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# taz.de -- BSW und AfD in Thüringen: Kritik am „Kuscheltalk“
> Nach der Landtagswahl grenzte das BSW sich klar von der AfD ab. Doch zwei
> aktuelle Fälle werfen die Frage auf, ob die Grenze sich nicht verschoben
> hat.
Bild: Steffen Quasebarth sitzt für den BSW im Thüringer Landtag und hat sich …
Berlin taz | Mehr als 30 Jahre lang moderierte Steffen Quasebarth die
regionale Nachrichtensendung Thüringen Journal des MDR. Dann verabschiedete
er sich 2024 aus dem Mediengeschäft und zog für das Bündnis Sahra
Wagenknecht (BSW) bei der Landtagswahl ins Parlament. In Thüringen ist
Quasebarth bekannt. Noch im Dezember wählte ihn die Mehrheit der
Abgeordneten zum Vizepräsidenten des Landtags. Am vergangenen Freitag war
seine geschulte Stimme mal wieder in einem Podcast zu hören – allerdings in
keinem des MDR, sondern im Podcast der AfD-Landtagsfraktion.
Im Gespräch mit Stefan Möller, dem Co-Vorsitzenden der AfD Thüringen,
betonte Quasebarth unter anderem, es sei wichtig miteinander zu reden, auch
wenn er viele Ziele der AfD „im Grunde meines Herzens ablehne“. Doch für
den Auftritt steht Quasebarth nun in der Kritik – auch durch
Partei-Kollegen. Und [1][es ist nicht der einzige aktuelle Fall], in dem
die Distanz von BSW zur AfD in Thüringen schrumpft. Mittlerweile stellt
sich doch die Frage: Wie steht das Bündnis zur AfD?
[2][Jens-Christian Wagner, der Historiker und Direktor der Stiftung
KZ-Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora], besorgt der Auftritt von
Quasebarth beim Podcast. Bürger:innen vermittle Quasebarth so das
Gefühl, „es sei normal, bei und mit Rechtsextremen aufzutreten.“ Der
BSW-Landtagsabgeordnete mache damit die AfD „gesellschaftsfähig“.
Auch Georg Maier, Innenminister und Landesvorsitzender der SPD, kritisiert
den Auftritt Quasebarths. „Der Kuscheltalk zeugt vor allem von politischer
Naivität gegenüber den demokratiefeindlichen Einstellungen der AfD. Ich bin
entsetzt über die Instinktlosigkeit“, erklärte er der auf Social Media.
## Eine AfDlerin im Ministerium
Nach der Thüringer Landtagswahl im September gingen CDU, BSW und SPD eine
Koalition ein. Die drei Parteien im Parlament keine Mehrheit, sondern
kommen gemeinsam auf 44 Stimmen, ebenso wie die Parteien der Opposition:
AfD und Linke. Bei Abstimmungen ist die Regierung auf eine Stimme von ihnen
angewiesen.
Die [3][AfD stuft der Verfassungsschutz in Thüringen als rechtsextrem ein].
Damit sie nicht zu politischen Entscheidungen beiträgt, vereinbarten die
Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag: „Es gibt keine
Zusammenarbeit mit der AfD“ – zumindest, wenn es nicht notwendig ist.
Immerhin verfügt die AfD in Thüringen über mehr als ein Drittel der
Sitzplätze und kann so bestimmte Beschlüsse sperren.
Ähnlich wie Georg Maier zeigte sich der Co-Vorsitzende des Thüringer BSW
und Minister für Digitales und Infrastruktur, Steffen Schütz, entsetzt über
Quasebarths Auftritt im AfD-Podcast. „Es ist naiv zu glauben, dass man so
die Welt verändert. Die AfD ist eine rechtsextreme Partei, die verändert
man nicht mit einem Podcast“, sagte Schütz der Thüringer Allgemeinen. Man
rede mit den Wähler:innen der AfD, aber stärke keine rechtsextremen
Funktionäre, erklärte der BSW-Politiker.
Zu einem anderen Fall äußerte sich Schütz allerdings auf Anfrage der taz
nicht. Am Freitag wurde öffentlich, dass das Thüringer Umweltministerium
Lydia Funke eingestellt hat. Geführt wird das Ministerium von Tilo Kummer,
ein weiterer BSW-Minister. Funke saß in der letzten Legislaturperiode als
Abgeordnete für die AfD im Landtag Sachsen-Anhalt. Bis heute sitzt die
42-Jährige noch für die AfD im Kreistag Burgenlandkreis, wo sie zuletzt
auch fünf Jahre lang Fraktionschefin war. Zudem ist sie eine der
Erstunterzeichnerinnen der „Erfurter Resolution“, dem damaligen
Gründungsmanifest des „Flügels“, einem Sammelbecken von Parteiradikalen in
der AfD um Björn Höcke.
Ein Sprecher des Umweltministeriums wollte sich „aus Datenschutzgründen“
nicht zu der Personalie äußern. Vom Thüringer Ministerpräsidenten Mario
Voigt (CDU) hieß es auf Anfrage der taz, er äußere sich nicht „zu
Personalangelegenheiten des Umweltministeriums“. Innenminister und
SPD-Landesvorsitzender Georg Maier ließ ausrichten, dass er sich zum
Sachverhalt nicht äußere, anders als zum Auftritt von Steffen Quasebarth im
AfD-Podcast. Ein großer Unterschied zwischen beiden Fällen: Im Gegensatz
zum Podcast geht es bei Lydia Funke um arbeitsrechtliche Fragen.
Darauf geht auch die Linken-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss ein.
Sie kritisiert, die Personalentscheidung stelle die Glaubwürdigkeit der
Landesregierung infrage. „Wer eine aktive AfD-Funktionärin in ein
Ministerium holt, zeigt, dass es keine klare Abgrenzung nach rechts gibt“,
findet König-Preuss. Das BSW versuche, die Stimmen rechter Wähler:innen
zu bekommen.
In einer Kleinen Anfrage, die der taz vorliegt, weist König-Preuss auf
mehrere Punkte hin: Zum einen, dass die AfD in Sachsen-Anhalt als
„gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft wird. Zum anderen,
dass Mitarbeiter:innen in Ministerien eine Erklärung unterzeichnen,
keine Bestrebungen zu unterstützen, die sich gegen die
freiheitlich-demokratische Grundordnung wenden. Außerdem möchte
König-Preuss in der Anfrage von der Regierung wissen, ob bei Funke im
Einstellungsprozess eine Internetrecherche durchgeführt wurde.
Nach der Kritik an seinem Podcast-Auftitt meldete sich Steffen Quasebarth
auch selbst zu Wort. „Ich spreche nicht für die AfD Funktionäre, sondern
mit ihren Wählern“, erklärte der frühere Moderator. Es brauche Dialog.
„Sicher lässt sich darüber diskutieren, ob ein Gastauftritt in einem
Parteipodcast dafür ein sinnvoller Weg ist. Meine Intention ist dennoch, um
diejenigen zu kämpfen, die aus Frust bei der AfD gelandet sind.“
Ob das so klappt, daran zweifelt zumindest [4][der Historiker
Jens-Christian Wagner]. „Die werden sich aber bestimmt nicht den
AfD-Podcast anhören“, antwortet er auf X. „Statt Frustrierte zurückzuhole…
machen sie Rechtsextreme hoffähig.“
17 Mar 2025
## LINKS
[1] /Trotz-AfD-Einstufung-als-rechtsextrem/!6075173
[2] /Gedenkstaettenleiter-Wagner-zu-Ost-Wahlen/!6015153
[3] /Rechtsextreme-im-Landtag/!6031132
[4] https://x.com/JensChristianW1/status/1900882585938497591
## AUTOREN
David Muschenich
## TAGS
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