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# taz.de -- Demonstrationen in der Türkei: Studis setzen Proteste fort
> In Istanbul demonstrieren erneut Tausende gegen die Regierung. Die
> oppositionelle CHP und deutsche Politiker fordern stärkere Positionierung
> der EU.
Bild: Student:innen protestieren aus Solidarität mit ihren Kommilitonen, die i…
Istanbul taz | Die siebzehn größten Istanbuler Universitäten riefen und
alle kamen. Mit einer Großdemonstration in Kadıköy am Dienstagabend
beendeten die StudentInnen Istanbuls die durch die Feiertage in der letzten
Woche bedingte Protestpause. Wer erwartet hatte, dass die Proteste langsam
einschlafen würden, sah sich getäuscht.
Trotz massiver Strafandrohungen versammelten sich tausende StudentInnen am
Fähranleger in Kadıköy und forderten wahlweise „Demokratie und
Gerechtigkeit“, die Freilassung des Istanbuler Oberbürgermeisters Ekrem
İmamoğlu oder den Rücktritt von Präsident Recep Tayyip Erdoğan.
Trotz eines großen Polizeiaufgebots blieb es bis zum Ende der Veranstaltung
friedlich. Das war bei den Protesten vor dem Istanbuler Rathaus [1][vor gut
einer Woche] noch ganz anders. Immer wieder hatte die Polizei die
DemonstrantInnen mit Tränengas und Wasserwerfern angegriffen, rund 2000
waren vorübergehend festgenommen, 300 in Untersuchungshaft gesteckt worden.
In einem Schnellverfahren hat die Istanbuler Staatsanwaltschaft bereits in
819 Fällen Anklage erhoben. Wegen der Teilnahme an verbotenen
Demonstrationen und Beleidigung des Präsidenten fordern die Staatsanwälte
Strafen bis zu 3 Jahren Haft. In einigen wenigen Fällen werden sogar 5 und
9 Jahre Haft gefordert.
## CHP ruft zu Demonstrationen auf
Auch gegen den Vorsitzenden der oppositionellen CHP, Özgür Özel, geht
Erdoğan jetzt juristisch vor. Seine Anwälte erstatteten Anzeige wegen
Präsidentenbeleidigung, weil Özel Erdoğan in seiner Rede auf dem Parteitag
der CHP am Sonntag als „Juntachef“ bezeichnet hatte.
Davon völlig unbeeindruckt hat die CHP für Mittwochabend ebenfalls wieder
zu einer Demonstration für die Freilassung İmamoğlus aufgerufen. Sie soll
im Stadtteil Sisli stattfinden, weil der dortige CHP-Bezirksbürgermeister
wie zuvor İmamoğlu wegen angeblicher Korruption vom Amt suspendiert und
durch einen staatlichen Zwangsverwalter ersetzt wurde.
Außerdem will die CHP am Wochenende eine Serie von Großveranstaltungen quer
durchs Land starten, die in Samsun am Schwarzen Meer beginnen werden. „Wir
werden so lange auf die Straße gehen, bis İmamoğlu wieder frei ist und der
Präsident vorgezogenen Neuwahlen zustimmt“, sagte Özel am Sonntag. „Aber
Erdoğan hat Angst vor Wahlen, Angst vor seinen politischen Kontrahenten und
Angst vor der Nation!“
## Opposition wünscht sich mehr Unterstützung von der EU
Mittlerweile sind auch erste internationale Solidaritätsbesuche in Istanbul
angelaufen. Im Rahmen einer Veranstaltung des deutschen Städtetages mit
türkischen Kommunen waren die parteilose Kölner Oberbürgermeisterin
Henriette Reker, der [2][Hannoveraner OB Belit Onay (Grüne)] und der Bremer
Bürgermeister und Ministerpräsident Andreas Bovenschulte (SPD) in der
Stadt.
Henriette Reker besuchte Dilek İmamoğlu, die Frau des inhaftierten Ekrem
İmamoğlu, und berichtete anschließend, die Familie sei sehr enttäuscht von
den zurückhaltenden Reaktionen auf die Verhaftung in Europa. „Sie fühlen
sich sehr im Stich gelassen, weil sich keine internationale Stimme wirklich
dagegen erhebt“, sagte Reker gegenüber der Deutschen Presseagentur.
Dieselbe Botschaft bekam auch eine hochrangige Delegation der Grünen in
Istanbul und Ankara vermittelt. Wie [3][Co-Parteichef Felix Banaszak]
gegenüber deutschen Journalisten in Istanbul sagte, zeigten sich alle
VertreterInnen der Zivilgesellschaft, mit denen sie sprechen konnten, „sehr
enttäuscht, dass von Europa im Allgemeinen und Deutschland im Besonderen
nicht mehr Unterstützung kommen würde“. Auch Terry Reintke, die grüne
Fraktionschefin im EU-Parlament, die Banaszak begleitete, meinte, die
Reaktion von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sei bislang „sehr
mau gewesen“.
„Es wäre wichtig, dass von der Leyen sich deutlich positioniert“, sagte
Reintke weiterhin. Die Grünen, wie die deutschen BürgermeisterInnen und vor
ihnen schon drei Bürgermeister aus dem europäischen Städtenetzwerk
Eurocities, hatten versucht, İmamoğlu im Gefängnis zu besuchen. Alle
Anfragen wurden jedoch abgelehnt.
9 Apr 2025
## LINKS
[1] /Proteste-in-der-Tuerkei/!6078546
[2] /Deutsche-Oberbuergermeister-in-Istanbul/!6081127
[3] /Felix-Banaszak-ueber-das-Linkssein/!6043942
## AUTOREN
Wolf Wittenfeld
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