# taz.de -- Bericht über Mängel in der Verwaltung: Gekniffen sind die Leute i… | |
> Der „Monitor Verwaltungshandeln“ deckt Behördenmängel in Hamburg auf. | |
> Probleme gibt es vor allem bei Asylbewerberleistungen und im Jobcenter. | |
Bild: Zu großer Andrang, zu geringe Kapazitäten: Gedränge vor der zentralen … | |
Hamburg taz | Wenn Menschen Unterstützung von Behörden suchen, erwarten sie | |
Hilfe. Aber oft [1][stoßen sie auf Hindernisse]: unerreichbare | |
Sachbearbeiter:innen, verzögerte Leistungen oder respektloses, auch | |
rassistisches oder sexistisches Verhalten. Der am Donnerstag | |
veröffentlichte [2][zweite Report des „AGFW-Monitor Verwaltungshandeln“], | |
initiiert von der [3][Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege | |
Hamburg (AGFW)], dokumentiert diese Erfahrungen eindrucksvoll. | |
Zwischen dem 11. Oktober 2023 und dem 31. Dezember 2024 wurden 1.266 | |
Meldungen mit insgesamt 3.724 Problemanzeigen erfasst, die auf gravierende | |
Schwächen im Verwaltungssystem hinweisen. Der Bericht ist nicht nur eine | |
Bestandsaufnahme, sondern auch ein Appell: Die Verwaltung soll den | |
Bedürfnissen der Bürger:innen gerecht werden und soziale Rechte | |
konsequent sichern. | |
„Es ist nicht akzeptabel, wenn Hamburger:innen ihre Rechtsansprüche | |
nicht durchsetzen können, weil Behörden nicht erreichbar sind, Unterlagen | |
nicht an ihr Ziel gelangen oder Anträge monatelang nicht bearbeitet | |
werden“, sagt Sandra Berkling von der AGFW. | |
Gestartet wurde das Projekt im Oktober 2023. Ziel ist es, Zugangshürden bei | |
Behörden systematisch zu erfassen und sichtbar zu machen. Beratungsstellen | |
können online anonym Probleme und kritische Erfahrungen melden, die in | |
regelmäßigen Reports veröffentlicht werden. | |
## Lobbyarbeit gegen Ausgrenzung | |
Die Ergebnisse sind also keine repräsentative Umfrage. Aber der Report gibt | |
Einblicke in die Realität von Menschen, die auf Unterstützung angewiesen | |
sind. Die AGFW will damit die Lobbyarbeit gegen Armut und soziale | |
Ausgrenzung stärken und unbürokratische Behördenzugänge für alle | |
Hamburger:innen fördern. Bundesweit ist das Projekt bislang einmalig, | |
nur in Berlin gab es nach dem Hamburger Vorbild ein ähnliches, aber nur | |
dreimonatiges Projekt. | |
Strukturelle Schwächen sind vor allem bei den stark nachgefragten Behörden | |
akut: 85 Prozent der Anzeigen konzentrieren sich auf zwei Behörden – das | |
Amt für Migration – Abteilung Auszahlung Asylbewerberleistungen, mit 43 | |
Prozent der Anzeigen sowie das Jobcenter Team Arbeit Hamburg mit 42 | |
Prozent. | |
Bei weiteren erfassten Behörden wie den Fachämtern Grundsicherung und | |
Soziales (acht Prozent), dem Hamburg-Service vor Ort – | |
Ausländerangelegenheiten (drei Prozent), der Familienkasse (zwei Prozent) | |
und den Fachstellen für Wohnungsnotfälle (zwei Prozent) gibt es deutlich | |
weniger Probleme. | |
Besonders häufig bemängelt werden die Erreichbarkeit (47 Prozent der | |
Einträge), der Umgang mit Unterlagen (22 Prozent), also wenn etwa digital | |
eingesandte Dokumente beim behördeninternen Ausdrucken verloren gehen und | |
nachgefordert werden, sowie Geldleistungen und Bearbeitungszeiten (20 | |
Prozent). | |
Die Einträge im Bericht sprechen für sich: So berichtet eine Klientin, wie | |
sie im Mai 2024 beim Amt für Migration sexistisch behandelt wurde – ein | |
Mitarbeiter unterstellte ihr, „Waffen im BH“ zu tragen, und wies sie ab. | |
Eine Frau beklagt, dass das Jobcenter Lokstedt sie nicht bei der | |
Krankenversicherung meldete, obwohl der Versicherungsstatus auf dem | |
Leistungsbescheid angegeben war – sie war schwanger und seit zwei Monaten | |
unversichert. | |
Ein anderes Beispiel aus dem September zeigt, wie ein Hilfesuchender ohne | |
Obdach bei der Fachstelle für Wohnungsnotfälle trotz frühzeitiger Ankunft | |
abgewiesen wurde, weil Termine fehlten. | |
Besonders häufig sind Menschen mit geringem Einkommen, eingeschränktem | |
Zugang zu Bildung oder fehlenden digitalen Kompetenzen betroffen, weil sie | |
oft auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. | |
Lange Wartezeiten, unklare Kommunikation und bürokratische Hürden treffen | |
diese Menschen überproportional, weil sie weniger Ressourcen haben, um | |
solche Hindernisse zu überwinden. Wer ohnehin in prekären Verhältnissen | |
lebt, erlebt Verwaltungsprobleme nicht nur als Ärgernis, sondern als | |
existenzielle Belastung. | |
Der Bericht fordert dringende Maßnahmen: Behörden müssten erreichbarer | |
werden – etwa durch mehr Personal, bessere digitale Zugänge und klarere | |
Terminvergaben. Der Umgang mit Unterlagen soll effizienter gestaltet | |
werden, indem bereits eingereichte Dokumente nicht erneut angefordert | |
werden. Zudem wird ein respektvollerer [4][Umgang mit Hilfesuchenden] | |
gefordert. Schließlich sollen Geldleistungen schneller und verlässlicher | |
ausgezahlt werden, um [5][Notlagen wie Wohnungslosigkeit] zu verhindern. | |
„Uns ist es ein Anliegen, die Erkenntnisse aus dem Monitor zu nutzen, um | |
Lösungen für die bestehenden Probleme zu finden“, sagt Berkling. Das solle | |
gemeinsam mit den Behörden geschehen. „Wir fordern aber auch die Politik | |
dazu auf, Ressourcen bereitzustellen, um Verbesserungen überhaupt zu | |
ermöglichen“, ergänzt Berkling. | |
3 Apr 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Stumpfes-Verwaltungshandeln/!5408198 | |
[2] https://www.agfw-hamburg.de/download/2_Report_AGFW-Monitor-Verwaltungshande… | |
[3] https://www.agfw-hamburg.de/ | |
[4] /Antiziganismus-in-Hannovers-Verwaltung/!5961191 | |
[5] /Hamburgs-Obdachlose-im-Winter/!6067146 | |
## AUTOREN | |
Robert Matthies | |
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