Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Proteste in der Türkei: CHP-Parteichef Özgür Özel wird der Regi…
> Er machte die CHP wieder stark und bietet Staatschef Erdoğan die Stirn:
> Wer ist der gerade in seiner Rolle bestätigte Özel? Und was macht ihn
> beliebt?
Bild: Özgur Özel bei einer Veranstaltung der CHP Ende März in Istanbul
Istanbul taz | Özgür Özel, Parteichef der oppositionellen CHP, ist das
Gesicht des Widerstandes gegen „das Regime“ von Präsident Recep Tayyip
Erdoğan. Seit Erdoğan den Oberbürgermeister von Istanbul, Ekrem İmamoğlu,
am 19. März festnehmen ließ, führt Özel die Kampagne seiner Partei zur
Freilassung von İmamoğlu an. Er ist in diesen letzten Wochen über sich
hinausgewachsen. Auf einem Sonderparteitag [1][der
sozialdemokratisch-kemalistischen CHP] am gestrigen Sonntag wurde er mit
großer Mehrheit als Parteichef bestätigt. Er bekam 1.171 Stimmen von
insgesamt 1.321.
Der Sonderparteitag war eine Gelegenheit, um die Partei noch einmal auf den
Kampf für die Freilassung von İmamoğlu und um die Demokratie einzustimmen.
Er war aber auch notwendig: Denn einige wenige CHP-Delegierte hatten die
Wahl Özels zum Parteichef im November 2023 wegen angeblicher
Unregelmäßigkeiten anfechten wollen. Mit dem Sonderparteitag jetzt ist die
CHP diesen – wohl von der Regierung inspirierten – Klagen zuvorgekommen.
Özel hat sich seit Herbst 2023 als [2][gefährlicher Gegner von Präsident
Erdoğan] herausgestellt. Unter seiner Führung hat die CHP um 12 Prozent in
der Gunst der Wähler zugelegt und ist erstmals seit 1977 wieder stärkste
Partei des Landes geworden. Bei den Kommunalwahlen im März 2024 hat die
Partei die regierende AKP vernichtend geschlagen.
Seit seiner Wahl bildet Özel gemeinsam mit Ekrem İmamoğlu ein Führungsduo,
das sich von vorherigen CHP-Parteichefs unterscheidet. Beide sind um die 50
Jahre alt, beide waren selbstständige Kleinunternehmer, bevor sie in die
Politik gingen. Özel führte eine Apotheke, İmamoğlu leitete eine kleine
Baufirma, die er von seinem Vater übernommen hatte. Unter Özel und İmamoğlu
konnte die Partei ihre Beamtenmentalität abstreifen und auch den von den
traditionellen Kemalisten mit Verbissenheit geführten Kampf gegen das
Kopftuch hinter sich lassen. Außerdem drängten sie die Nationalisten in der
Partei zurück und solidarisierten sich [3][mit den kurdischen
Bürgermeistern, die von Erdoğan aus dem Amt gedrängt] und durch
Zwangsverwalter ersetzt wurden. Nicht zuletzt deshalb [4][unterstützt nun
auch die kurdische DEM die Kampagne zur Freilassung von İmamoğlu.]
## Özel bringt die Menschen auf die Straßen
Özel ist gerade jetzt, wo Erdoğan seinen finalen Angriff auf die türkische
Demokratie gestartet hat, ein Glücksfall für die CHP und die gesamte
türkische Demokratiebewegung. Er ist ein guter Redner, hat keine Angst vor
Erdoğan – und ist deshalb fähig, die Partei aus den Abgeordnetenbüros
hinaus auf die Straße zu führen. Ein Schritt, vor dem die „Staatspartei“
CHP vor Özel immer zurückgeschreckt war.
Özel selbst kommt aus relativ armen Verhältnissen, konnte aber mit einem
Stipendium an ein Gymnasium in İzmir gehen und anschließend Pharmazie
studieren. Seine Familie stammt ursprünglich vom Balkan, wie die meisten
Türken, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegen den Sultan rebellierten.
Daran knüpft Özel wohl an: Er will verhindern, dass Erdoğan die Türkei
wieder in ein Pseudosultanat verwandelt.
Ihre Demonstrationen zur Freilassung von İmamoğlu will die Partei über
Istanbul hinaus quer durchs Land organisieren. Am kommenden Wochenende soll
es in Samsun am Schwarzen Meer losgehen, der vorläufige Höhepunkt ist dann
Ende Mai in İzmir geplant. Özel weiß, dass die CHP einen langen Kampf vor
sich hat.
6 Apr 2025
## LINKS
[1] /Groesste-Oppositionspartei-der-Tuerkei/!6078547
[2] /Millionen-Menschen-gegen-Erdoan/!6077365
[3] /Repression-in-der-Tuerkei/!6046631
[4] /Politologe-ueber-die-Tuerkei/!6078668
## AUTOREN
Wolf Wittenfeld
## TAGS
Istanbul
Özgür Özel
CHP
Ekrem İmamoğlu
Opposition in der Türkei
Schwerpunkt Türkei unter Erdoğan
Schwerpunkt Türkei unter Erdoğan
Schwerpunkt Türkei unter Erdoğan
Ekrem İmamoğlu
Ekrem İmamoğlu
Türkei
## ARTIKEL ZUM THEMA
Demonstrationen in der Türkei: Studis setzen Proteste fort
In Istanbul demonstrieren erneut Tausende gegen die Regierung. Die
oppositionelle CHP und deutsche Politiker fordern stärkere Positionierung
der EU.
Deutsche Oberbürgermeister in Istanbul: „Niemand hier will das akzeptieren“
Hannovers Bürgermeister Belit Onay spricht in Istanbul als
Städtetag-Vertreter mit Kollegen. Niemand könne die Vorwürfe gegen İmamoğlu
nachvollziehen.
Millionen Menschen gegen Erdoğan: Der Türkei steht ein langer Kampf bevor
Seit Istanbuls Bürgermeister Ekrem İmamoğlu inhaftiert wurde, reißt der
Protest gegen Präsident Erdoğan nicht ab. Auch Künstler sind jetzt laut
dabei.
Größte Oppositionspartei der Türkei: Wie die CHP zur CHP wurde
Nach der Inhaftierung von İmamoğlu und heftigen Protesten hoffen viele auf
die Oppositionspartei CHP. Bei aller Solidarität lohnt ein kritischer
Blick.
Politologe über die Türkei: „Die Protestbewegung braucht die Kurden“
Das Verhältnis von CHP und Kurden ist historisch belastet. Trotzdem
unterstützen viele Kurden die Proteste. Politologe Müslüm Örtülü erklärt,
warum.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.