# taz.de -- Aufarbeitung der Northvolt-Pleite: Warnsignale in den Akten | |
> Hat die Kieler Landesregierung bei der Ansiedlung der | |
> Northvolt-Batteriefabrik Informationen zurückgehalten? Die FDP fordert | |
> mehr Akteneinsicht. | |
Bild: Entsteht sie oder entsteht sie nicht? Die Northvolt-Baustelle in Heide am… | |
Rendsburg taz | Was wusste Schleswig-Holsteins Landesregierung über die | |
Risiken bei der Ansiedlung der „Giga-Fabrik“ des schwedischen Unternehmens | |
Northvolt? Jedenfalls mehr als das Parlament und die Öffentlichkeit, sagt | |
Bernd Buchholz. | |
Der FDP-Landtagsabgeordnete glaubt nach der Lektüre der Akten: Die | |
zuständigen Ausschüsse des Parlaments hätten möglicherweise anders über die | |
finanzielle Beteiligung des Landes entschieden, wenn sie alle Unterlagen | |
gekannt hätten. Zumindest hätten die Abgeordneten mehr Fragen gestellt, | |
vermutet Buchholz. | |
Nach der [1][Insolvenz des schwedischen Mutterkonzerns] droht ein Verlust | |
von 600 Millionen Euro für Land und Bund. Diese Summen, für die [2][Bund | |
und Land je zur Hälfte bürgen], hatte Northvolt von der staatlichen | |
Förderbank KfW erhalten. | |
Einige wenige Papiere, darunter eine Kabinettsvorlage, brachte Buchholz zur | |
Pressekonferenz mit – einen Bruchteil des gesamten Vorgangs rund um den Bau | |
der Northvolt-Fabrik bei Heide. 21.000 Blatt Akten lägen im Keller des | |
Landtags, „und ich habe alle gelesen“, sagte Buchholz. | |
Doch was dort steht, darf er zurzeit nicht öffentlich machen: Das Land | |
verweist zum Teil auf Betriebsgeheimnisse der schwedischen Firma, zum Teil | |
aber auch auf ein Eigeninteresse, bestimmte Informationen unter Verschluss | |
zu halten. | |
Diese Entscheidung sieht Buchholz kritisch. Denn die schwarz-grüne | |
Regierung habe dem Parlament schließlich Transparenz versprochen. Eine | |
Geheimhaltung zum jetzigen Zeitpunkt hält er zudem für juristisch | |
fragwürdig: „Der Vorgang ist abschlossen, daher ist das öffentliche | |
Interesse deutlich höher als die Gefahr, dass die Opposition ins | |
Regierungshandeln eingreifen kann.“ | |
Die wenigen Unterlagen, die die Landesregierung [3][bereits zur Verfügung | |
gestellt hat], sind teilweise geschwärzt. Aber in den lesbaren Teilen | |
finden sich einige Formulierungen, die – zumindest im Nachhinein – | |
Warnsignale aussenden. „Die Gesamtfinanzierung ist nicht gesichert“, heißt | |
es etwa in einer Vorlage, mit der sich Ministerpräsident Daniel Günther | |
(CDU) und sein Kabinett im Dezember 2023 befassten. Eine Fremdfinanzierung | |
sei geplant, „wobei gewisse Zweifel bestehen, dass ein Bankenkonsortium | |
gefunden wird“. Nach Lektüre der Akten könne er diese Zweifel gut | |
nachvollziehen, sagte Buchholz. | |
Dass der Bau der Giga-Fabrik, die ab 2026 mit Windstrom aus der Region | |
Batterien für E-Autos herstellen sollte, ein „grundsätzliches Risiko“ | |
trage, sei allen Beteiligten bekannt gewesen, sagte Buchholz, der von 2017 | |
bis 2022 Wirtschaftsminister in Kiel war. Auch für die Geheimhaltung | |
betriebswirtschaftlicher Daten habe er Verständnis. Aber die | |
„Landesregierung hat nicht alle Informationen mit dem Landtag geteilt, um | |
eine vernünftige Risikoabschätzung möglich zu machen“, lautet sein Vorwurf. | |
## Kein Kommentar von der Landesregierung | |
Statt auf Probleme hinzuweisen, sei die Aussage unwidersprochen geblieben, | |
Northvolt erfülle alle Anforderungen „mustergültig“. Auffallend fand | |
Buchholz, dass das Unternehmen einen Fragenkatalog des Landes nur in | |
Videokonferenzen beantwortet hatte. Die FDP will nun beantragen, dass | |
weitere Akten entsperrt werden. In „letzter Konsequenz“ sei ein | |
parlamentarischer Untersuchungsausschuss denkbar, sagte Buchholz. „Aber | |
wenn die Regierung alle Akten veröffentlicht und Verantwortung übernimmt, | |
bräuchte ich das nicht.“ | |
Die Landesregierung wollte sich am Mittwoch nicht äußern. Der | |
Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter sagte auf taz-Anfrage, allen sei | |
bewusst gewesen, dass es Risiken bei der Ansiedlung von Northvolt gebe. | |
„Wenn es keine Risiken gegeben hätte, wäre keine staatliche Förderung | |
notwendig“, so Petersdotter. Er hätte sich für die Unterstützung von | |
Northvolt entschieden, auch wenn er alle in der Kabinettsvorlage | |
beschriebenen Risiken gekannt hätte. | |
In der Landtagsdebatte am Donnerstag geht es um die Folgen der Insolvenz | |
des Mutterkonzerns für das Werk in Dithmarschen. Formell ist die deutsche | |
Tochter nicht betroffen, allerdings ist fraglich, ob die Fabrik ohne Hilfe | |
der Mutter ihre Arbeit aufnehmen kann. Vorstellbar ist, dass ein | |
[4][anderer Investor den Bauplatz übernimm]t. | |
27 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Northvolt-Schweden/!6071738 | |
[2] /EU-Subventionen-fuer-Elektromobilitaet/!6067054 | |
[3] https://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl20/umdrucke/04500/umdruck-20-04591… | |
[4] /Batteriefabrik-in-Schleswig-Holstein/!6050391 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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