara in das Istanbuler Rathaus. Jeden Abend fand vor dem
Rathaus eine stetig größer werdende Demonstration für İmamoğlu statt, auf
der sich Özel jeden Abend heiser redete. Als unter den Demonstranten die
Idee eines [2][Boykotts Erdoğan-naher Unternehmen] aufkam, griff Özel diese
Idee sofort auf und popularisierte sie auf allen Kanälen, die der CHP zur
Verfügung stehen.
An diesem Sonntag findet ein Sonderparteitag der CHP statt, auf dem Özels
Wahl als Parteichef noch einmal bestätigt wird. Nicht nur, um ihm im Kampf
um die Freilassung İmamoğlus den Rücken zu stärken, sondern auch, weil ein
paar vermutlich von der AKP gekaufte CHP-Mitglieder die erste Wahl Özels
wegen angeblicher Formfehler anfechten wollen. Die größte Oppositionspartei
will so einem Verfahren zuvorkommen, an dessen Ende ihr ein Zwangsverwalter
des Staates vor die Nase gesetzt werden könnte.
Nach den Feiertagen im Anschluss an den Ramadan wird die CHP auch ihre
Demonstrationen wieder aufnehmen. Angekündigt sind Kundgebungen jeden
Mittwoch in Istanbul und jeden Samstag in einer anderen türkischen
Großstadt.
Seit in den letzten Tagen mehrere Schauspieler und Sänger festgenommen
worden waren, macht sich die Kulturszene trotz Angst vor Entlassungen bei
den Protesten stärker bemerkbar. Am Donnerstag demonstrierten bekannte
SchauspielerInnen vor dem Gericht, wo ihre KollegInnen vernommen wurden.
Beide Seiten [3][stellen sich auf einen langen Kampf ein]. Die Regierung
kündigte an, ihre Macht offen einzusetzen. Unlängst schrieb AKP-Sprachrohr
Cem Küçük auf X: „Die Opposition sitzt in ihren Stadtvierteln in ihren
Cafés, feiert sich und denkt, dass sie immer noch Wahlen gewinnen kann. Sie
muss verstehen, dass die Türkei ein anderes Land geworden ist und wir den
Sicherheitsapparat beherrschen.“
5 Apr 2025
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## AUTOREN
Wolf Wittenfeld
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